Nach dem performativen Wanderzyklus #KraxelnundSchnaxeln folgt der Fahrrad-Aktivismus #Let’sRollBaby. Dabei radelte sie im Sommer 2020 im größtmöglichen „Coronaradius“ „Wie ein Mann, Madame“ einmal um Österreich.
Welche Themen beschäftigen dich?
Trilingual aufgewachsen, zwischen zwei Kulturen, lernte ich früh binäres Gedankengut zu hinterfragen. In meinen Arbeiten vereine ich mehrere Perspektiven simultan, denn es ist die Fähigkeit mehrere Blickwinkel zu vereinbaren, die vor Perspektivenlosigkeit schützt. Tagtäglich stoße ich an Reibungspunkte gesellschaftlicher Vorstellungen und Konventionen. Rassismus und Sexismus bringen mein Blut zum Köcheln und ich kann es nicht schweigend über mich ergehen lassen. Sowohl in dem Zyklus „KraxelnundSchnaxeln“ (2019) als auch in „LetsRollBaby“ (2020) thematisiere ich diese Reibungspunkte.
Auf die Frage – Wo beginnt meine Kunst? stelle ich die Gegenfrage – Wo hört meine Kunst auf? Ich ergreife Aktion da, wo Aktionen angriffig werden.
Wie drückst du dich künstlerisch am liebsten aus? Wie entstehen deine Arbeiten? Wo beginnt deine Kunst?
Auf die Frage – Wo beginnt meine Kunst? stelle ich die Gegenfrage – Wo hört meine Kunst auf? Ich ergreife Aktion da, wo Aktionen angriffig werden. Meine Arbeiten sind in Werkgruppen gegliedert und entstehen in Zyklen. Die Performances trage ich hinaus in die Natur, in den Alltag. Rezipient*innen queren meinen Weg zufällig und werden aufgefordert, sich mit Themen wie die Rolle der Frau in der Gesellschaft oder Diskriminierung zu beschäftigen. Ich stoße unmittelbar auf Reaktionen durch Blicke und Kommentare und fange diese in meinen Arbeiten auf.
Die aus den Aktionen gewonnene Fotografien, Videos, Tagebucheinträge und Skizzen dienen mir als Dokumentation und Basis meiner Arbeiten. Zurück im Atelier kombiniere ich Medien und Techniken und nehme mir dadurch die Freiheit dem Thema best möglich gerecht zu werden: Digitale Zeichnungen treffen auf Lithografien und Radierungen. Fotografien werden zu Cyanotypien, dann überzeichnet und übermalt. Die Wahl des Mediums muss begründet sein.
Das Privileg einer Frau…
ist zu unterscheiden von den Privilegien einer Künstlerin von heute. Dem Trend zu Folge sind feministische Ausstellungen „In“. Weibliche Positionen zusammenzubringen und der femininen Sprache Raum zu widmen ist aktueller denn je. Nichtsdestotrotz sehe ich diese Entwicklung als Versuch durch Kompensation und als ein weiteres Zeugnis für die Existenz des Patriarchats – Kein Zweifel an der Notwendigkeit! – für den Weg zur Emanzipation und der Chancengleichheit aller Geschlechter ist dieser verschärfte Focus essentiell.
So stelle ich mir die Frage, ob nicht grundsätzlich an Privilegien zu rütteln ist?
Wie sieht die Welt von morgen aus?
Anders. Ganz anders. Binäres Gedankengut wird aufgelöst. Diskriminierung auf Grund von Herkunft oder Geschlecht gibt es nicht mehr. Alle Menschen werden chancengleich behandelt. Politik orientiert sich nicht am Kapitalismus. Korruption findet keinen Platz. Niemand wird auf Grund religiöser Zugehörigkeit verfolgt. Kindesmisshandlung, Sexuelle Übergriffe und häusliche Gewalt finden in der neuen Gesellschaft nicht statt. Alkohol und Drogen müssen nicht missbraucht werden. Und wir leben mit unserer Umwelt im Einklang.
#LetsRollBaby. Woran arbeitest du gerade?
Letztes Jahr arbeitete ich an dem performative Wanderzyklus #KraxelnundSchnaxeln. Dieser fand seinen Ursprung in der Natur, auf der Schaubühne: den Salzburger Alpen. Auf 25000 hm paart sich feministischer Aktivismus mit Humor und die dazu entstandenen arbeiten waren in der Galerie Haas&Gschwandtner in der Ausstellung „Paarung ist harter Wettbewerb. Female Paper Positions“ 2019 zu sehen.
Aktuell arbeite ich an dem Zyklus #LetsRollBaby. Dabei durchradelte ich mit meinem Partner Moritz Schöll im größt möglichen „Coronaradius“ die Länder um Österreich. Auf einer Wegstecke von 1000 km eigne ich mir Rechte an, die sonst nur Männern zustehen. Wie in der Arbeit „Sie radeln wie ein Mann Madame“ zu sehen ist, lasse mich nicht in das Korsett der Gesellschaft zwängen und nehme mir alle Freiheiten.
Die aktuellen Arbeiten werden im März 2021 beim Festival „Foto Wien“ im Kunstraum des Vereins bildender Künstlerinnen Österreichs zu sehen sein. Und im Februar 2021 wird auch die Duoausstellung von Nathalie Unteregger und mir unter der Projektreihe „zeitgenössische Zeichnungen“ mit dem Titel „Missverständnisse machen Missverhältnisse“ in der Galerie ProArte Hallein, Salzburg eröffnet.
Tina die Gräfin – www.instagram.com/tina_die_graefin/