Das LOT ist Forschungslabor, Produktionsstudio, Veranstaltungsraum in Einem und begreift sich als Hafen und Anlegestelle für freie Kreative, Künstler:innen und Forschendealler Sparten und Disziplinen. Zusammen agieren Raum und Verein als vernetzende Plattform und sind verankert in der Brotfabrik Wien. Ziel ist es, einen Ort zu schaffen, an dem Kunst, Kultur und Artistic Research miteinander statt nebeneinander konzipiert, produziert und öffentlich kommuniziert werden können.
Wann habt ihr den Verein gegründet?
Mitten im Lockdown! Aus unterschiedlichen Sparten kommend, aber gleichermaßen von der Pandemie betroffen waren, haben wir uns gefragt, wie wir die durch die Krise sichtbar gewordenen Probleme und Umbrüche nachhaltig nutzen und einen neuen Anlaufpunkt finden können.Wir haben versucht, den Stillstand bestmöglich zu nutzen, uns regelmäßig zu treffen, Schnittflächen zu ermitteln und eine eigene, mutige Antwort zu formulieren. In einer Zeit, wo eine Verschiebung und Absage nach der anderen eingetrudelt ist, war es unglaublich wohltuend, Hammer und Meissel in die Hand zu nehmen und selber aktiv zu werden!
Wir haben uns gegründet, um aufzuhören, uns zu beschweren, was in der Kulturlandschaft alles schiefläuft, selbst Verantwortung zu übernehmen und tätig zu werden. Zu einer Zeit, wo es kaum Perspektiven gab, wollten wir eine eigene, neue Vision für die Zukunft entwerfen und den Ort schaffen, den es unserer Meinung nach am dringendsten braucht in Wien! Wien bietet zwar viele Bühnen, aber viel zu wenig bezahlbare und professionell ausgestattete Proberäume, welche langfristig das Erforschen und Experimentieren von neuen hybriden Formaten ermöglichen. Das wollten wir ändern und haben mit dem LOT den ersten Ort für transdisziplinäre Kunst & Artistic Research in Wien gegründet!
Wer steht hinter dem Projekt?
Das LOT ist mittlerweile ein großes Schiff geworden und kann auf viele tolle Menschen zurückgreifen, die zusammen das ermöglichen, was man bei unseren Veranstaltungen erleben kann. Das aktuelle Leitungsteam setzt sich derzeit aus fünf Künstler:innen zusammen:
- Jana Mack, Journalistin, Fotografin & Podcasterin
- Nadja Prader, Kunst-& Kulturmanagerin & Dramaturgin
- Hans-Christian Hasselmann, Theatermacher, Artistic Researcher & Unternehmer
- Julia Riederer, Tänzerin, Performerin & Bildende Künstlerin
- Maren Streich, Schauspielerin, Regisseurin & Autorin
Zusammen sind wir verantwortlich für die künstlerische Ausrichtung des Ortes. Wir sind kein eingeschworenes Kollektiv, sondern haben uns als durchlässige Plattform gegründet. Unsere Vision können und wollen wir aber nicht alleine ansteuern. Sie lebt und erneuert sich durch unsere Mitglieder, welche uns als LOTs:innen beim Navigieren unterstützen. Jede:r kann an Bord kommen und eigene Qualitäten und Perspektiven einbringen. Auch das Leitungsteam soll dynamisch bleiben und sich erweitern, weshalb wir gerade drei neue Stellen ausgeschrieben haben. Seit der Gründung sind wir mit unserer Initiative auf ein großes Echo gestoßen und mehr als 60 neue LOTs:innen sind an Bord gekommen! Darüber hinaus verbindet uns die Arbeit mit vielen spannenden transdisziplinären Kollektiven aus dem In- und Ausland, wie z.B. dem Flugwerk Berlin, dem Kollektiv KLAUS, der Inselmilieu Reportage, Mondmeer & Marguerite, Arashi Collective, Bohema Kulturmagazin, Blare Dance Company, Vienna Butoh Festival, Neuer Wiener Musikverein , Body Architects um nur einige zu nennen. Wir sind sehr dankbar für diesen Austausch, stets auf der Suche nach neuen Kooperationen und sehr gespannt, wer noch alles den Weg ins LOT findet.
Warum ist für euch die Brotfabrik Wien die beste Location?
Neue Kunst braucht neue Orte! Die meisten Kunst- und Kulturräume sind im Stadtzentrum verankert. Wir wollen helfen, das zu verändern und den zu befragenden Stadtraum zu vergrößern. Somit war es für uns eine bewusste Entscheidung, das LOT nicht in den „klassischen“ Bezirken aufzubauen, wo es natürlich viel leichter wäre, die Kunst-Bubble zu erreichen. Unser Ziel ist es professionell produzierte Kunst, niederschwellig zu kommunizieren und raus in die Stadtrandgebiete zu bringen. Die Brotfabrik mit ihren Leuchtturmcharakter, den vielen Galerien, Kulturbetrieben und Bildungseinrichtungen vor Ort erschien uns ideales Umfeld unsere Vision in die Tat umzusetzen. Dieses Jahre haben wir für das Herbstfest ein erstes Mal mit allen Institutionen des Areals zusammengearbeitet, um das gesamte Areal zur künstlerischen Bühne werden – das war richtig schön, zu sehen wie viel Potenzial dieser Ort hat! Auch der ehemalige Getreidespeicher, in dem sich das LOT befindet, bietet mit seiner besonders hohen Decke und den historischen Ziegelmauern eine unvergleichlich inspirierende Atmosphäre, die einfach Bock macht loszulegen, v.a. nachdem wir erstmal unglaublich viele Renovierungsstunden reingesteckt haben, um das das zu ermöglichen. Solche Gebäude findet man nicht mehr in Wien und es war uns wichtig diesen Ort für die freie Kunstszene zu erschließen, um ihn mit hoffentlich vielen unterschiedlichen Künstler:innen teilen zu können.
Der 10. Bezirk ist zudem mit seiner Geschichte, Größe und vielfältigen Bevölkerung unserer Meinung nach der aufregendste Bezirk. Darüber hinaus befindet er sich dank Hauptbahnhof und Sonnwendviertel und nicht zuletzt der Brotfabrik im permanenten Umbruch, was ihn für unsere Herangehensweise umso spannender macht. Bevor wir das LOT eröffnet haben, sind wir erstmal rausgegangen, um Interviews mit den Menschen im Bezirk zu führen, was Sie sich für einen Ort wünschen. Seitdem gehen wir mit unser “Feldforschung Favoriten” regelmäßig vor die Tür, fangen Stimmen, sowie Stimmungen ein und bringen durch unsere ARTWALKs Kunst in den öffentlichen Raum. Hierbei geht es uns um Nahbar-Sein und Nachbar-Sein und darum, das lokale Umfeld mit in die künstlerischen Prozesse einzubinden. Unser erster ARTWALK ging vom Reumannplatz über Favoriten- und Quellenstrasse bis in die Brotfabrik, heuer waren wir oben am Böhmischen Prater – es war magisch! Uns soviel können wir schon verraten: nächstes Jahr widmen wir uns bestimmten Aspekten der Geschichte, welche die Brotfabrik als Ort erzählt. Da wird es richtig spannend!
Wo liegen eure Schwerpunkte?
Wir nennen es: SENDEN & EMPFANGEN! Das ist Artistic Research im besten Sinne und ist mit unserem Namen entstanden. LOT kommt ja von ECHOLOT und das ist ein nautisches Gerät, welches Schallwellen aussendet, um die Entfernung zu messen (Senden), indem es die zurückgeworfenen Schallwellen auswertet (Empfangen). Das versuchen wir mit unterschiedlichen Methoden und Ansätzen in unseren Arbeitsprozess und in die daraus entstehenden Formaten einzubinden. Das Ziel ist, dadurch eine kontinuierliche Wechselbeziehung zwischen Innen und Außen zu programmieren, sodass wir in einer sich stetig erneuernden Auseinandersetzung mit unserer Umgebung bleiben. Dabei geht es uns aber nicht allein um die formale Wechselwirkung, sondern auch um die zwischen uns Menschen mithilfe der Kunst: die Kunst der Begegnung – Begegnung als Kunst. In unseren Projekten versuchen wir deshalb, den Begriff der “Relational Art” neu zu befragen und ihm eine möglichst konkrete Entsprechung zu geben. Somit gehen wir immer wieder aus den geschützten Räumen raus und sehen Kunst als Werkzeug zum Schaffen von temporären, interaktiven Situationen, welche Begegnungen zwischen unterschiedlichen Menschen herbeiführen.
Wann ist die nächste Veranstaltung geplant?
Mit der dritten Ausgabe von MOSAÏQUE fand im November die vorerst letzte Ausgabe in diesem Jahr unserer transdisziplinär konzipierten ECHOLOT-Formate statt. Ein Open Feedback Format, was sich ganz dem offenen Prozess und dem Unfertigen verschreibt. Jede Ausgabe hat einen Fokus, dieses Mal war es Pause. Zusammen mit drei Künstler:innen haben wir uns diesem kontroversen Thema im Kontext Arbeit und Kunst gewidmet. Als nächstes steht mit dem “Hybrid Butoh Vienna” unser erstes co-produziertes Festival vor der Tür, welches vom 01. – 11. Dezember bei uns im LOT und teilweise auch im öffentlichen Raum stattfindet. Wir sind sehr aufgeregt und freuen uns sehr, dass auch diese sehr spezielle Performancekunst bei uns ein Zuhause findet. Der Ticketverkauf ist diese Woche gestartet – unbedingt vorbeikommen!
Last but not least, haben wir natürlich nicht nur eigene Veranstaltungen im LOT! Mittlerweile hat sich ein buntes Programm von LOTs:innen und transdisziplinären Veranstaltungen von nationalen und internationalen Künstler:innen im LOT angesiedelt. Vor Weihnachten gibt es noch einige aufregende Performances, Installationen, Showings, Gatherings zu sehen, z.B. eine Prozess-Installation mit Lesung am Samstag, 17.12. Mit dabei sind außerdem zwei Livekonzerte für experimentelle Musik im Dezember: Sitting In A Room am 10.12 und VELAK # 123 am 15.12. Einfach vorbeischauen, uns schreiben oder unseren Newsletter abonnieren. Alle Infos und Daten findet man bei uns auf Instagram oder auf der Website.
Warum müssen die Leute ins LOT kommen? Was plant ihr für 2023?
Ach, wir finden:
Alles wird ins LOT kommen, du wirst schon sehen 😉
Aber natürlich geht es darum, was macht das LOT eigentlich so besonders?
Das LOT ist:
der erste Art Space für transdisziplinäre Kunst & Artistic Research in Wien
Senden & Empfangen, indem es seine unmittelbare Umgebung mit einbindet
Hafen & Anlaufstelle für eine neue Generation von Künstlerinnen & Forschenden
Baustelle & Prozess und bleibt dadurch zugänglich, wandelbar und flexibel professionell ausgestatteter Probe- & Veranstaltungsraum zu fairen Konditionen niederschwelliger Begegnungsraum & Treffpunkt
Brave Space für Unfertiges & Experiment
Kurz: LOT ist eine offene Tür
Und sowieso: Das LOT bleibt im Werden
Und ja, 2023 steht auch schon vor der Tür… das geht dann plötzlich schnell! Für das nächste Jahr haben wir ein spannendes und vielschichtiges Programm entworfen, welches unsere etablierten Formate einerseits ausbaut, andererseits in neuer Konstellation mit neuen Kooperationen und anderen Disziplinen erweitert. Neu hinzu kommt das LOTLab , als experimenteller monatlicher Brutkasten für neue Formate. Für den ARTWALK haben wir das Thema ja schon ein bisschen verraten, aber auch OPENLOT, unser offener Researchmonat wird wieder stattfinden. Und na klar, MOSAÏQUE, unser Open Feedback Format ist ab jetzt regelmäßig 2x im Jahr mit dabei – der nächste Open Call wird im Januar veröffentlicht zu dem Fokus “What do you do when you´re stuck?”! Außerdem haben wir nun endlich auch die Betriebsanlagengenehmigung und können auch Live-Konzerte veranstalten, worauf wir uns sehr freuen! Ende Januar startet das Jahr gleich mit einem Sharing of the Process von einem Rechercheprojekt: das Projekt “KÖRPERLICHE schrift” findet am Freitag, 27.01. um 19Uhr im LOT statt. Das Jahr werden wir außerdem mit einer “Werkschau” im LOT beginnen, genauere Informationen und Daten verraten wir bald auf unserer Website! Es bleibt aber immer noch genug Luft, um andere Winde reinzubringen – wir wollen nicht alles zu programmieren, sondern Raum für spontane Ideen freilassen, wie dieses Jahr z.B. die “OPENSTAGE for Ukrainian Artists”. Am besten einfach bei uns melden. Wir freuen uns auf alle Anfragen und Ideen fürs LOT!
Das LOT – www.lot.wien, www.instagram.com/das.lot/