“Künstler*innen
   
Feldbach Kunst

Tümpel-Projekt von Karl Karner

Karl Karner ist ein österreichischer Künstler, der hauptsächlich in den Bereichen der Bildhauerei, der Zeichnung und der Performance tätig ist. Seine künstlerische Praxis ist zunehmend von der Natur inspiriert, was sich nicht nur in den Strukturen seiner großformatigen biomorphen Skulpturen aus Materialien wie Aluminium und Bronze zeigt, sondern auch in seinem experimentellen Umgang mit ihnen. Dieser offene und interaktive Schaffensprozess spiegelt sich ebenso in seinen weiteren Projekten wider, einschließlich des hier thematisierten.
Karl Karner. Foto:
Künster Karl Karner. Foto © Karl Karner

In deiner Arbeit setzt du dich mit dem Konzept der Körperwahrnehmung und Körperlichkeit auseinander. Was bedeutet für dich Körperlichkeit im Kontext deiner Skulpturen und Performances, und wie beeinflusst diese Wahrnehmung die Interaktion mit deinen Arbeiten?
Für mich sind beide Konzepte unterschiedliche Arbeitsprozesse – bei dem einen arbeitet man mit dem Material und bei dem anderen mit dem eigenen oder anderen Körpern. Das beeinflusst die Ergebnisse und auch die Wahrnehmung derer natürlich dementsprechend stark. In der Interaktion fordere ich Menschen gerne dazu heraus, ihr erlerntes Wissen zu hinterfragen und die Scheu vor der Skulptur abzubauen – sei das nun im Rahmen eines einzelnen Werkes, einer Performance oder eines gänzlich andersartigen Projektes. Nachvollziehen kann man das unter anderem in meiner letzten Performance „Fichtengrau“, in der sich eine Skulptur in ein Musikinstrument verwandelte, oder Milch mit Brennnesseln gemischt und daraufhin verdampft wurde – wodurch statt dem Geschmack deren Geruch in den Vordergrund gerückt ist.

Karl Karner. Foto:
Karl Karner, Tümpel-Projekt, 2023. Foto © Karl Karner

Kannst du uns mehr über die Bedeutung von Natur in deiner Arbeit erzählen?
Immer mehr Einzug in meine Arbeit nimmt die Natur eigentlich seit dem Schritt mit der Skulptur, in den Außenraum zu gehen und den geschützten White Cube damit zu verlassen. Der Außenraum stellt einen vor ganz andere Voraussetzungen – von der Sockelfrage bis hin zur Formgebung und Oberfläche. Wann beendet man den Prozess, lässt man die Natur weiterdenken oder nicht? Visuell könnte man diese Gedankengänge unter anderem in meiner Serie der „Überraschungseier“ verfolgen. Gleichzeitig eröffnet dieser Schritt eine Reihe neuer Möglichkeiten – so können etwa Becken bis hin zu kleinen Tümpeln in den Strukturen entstehen oder Hohlräume genutzt werden, um neue Lebensräume für kleine Tiere und Insekten zu schaffen.

Das Tümpel-Projekt ist in Zusammenarbeit mit der Galerie Kandlhofer und dem Naturschutzbund Steiermark entstanden. Wie ist die Zusammenarbeit entstanden?
Mit dem Naturschutzbund bin ich schon seit längerem durch verschiedene Projekte, wie etwa dem „Mein Quadratmeter Raabtal“, in Kontakt. Die Idee, mit der Galerie zu kooperieren, war grundsätzlich, dass diese bereits einen interessierten Kund:innenstamm besitzt. Um das Projekt zu realisieren, haben wir drei zuvor weitgehend unabhängige Gruppen miteinander verbunden – ich habe die Skulpturen, die Galerie die Sammler*innen und der Naturschutzbund die Flächen. Über diese Verbindung hinaus möchte ich vor allem den Austausch stärken. Dafür planen wir jährliche Kunstperformances auf der Fläche, um Begegnungen zu ermöglichen und zugleich die Veränderung und Entwicklung des Ortes über die Zeit hinweg zu beobachten.

Was war der Auslöser für dieses Projekt? Gab es bestimmte persönliche Erlebnisse, die dich zu dieser Idee bewogen haben?
Zunächst habe ich selbst schon früh damit begonnen, eine Fläche zu renaturieren – damals ein alter Maisacker, heute mein Skulpturenpark („KS Garten“). Der unmittelbare Auslöser für dieses Projekt waren vor allem Gespräche mit befreundeten Biolog:innen, die immer wieder die Bedeutung von Feuchtgebieten betonten und darauf hinwiesen, wie selten diese geworden sind. Auch aus Familienkreisen hörte ich immer wieder, was noch alles trockengelegt wurde – schon wieder ein neues Einkaufszentrum hier und ein neuer Parkplatz dort. Da ist mir die Dringlichkeit dieser Thematik bewusst geworden und ich wusste, dass ich etwas tun möchte, um dem entgegenzuwirken.

Karl Karner, fichtensilber, 2023, aluminum, plants, concrete bricks, dimensions variable
KS Garten: Karl Karner, fichtensilber, 2023, Aluminium, Pflanzen, Betonziegel, Maße variabel. Foto © Karl Karner

Welche Rolle spielt der Tümpel im Ökosystem?
Tümpel zählen zu den artenreichsten Lebensräumen und sind für die kleinen Strukturen in unserem Ökosystem extrem wichtig. Gleichzeitig sind sie auch Wasserspeicher – würde man also viele Tümpel schaffen, würde das Wasser viel länger in unserem Umlauf bleiben. Das wäre vor allem auch bei Überschwemmungen sinnvoll, die man ja mittlerweile in ganz Österreich beobachten kann. Ebenso könnten Tümpel zur Abkühlung des Waldes beitragen, was sich positiv auf das Wetter und insbesondere das Mikroklima auswirken würde. Generell bin ich der Ansicht, dass wir das Denkmuster aufgeben müssen, wonach Wasser so schnell wie möglich abgeleitet werden sollte.

Die kleinen Bronzeskulpturen sind ein zentraler Teil des Projekts. Was steckt hinter diesen Skulpturen und warum hast du gerade diese Form gewählt?
Die Skulpturen sollten die Essenz und das Anliegen des Projekts verkörpern. Formal sind sie daher von Tümpel- und Aulandschaften inspiriert. Es sind erstarrte Naturlandschaften, die in einem festen Material wie Bronze manifestiert und dann wiederum mit Tonschlicker überzogen wurden.

Siehst du deine Kunst als ein Mittel, um mehr Bewusstsein für ökologische Themen zu schaffen?
Ja, zumindest in meinem Umkreis funktioniert das auf jeden Fall. Um den Wirkungskreis zu erweitern, wird es jedoch vermutlich mehr brauchen. Ich glaube, dass das Bewusstsein für diese Themen erst dann wirklich wachsen kann, wenn es gelingt, den Kunstraum zu verlassen und eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Dafür ist mediale Aufmerksamkeit – wie etwa dieses Interview – von großer Bedeutung.

Karl Karner
Karl Karner, Tümpel series, 2023, Bronze. Foto © Karl Karner

Hast du vor, das Projekt auch in anderen Regionen umzusetzen oder ähnliche Projekte zu starten?
Ja, definitiv soll das der Start von mehreren Projekten dieser Art werden. Persönlich habe ich schon ein weiteres in Slowenien gestartet – auch dort haben wir Tümpel angelegt und werden den Rest der Fläche renaturieren. Schön wäre es natürlich, wenn sich das wie ein Lauffeuer verbreiten würde – dass es normal wird, Tümpel anzulegen. Daher kooperieren wir auch mit Firmen, die Flächen zur Verfügung haben, um ihnen mit der Umsetzung zu helfen. Oft fehlt nämlich weniger der Wille, sondern die Unterstützung in der praktischen Umsetzung.

Karl Karner – www.karlkarner.com, www.instagram.com/karnerkarl/