Mithilfe von hypothetischen Erzählungen inszeniert er fotografische Momente, die sich auf autobiografische Erinnerungen und Referenzen stützen. Indem er kompositorisch auf einen Bereich jenseits des fotografisch festgehaltenen Moments verweist, ist seine Intention Augenblicke voller Assoziationen zu schaffen.
Wie bist du zur Fotografie gekommen und was begeistert dich am meisten daran?
Der Schritt zur Fotografie hat sich in eher schleichenden Zügen entwickelt, daher ist es nicht einfach den genauen Punkt zu benennen an dem Alles begann. Ich denke aber, dass die ersten essenziellen Erfahrungen mit festgehaltenen Bildern auf frühen Reisen im Auto stattgefunden haben. Ich fand es immer schon interessant mit dem Autofenster als eine Art Frame über Stunden hinweg das sich verändernde Environment zu beobachten. Bestimmte Momente, die sich mit dem Blick durch das Linke hintere Autofenster ergaben, inspirieren mich noch heute. Nachdem das Interesse für das fotografische Medium über die Jahre hinweg intensiver wurde, begann ich eine Lehre zum Fotografen – ab diesen Zeitpunkt entwickelte sich dann alles relativ schnell in viele Richtungen.
Was begeistert dich am meisten daran?
Ich denke am meisten begeistert mich an der Fotografie mithilfe von einem Prozess, der vor der Linse erzeugt wird, eine Schnittstelle zwischen einer gezielten Inszenierung und dem Fotografischen Bild als dokumentarischen Beweis des erlebten zu erstellen. Der Gedanke mithilfe von Simulationen nachvollziehbare Fiktion zu erstellen, fasziniert mich.
Was würdest du als deinen Themenschwerpunkt bezeichnen?
Da meine Arbeiten sehr fragmentarisch angeordnet sind und jedes einzelne Bild ein individuelles Thema verkörpert ist es nicht einfach einen Themenschwerpunkt festzulegen, da dieser von Bild zu Bild variiert. Doch ich denke ein wesentlicher Punkt, der sich durch viele Arbeiten zieht, sind Transformationsprozesse und deren Verhaltensweisen. Ich find es faszinierend durch Beobachtungen oder durch Imagination das kausale Verhalten einer Transformation herbeizuführen und in meinen Bildern zu verarbeiten.
DETACHED MOTIONS, 2020 REFLECTIVE FLASHBACK, 2020
Wer oder was inspiriert dich bei der Arbeit?
Für meine Arbeiten lasse ich mich oft von den unterschiedlichsten Bereichen inspirieren. Ein wesentliches Feld sind Beobachtungen im öffentlichen Raum. Ähnlich zu der Situation im fahrenden Auto fasziniert es mich bestimmte soziale Verhaltensweisen zu beobachten und mir vorzustellen, wie stattfindende Situationen verlaufen würden, wenn ein hypothetischer Faktor hinzugefügt wird. Eine zusätzliche wesentliche Inspirationsquelle sind die Repeat Taste in der Musik und die Pause Taste im Film/Video. Während einem Bewegtbild dieses willkürlich zu unterbrechen und dabei das aus dem Filmkader entnommene Bild zu betrachten oder einen Song (größtenteils Soundtracks) über Stunden hinweg in Dauerschleife zu hören, versetzt mich in einen Zustand, in dem in der Vergangenheit die besten Bildideen entstanden sind.
Wie entstehen deine Arbeiten? Wie planst du deine Ausstellungen?
Meine fotografischen Arbeiten entstehen meist durch einen sehr strukturierten Prozess, in dem das Skript eine wesentliche Rolle spielt. Nachdem die Kernidee eines Bildes erarbeitet wurde, die ein gewisses Thema oder Emotion verkörpert, geht es im nächsten Schritt zu einem für jedes Bild individuell angefertigten Skript. In diesen Prozess wird anhand von einer Brainstorm Phase, die sich meist über Tage zieht, jedes einzelne Detail einer Inszenierung schriftlich verfasst. Im Bereich einer Ausstellung arbeite ich mit einem entgegengesetzten Prozess. Hierbei finde ich es Interessant mithilfe von unterschiedlichen Techniken, eine Emotion oder Stimmung aus einer Arbeit zu transferieren und somit für das Publikum zugänglich zu machen. Für meine aktuelle Ausstellung zur Serie „Unknown Polyphenism“ war es mein Ziel mithilfe von Installationen vor einem ausgestellten Werk ein noch intensiveres Bild Erlebnis zu schaffen.
Wie sieht die Fotografie in der Zukunft aus?
Eine mögliche Situation, in die ich mich relativ gut reinversetzten kann, ist, dass die wesentlichen Verhaltensweisen der Fotografie, wie Frame, Blende, Zeit, ISO und der subjektive Zugang zu dem aufgenommenen Moment ähnlich zu dem bleiben, was wir aktuell unter Fotografie verstehen, sich jedoch das Environment, in der das Bild aufgenommen wird, radikal ändern.
Was sind deine persönlichen Ziele für die nächsten Jahre? Woran arbeitest du gerade?
Ich denke ein wesentliches Ziel in den nächsten Jahren wird es sein, die Schnittstelle zwischen dem fotografischen Medium und dem Medium Film weitergehen zu untersuchen. In Form von unterschiedlichen Produktionen ist es mein Ziel das für die Inszenierung angefertigte Skript und Environment zu erweitern. Doch es entstehen laufend neue Ideen und Ziele, die ich gerne umsetzen möchte. Aktuell bin ich gerade von der „Paris Photo Art Fair“ zurückgekommen bei der ich die Gelegenheit hatte als einer von vier Gewinner des „Carte Blanche Award“ meine Arbeiten zu präsentieren. In den nächsten Monaten ist es geplant mich dem Start einer neuen Serie zu widmen und in Form von einer intensiven Brainstorm-Phase die ersten Produktionen umzusetzen. Zusätzlich zu diesem Prozess ist es geplant, das Ausstellungskonzept für die abgeschlossene Serie „Unknown Polyphenism“ in Form von Ausstellungen weiterzuverarbeiten.
Aktuelle Ausstellung: Unknown Polyphenism im Kunstraum Pro arte
Philip Tsetinis – www.philip-tsetinis.com
Philip Tsetinis wurde 1993 in Hallein (Salzburg, Österreich) geboren und begann nach seiner Ausbildung zum Fotografen sein Studium an der Universität für Angewandte Kunst in Wien im Bereich „Angewandte Fotografie und zeitbasierte Medien“ wo er 2022 seinen Abschluss machte.