Die Motivik der Banner kreist um Themen von weiblich konnotierter unbezahlter und unsichtbarer Sorgearbeit, um sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung sowie um die Figur der Hexe als die autonome Frau, mit deren Verfolgung die Ausbeutung von Frauen im Sinne des Kapitalismus begann.
Indem sie ihre Bilder als Demo-Banner in den öffentlichen Raum trägt, befragt Rothaus das traditionsschwere Medium der Malerei nach seinen gegenwärtigen Möglichkeiten. Sie verleiht der Malerei politische Tragfähigkeit und nimmt ihr ein Stück weit ihren elitären Status.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Grundsätzlich ist es mir wichtig, dass meine Arbeiten eine kraftvolle, energetische Präsenz und eine klare, bestimmte Komposition haben. In ihnen stecken viele theoretische Überlegungen, die ich visuell eindrücklich mitteilen möchte. Der Stil ist dann oft eng gekoppelt an die Bildidee, etwa wenn ich neuzeitliche Holzschnitte mit Darstellungen von sogenannten Hexen als Vorlage verwende.
Welche Themen interessieren dich besonders?
Mich interessieren gesellschaftliche Machtverhältnisse und deren historische Gewachsenheit, Geschichten von Unterdrückung und kollektivem Widerstand, die Konstruiertheit von Normen und Möglichkeiten tiefgreifender Veränderung bestehender Systeme. Mich interessiert das emanzipatorische Potenzial von Kunst, ihre an sich radikal egalitären Grundprinzipien und wie sie es immer wieder schafft, Utopien zu produzieren und zu zeigen, dass das Aufbrechen von Normen etwas sehr wertvolles ist.
Was ist die Aufgabe von Kunst?
Ich denke, genau das, die Frage zu stellen: Kann nicht auch alles ganz anders sein?
Um das zu ändern, müssten sich langfristig die zugrunde liegenden Machtverhältnisse ändern, die dafür sorgen, dass sich der alles bestimmende Kunstmarkt in den Händen einer kleinen Elite befindet.
Haben Frauen immer noch weniger Chancen in der Kunst? Was muss sich ändern?
Ja, haben sie. Der Kunstbetrieb spiegelt hier die zahlreichen strukturellen Benachteiligungen der Gesamtgesellschaft und verstärkt sie aufgrund seiner hochgradig exklusiven Spielregeln zum Teil noch. Das betrifft nicht nur weibliche Künstler*Innen, sondern auch Schwarze und indigene Künstler*Innen, Künstler*Innen of Color, behinderte und psychisch beeinträchtigte Künstler*Innen und Künstler*Innen mit unterschiedlichen geschlechtlichen Identitäten. Der etablierte Kunstbetrieb ist ein Business von und für weiße Männer. Um das zu ändern, müssten sich langfristig die zugrunde liegenden Machtverhältnisse ändern, die dafür sorgen, dass sich der alles bestimmende Kunstmarkt in den Händen einer kleinen Elite befindet. Unsere Vorstellung von Kunst dürfte auch mal überholt werden, es wäre zum Beispiel toll, wenn wir uns mal von diesem noch immer wirksamen weiß-männlichen Genie-Kult lösen und die Kunstgeschichtsschreibung korrigieren würden. Hier fällt mir der Fall der Künstlerin Hilma af Klint ein, die gerade endlich eine angemessene Aufmerksamkeit erfährt. Und eine kuratorische Praxis, die sich ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung bewusst ist, ist natürlich auch von großer Bedeutung. Da passiert aber auch gerade schon sehr viel Gutes.
Langsam kehrt Normalität ein. Wie sieht die aktuelle Situation in Deutschland aus?
Also, ich hoffe eigentlich, dass wir nicht wieder zu der Normalität zurückkehren, die wir kennen. Denn die finde ich sehr problematisch. Die Krise hat dazu beigetragen, dass die systematisch entwertete Reproduktions- und Sorgearbeit, die noch immer überwiegend von (migrantischen) Frauen und Queers ausgeübt wird, als ’systemrelevant‘ anerkannt wurde. Es wird also gerade sichtbar, dass die Gesellschaft in krasser Weise abhängig ist von der Arbeit, die Frauen leisten. Die Konsequenz daraus ist jedoch keine angemessene Entlohnung oder eine Umverteilung dieser Tätigkeiten; vielmehr sehen sich viele Frauen durch den Rückzug ins Private gerade mit vielen zusätzlichen Belastungen konfrontiert. Wenn solche schwerwiegenden Ungerechtigkeiten erkennbar werden, gesellt sich zum Frust viel Wut und ein Bewusstsein für die eigene Macht im System – eine große Chance für wachsenden Widerstand.
Was sind deine nächsten Pläne?
Ich bin noch immer auf der Suche nach einem Atelier in Köln, das gestaltet sich leider ziemlich kniffelig. Ansonsten bin ich in den letzten Zügen meines Studiums der Sozialen Arbeit, engagiere mich in der feministischen Streikbewegung und freue mich, wenn meine geplanten Ausstellungen in Düsseldorf und Maastricht stattfinden können.