“Festival
   
Gmunden Kunst

Künstlergespräch. Matthias Lautner

Anlässlich der Ausstellung „Matthias Lautner – Patrick Roman Scherer“ vom 21. März bis 09. Mai 2020 haben wir uns mit dem Künstler zum Gespräch in seinem Atelier getroffen.
matthias lautner interview
Matthias Lautner, New Dreams, 2020, Öl und Acryl auf Leinwand, 30 x 40 cm (ist speziell für die Ausstellung entstanden)

Inwiefern spielt ein direkter Naturbezug eine Rolle in deinen Arbeiten?
Ein direkter Naturbezug oder ein Hinterfragen von Natur und was sie bedeutet ist mir nicht so wichtig wie der malerische Freiraum. Das Spiel von Farbe und Abstraktion, das mir bei der Darstellung von Landschaft möglich scheint, spielt eine größere Rolle für mich als der direkte Naturbezug.

Beim Betrachten deiner Arbeiten entstehen unwillkürlich Bezüge zum Genre der Landschaftsmalerei. Gibt es dahingehend Bezugspunkte, die für dein Schaffen immanent sind?
Ja, die gibt es immer wieder, natürlich. Ich glaube, dass mein Ausgangspunkt weniger in der reinen Landschaftsmalerei per se liegt, als vielmehr bei den Renaissancebildern, da sie als Kulisse für das Drama verstanden wurden und Stimmungen unterstützt als auch konterkarierten. Als dann im Zusammenhang mit meiner Arbeit sehr oft der Begriff der Romantik fiel, habe ich mich mit der Kunst des 19. Jahrhunderts intensiv auseinandergesetzt. Dabei ist mir bewusst geworden, wie komplex dieser Zeitraum mit all seinen dogmatisch-ideologisch definierten Schulen ist. Sehr spannend finde ich es, weil die Entwicklung zur Abstraktion langsam sichtbar wird und dann letztlich in der abstrakten Malerei resultiert. Dies fängt für mich bei Arbeiten von William Turner an und zieht sich hin zu Piet Mondrian.

View this post on Instagram

#matthiaslautner #painting #oncanvas

A post shared by Matthias Lautner (@matthiaslautner) on

In deinen Werken besteht ein Spannungsverhältnis zwischen den Ebenen. Welche Bedeutung hat dieses Stilmittel für dich?
Ein abstraktes Bild zu malen und es mit einer Figur zu konfrontieren, interessiert mich. In meinen früheren Arbeiten war das Spiel der beiden Ebenen noch viel ausgeprägter als gegenwärtig. Durch die Landschaft, die meistens als solche wahrnehmbar ist, ist dieses Spannungsverhältnis auf den ersten Blick nicht mehr so augenscheinlich, aber dennoch vorhanden.

Ein abstraktes Bild zu malen und es mit einer Figur zu konfrontieren, interessiert mich. In meinen früheren Arbeiten war das Spiel der beiden Ebenen noch viel ausgeprägter als gegenwärtig.

Deine Figuren evozieren ein Gefühl des „Bei Sich-Seins“ in einem ganz bestimmten Moment. Arbeitest du mit Modellen oder mit Personen aus deinem Umfeld?
Als Vorlage dienen mir meine Fotos, die in Urlauben entstanden sind. Aus diesem Grund kommen die meisten meiner Akteure und Akteurinnen aus meinem Umfeld. Einige Zeit habe ich versucht, mit Fotos aus dem Internet oder aus diversen Magazinen zu arbeiten. Das hat nicht funktioniert, obwohl ich behaupte, dass es mir nie um eine konkrete Person in meinen Bildern geht. Scheinbar benötige ich eine gewisse Nähe, um eine authentische, schauspielerische Leistung malen zu können.

Welche Rolle spielst du selbst in deinen Bildern?
Während des Malens der Landschaft entsteht die Vorstellung der Figur und der Haltung, die sie im Bild einnimmt. Manchmal finde ich die passende Haltung nicht in meinem großen fotografischen Archiv und dann muss ich selbst einspringen (schmunzelt).

Die Oberflächen changieren zwischen einem laszierenden und einem opaken Charakter. Wie viele Malschichten trägst du auf?
Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, da mein Bildaufbau nicht dem einer klassischen Maltradition gleicht. Daher kann ich es nicht exakt benennen nach wie viele Schichten das Bild fertig ist. Ich verstehe den Prozess mehr als ein Spiel. Ich trage eine Schicht auf und dadurch entsteht eine gewisse Reaktion, die eine weitere bedingt und so weiter. Grundsätzlich laufen zwei Ansatzpunkte (zyklisch) parallel ab: Entweder gehe ich von einer konkreten Landschaft aus, die ich in sehr hellen und schnellen Strichen auftrage. Die darauffolgenden Farbschichten werden immer dunkler. Schicht für Schicht wird solange aufgetragen bis ich zu der Stimmung gelange, die mir von ihrer malerischen Intensität her befriedigend erscheint. Oder ich beginne abstrakt – ohne konkrete Vorstellung und arbeite so lange bis sich eine Landschaft herauszuschälen beginnt.

Viele deiner Werke haben einen konkreten Titel. Welche Bedeutung haben Titel für die Lesbarkeit deines Werks?
Die Vergabe von konkreten Titeln ist ein zweischneidiges Schwert. Jahrelang habe ich Titel bewusst weggelassen um den Betrachter und die Betrachterin nicht zu sehr in eine Richtung zu lenken. Es macht mir allerdings Spaß dieses kleine sprachliche Element hinzuzufügen, es soll aber keine Sehvorgabe sein, wie das Bild zu lesen ist. Deshalb versuche ich Titel mit einer gewissen Offenheit auszuwählen.

Gibt es Arbeiten zu denen du eine ganz besondere Beziehung hast?
Ja, die gibt es. Ich unterteile sie in zwei Gruppen: Auf der einen Seite gibt es Bilder, die nach monatelangem Betrachten immer noch eine große Gültigkeit und Intensität für mich haben. Sie sind mir dann auch ans Herz gewachsen und auf der anderen Seite gibt es Arbeiten, die einen neuen Entwicklungsschritt darstellen. Beispielsweise ist das der Fall bei „The Hunt“. Dieses Werk ist eines der ersten, bei dem der abstrakte Raum stärker in eine gegenständliche Lesbarkeit – in Richtung Landschaft – gerückt ist. Auch die Arbeiten auf Papier sind hier zu nennen, da sie für mich eine Befreiung im malerischen Prozess darstellen.

Im Moment ist Social Distancing angesagt. Daher findet die Vernissage nicht wie geplant statt. Was wünscht du dir von den Galeriebesuchern, sobald wieder die Möglichkeit besteht, deine Werke unmittelbar sinnlich wahrzunehmen?
Ein großer Wunsch von mir ist es, dass Personen, die meine Werke betrachten, eine ästhetische und emotionale Durchdringung erfahren. Ich bin mir bewusst, dass dies eine gewisse Zeit erfordert, denn ich merke selbst, wie stark sich ein Bild bei intensiver und oftmaliger Auseinandersetzung verändert. Ich fände es schön, wenn die Personen eine gewisse emotionale Sensibilität beim Betrachten zulassen würden.

Kontakt:
Galerie 422 Margund Lössl
An der Traunbrücke 9-11, 4810 Gmunden
www.galerie422.at

Matthias Lautner