Der diesjährige eröffnete Kahán Art Space Vienna ist das österreichische Pendant zum gleichnamigen Art Space in Budapest. Die beiden Ausstellungsorte entspringen der Dr. Éva Kahán Foundation, die im Jahr 2015 von den Familienmitgliedern zur Erinnerung an das Leben von Dr. Éva Kahán gegründet wurden. Am Standort in Budapest werden vor allem Künstler*innen aus CEE- Regionen ausgestellt, die am Beginn ihres Schaffens stehen.
In Wien konzentriert sich die Foundation auf künstlerische Positionen, die sich mit aktuellen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Themen auseinandersetzen. Die Grundwerte der Demokratie, der Zugang zu Bildung und die Freiheit des künstlerischen Schaffens spielten im Leben von Dr. Éva Kahán eine große Rolle und spiegeln sich ebenfalls in den ausgewählten künstlerischen Positionen wider.
Die aktuelle Ausstellung „Jungle Memory“ kuratiert von Marie Lafontaine zeigt Arbeiten des Künstlers Andreas Greiner (geboren 1979 in Aachen). In seiner Arbeit untersucht er unter anderem die skulpturalen Qualitäten von biologischen Prozessen. Was in der Ausstellung besonders deutlich zum Vorschein kommt, ist die unglaubliche Neugier und Hingabe, mit der sich Greiner den von ihm gewählten Inhalten widmet. Seit 2018 hat er den Wald zu seinem Thema sowie Medium gemacht. So besteht beispielsweise die titelgebende Arbeit „Jungle Memory“ aus einem Datensatz von tausenden Bildern sterbender Wälder in der Nähe von Goslar, dem Hambacher Forst oder auch dem Białowieża-Urwald. Eingespeist in eine künstliche Intelligenz entstehen aus den gesammelten Fotos in stetiger Metamorphose neue Bilder, die gleichzeitig eine algorithmisch berechnete, digitale Idee des Waldes sowie seines realen Sterbens sichtbar machen. Gemeinsam mit den anderen gezeigten Werken eröffnet sich so wichtiger Raum für kritischen Austausch und nachhaltiges Reflektieren – denn „der Wald ist ein Habitat für unzählige Organismen wie Flechten, Moose, Pilze etc. Er atmet gemeinsam mit uns, und wir sind von ihm abhängig.Wir brauchen einen kulturellen und gedanklichen Wandel“, so der Künstler.
Ausstellungsansicht. Andreas Greiner – Jungle Memory
Greiners Arbeiten erinnern uns nicht nur daran, wie fragil das Ökosystem Wald ist, sondern auch daran, wie sehr die Menschen durch ihr jahrhundertelanges Eingreifen jenen immer mehr verändert haben. „Der Mensch gestaltet seine Umwelt“, so Greiner. „Es stellt sich schnell die Frage: Gibt es denn überhaupt noch irgendetwas auf diesem Planeten das nicht von Menschen gestaltet wurde? Und gestalten wir uns denn nicht alle gegenseitig?“ Auf diese Fragestellung geht Greiner mit der Pflanzung der „Karl“ getauften Hängebuche im Wiener Augarten ein. Die durch diese Namensgebung geschaffene lebende Skulptur dient so dazu, das komplexe Verhältnis zwischen Menschen und Natur sowie der klassischen Dichotomie von Kunst und Natur zu untersuchen und zu hinterfragen.
Foto: Paul Rohlfs/Studio Förster © VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Am Montag, 28. Juni 2021 lädt der Kahán Art Space Vienna zu einer Ausstellungsführung und anschließender interdisziplinären Gesprächsrunde ein. Ausgangspunkt der von der PARNASS-Chefredakteurin moderierten Talkrunde „Abschied vom Walde: Beziehungen zwischen Kunst und Forst“ sind die zentralen Fragestellungen des Künstlers nach den Möglichkeiten von Kunst und Technik bei der Pflege des Waldes.
Ausstellung: Andreas Greiner – Jungle Memory
Ausstellungsdauer: 29 Mai bis 14. August 2021
Ausstellungsführung: Montag, 28. Juni 2021, 18:30. Talk: 19:00, Eintrritt frei, keine Anmeldung
Adresse und Kontakt:
Kahán Art Space Vienna
Große Pfarrgasse 7, 1020 Wien
buchmayer@evakahanfoundation.org
www.evakahanfoundation.org