Fotografie, Gemälde, Videos, Texte und gesammelte Gegenstände werden zu verschiedenen Themenfeldern zusammengefasst und miteinander verbunden. In ihren multimedialen Ausstellungssettings verschwimmen die Grenzen zwischen Recherchearbeit, Dokumentation und künstlerischer Reflexion. „Helmut & Johanna Kandl: Viva Archiva!“ entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Künstlerpaar.
Es lebe das Künstlerarchiv. Helmut & Johanna Kandl verfügen über ein faszinierendes Privatarchiv mit tausenden von Fotos und Büchern, viel Videomaterial, Zeitungsausschnitten, Tonaufnahmen, Objekten und Relikten. Das umtriebigeKünstlerpaar sammelte im Laufe der Zeit durch Recherchetätigkeiten und damit verbundene Reisen diesen großen Fundus an. Daraus entstehen künstlerische Arbeiten, manchmal erst nach Jahren, manchmal auch zu einem völlig neuen Thema. „Es ist spannend zu sehen, wie sehr die Dinge bei Helmut & Johanna Kandl ineinandergreifen, Forschung und künstlerische Arbeit sich mit persönlichen Geschichten zur großen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Europas verbinden“, hält Christian Bauer, künstlerischer Direktor der Landesgalerie Niederösterreich, fest.
In der Ausstellung finden sich dichte Werkblöcke über Reisen nach Südosteuropa, Russland und in den Kaukasus ebenso wie eine kritische Auseinandersetzung mit dem kitschigen „Wachau-Bild“
Oder ein sinnliches Reenactment von Lebensstationen der österreichischen Schriftstellerin und Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, wie aus der Arbeit „L’éducation de Rosette“ hervorgeht. Das Künstler-paar bewegt sich geschickt zwischen persönlicher Lebensgeschichte, erlebter Begebenheit und konstruierter Fiktion, so etwa in der „Brünner Straße“ und den „Weinviertler Geschichten“ und gewährt unter dem Titel „Tanz den Untergang mit mir“ einen vielseitigen Einblick in das Fotoarchiv. Möbelstücke aus dem Atelier sowie handgeschriebene Texte ergänzen die Exponate und vermitteln einen eigenwilligen Archivcharakter.
Kritische Beobachter*innen unserer Zeit. „Ein Aspekt, der mich bei Helmut & Joanna Kandl immer wieder aufs Neue fasziniert, ist ihre Leidenschaft und ihr Interesse, Neues zu entdecken und sich fern von irgendwelchen Moden oder Trends der zeitgenössischen Kunstszene ganz auf ihr Gespür zu verlassen. So entsteht eine authentische Kunst, die auch etwas zu sagen hat und klar Stellung bezieht. Das Künstlerpaar ist ein kritischer Beobachter unserer Zeit“, erzählt Kurator Günther Oberhollenzer über die Zusammenarbeit mit Helmut & Johanna Kandl. Ausgehend von ihren kleinen, persönlichen (Familien-)Geschichten, von konkreten Personen, Orten und Begebenheiten entsteht ein vielfältiger Bilderkosmos, der stets auch die großen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge mitdenkt, gleichzeitig aber die Schönheit im Unscheinbaren und Alltäglichen entdeckt und ihr liebevoll huldigt. Das Werk ist getragen von großer Sinnlichkeit und einem hohen Verständnis für Präsentationsformen und den dabei zur Anwendung kommenden Materialien. Die Kunst von Helmut & Johanna Kandl ist nahe am Leben angesiedelt, sie ist spartenübergreifend und hat keine Berührungsängste mit dem Populären und Didaktischen. Selbst wenn die Themen häufig ernsthaft sind und zum Nachdenken anregen, kommt der Humor nicht zu kurz. In der Ausstellung zeigt sich aber auch die feine Beobachtungsgabe der beiden, eine große Liebe und Empathie für die Menschen und eine ehrliche, unersättliche Neugierde für ihre Geschichten.
„Wenn uns eine Frage, ein Thema, ein Problem oder Faszinosum umtreibt, versuchen wir zu recherchieren und nicht selten sind diese Erkundigungen mit Reisen verbunden“, so das Künstlerpaar. „Dadurch haben sich hunderttausende Fotos, tausende Bücher, ca. zweitausend Stunden Videomaterial, Zeitungsausschnitte, Tonaufnahmen, Objekte, Relikte und so manches anderes angesammelt. Aus diesem Fundus entstehen manchmal sofort Arbeiten, manchmal erst nach Jahren, manchmal auch zu einem völlig neuen Thema“, ergänzen Helmut & Johanna Kandl.
Das Kunstbuch zur Ausstellung erscheint in Kooperation mit dem Kunsthaus Graz, das dem Künstlerpaar die Schau „Palette“ (26.11.2021-13.03.2022) widmet. Dort gehen Helmut & Johanna Kandl insbesondere der Frage nach, woher die Farben, Pigmente oder Bindemittel kommen, die in einem Gemälde eingesetzt werden.
Ausstellung: VIVA ARCHIVA! Helmut & Johanna Kandl kuratiert von Günther Oberhollenzer
Austellungsdauer: 06.11.2021–20.02.2022
Adresse und Kontakt:
Landesgalerie Niederösterreich
Museumsplatz 1, 3500 Krems an der Donau
www.lgnoe.at