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Wien Kunst

Interview mit Robert Schaberl

Robert Schaberl, ein renommierter österreichischer bildender Künstler, fokussiert sich in seinem Schaffen hauptsächlich auf die Malerei, wobei er zusätzlich mit Fotografie, Video und digitalen Medien arbeitet. Seit den 1980er Jahren hat er seine Werke international in bedeutenden Ausstellungen präsentiert. Nach mehreren Jahren in Deutschland und den Vereinigten Staaten lebt und arbeitet er nun in Wien.
Robert Schaberl im Liaunig Museum
ZF bluepearl 6-11 2006 (290x), Acryl auf Baumwolle. Robert Schaberl in der Jahresausstellung 2023 „Follow the Rabbit“ im Museum Liaunig

„Seine Kunst entsteht im Spannungsfeld zwischen Produktion und Rezeption.“ Mit diesem Satz umschreibt Angela Stief, Direktorin der Albertina Modern, die wirkungsmächtige Aura der kreisrunden Zentralformen Robert Schaberls. In einem äußerst komplexen und vielschichtigen Malprozess schafft Robert Schaberl ein fesselndes, sich dem/der Betrachter/in nach und nach offenbarendes Zusammenspiel von farbigem Licht, der vom Künstler gestalteten Form und einem Farbmaterial, welches durch unterschiedliche Betrachtungswinkel verborgene Farbwelten enthüllt.

Atelier Robert Schaberl
Atelier Robert Schaberl

Welche Themen oder Motive inspirieren dich am meisten in deiner Malerei?
Mich faszinieren Farbtöne bzw. Farbwelten, die nicht eindeutig definierbar sind, und vor allem die feinen Zwischentöne, die sichtbar werden, wenn man sich vor einer Arbeit von mir bewegt. Ein Hellgrün kann sich dann sehr schnell in ein Lachsrot verwandeln oder ein kräftiges Türkis in ein Violett-Rot. Und ein Blau ist dann nie nur ein Blau, sondern auch ein anderer Farbton, je nach Standort und Betrachtungswinkel.

Könntest du uns bitte erzählen, wie der Entstehungsprozess deiner Werke aussieht?
Der Entstehungsprozess ist sehr genau geplant, um diese Wandelbarkeit überhaupt zu ermöglichen, und Zufälligkeiten sind zum Großteil ausgeschlossen. Im Durchschnitt bestehen meine Arbeiten aus 50 bis 70 oder sogar mehr hauchdünnen lasierten Farbschichten. Durch diese Schichtung entsteht ein faszinierendes Wechselspiel zwischen herkömmlichen Farbpigmenten und farblosen beziehungsweise blassweißen Interferenzpigmenten, die im Bild ein lebendiges Farbenspiel entstehen lassen. Damit meine ich, dass sich die Farben je nach Blickwinkel auf das Bild verändern, als würden sie „atmen“. Sie können sich ausdehnen oder zusammenziehen, ähnlich wie sich ein Brustkorb beim Atmen bewegt, oder sogar in andere Farbtöne übergehen. Es kann vorkommen, dass Farben scheinbar verschwinden, nur um sich in neue Nuancen zu verwandeln.

Robert Schaberl, Albertina Modern
ZF Aubergine dance with lavender and light blue blue 5-6 2019 (290x), Acryl auf Baumwolle, in der Ausstellung „Wonderland“, Albertina Modern

Die Titel deiner Werke scheinen eine enge Verbindung zwischen Farben und Emotionen herzustellen. Könntest du uns erklären, wie du deine Titel auswählst und wie sie zur Gesamterfahrung deiner Kunst beitragen?
Die Titel beschreiben im Groben das Zusammenspiel der sich offenbarenden Farben auf dem Bild. Ein Beispiel: „ZF light green and blue and soft orange dance with purple red and hidden yellow 7-8 2023 (130x)“. „ZF“ bedeutet, dass das Bild ein Bild aus der Serie „Zentralformen“ ist, „light green and blue and soft orange“ bezeichnet die Farben, die man im Frontalblick auf das Bild sieht, „dance with purple red and hidden yellow“ beschreibt die Farbigkeit im Blick von der Seite auf das Bild, „7-8 2023″ beschreibt den Entstehungszeitraum Juli bis August 2023 und „(130x)“ gibt das Bildformat 130x130cm an.

Welche Rolle spielen Licht und Schatten in deiner Kunst, besonders in Bezug auf die Transformation der Oberflächen und Farben beim Wechsel des Betrachterstandorts?
Licht spielt eine ganz besondere Rolle, da das Licht Farben erst sichtbar macht. Aber in der von mir über Jahre entwickelten komplexen Maltechnik wird nicht nur Farbe sichtbar, sondern auch tatsächlich farbiges, vom Bild reflektiertes Licht. Die farbige Erscheinung des Bildes offenbart sich also immer in einer Mischung von Pigmentfarbe und reflektiertem farbigen Licht, welches diese wunderbare Wandelbarkeit in der farbigen Erscheinung ermöglicht. Auch spielt die Farbtemperatur des Lichtes mit – es macht einen Unterschied, ob man ein Bild bei Tageslicht oder bei künstlichem Licht betrachtet. Am wandelbarsten sind meine Malereien bei gutem Tageslicht, bei Kunstlicht hingegen liegt der Fokus mitunter stärker im Bildzentrum, was wieder die Fähigkeit zur Verwandlung hervorstreicht.

Gibt es bestimmte Emotionen oder Botschaften, die du hoffst, dass Betrachter aus deinen Werken ziehen, wenn sie diese interaktive Beziehung zu ihnen aufbauen?
Emotionen sind zwar nicht bewusst steuerbar, aber wir laufen alle mit einem umfangreichen Reservoir an gespeicherten Farberlebnissen herum. Zum Beispiel dem Anblick eines tiefblauen Winternachmittagshimmels, den Blick in die Tiefe von Meerwasser, bestimmte Rottöne während eines sommerlichen Sonnenaufgangs, die Grüntöne eines Nadelwaldes oder das intensiv pulsierende farbige Spotlicht auf einer Popkonzert-Bühne. Jeder kann aus diesem Reservoir von Farbemotionen schöpfen, je nachdem, welche Gefühle sie oder er verspürt. Gleichzeitig sind auch die Oberflächen der Bilder darauf ausgerichtet, unser taktiles Empfinden anzusprechen: Ist das Schimmern seidig oder wirkt es eher abweisend glänzend?

Du redest von „magischen Momenten“. Gibt es jenseits der Kunst einen Augenblick, der dir stets in positiver Erinnerung bleiben wird?
Während meiner zweiten Reise in die USA hatte ich die Gelegenheit, aus dem Flugzeugfenster auf Grönland zu blicken, das vom Streiflicht der tiefstehenden Sonne erleuchtet wurde. Der Anblick war schlichtweg atemberaubend, da sich ein unglaublich schöner Schatten in die Atmosphäre ergoss. Oben färbte die Sonne die Luft in ein greifbar rötliches Blau, und darunter, scheinbar durch eine scharfe Linie getrennt, erstreckte sich ein unendlich tiefes Blau, ein nicht in Worte zu fassendes, magisches Blau derselben Atmosphäre.

OT 9.4.2023 (35x32)
OT 9.4.2023 (35×32), Mischtechnik und Blattsilber auf Baumwolle

An welchem Projekt arbeitest du gerade?
Derzeit arbeite ich an einigen mittleren Formaten, bei denen ich noch intensiver eine räumliche Farberscheinung forciere.

Wo sind deine Werke gerade ausgestellt?
Derzeit sind Arbeiten von mir auf einer Kunstmesse in Wien zu sehen und ein großformatiges Werk strahlt in Blau in der Jahresausstellung „Follow the Rabbi“ im Museum Liaunig in Kärnten.

Robert Schaberl – www.robertschaberl.com, www.instagram.com/robertschaberl/, www.youtube.com/@robertschaberl/