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Wien Kultur

Interview mit Nina Kammerer

Nina Kammerer ist die Gründerin des Wiener Labels "studio terrible" und des Magazins “terrible magazine”, welche sich beide der Nachhaltigkeit widmen. Eigentlich arbeite sie in einem komplett anderen Feld, dem Gesundheitswesen, jedoch versucht sie sich etwas mit Sinn im Kreativbereich auf zu bauen.

Was steckt hinter dem Namen studio terrible?
Ich habe mich für den Namen entschieden, da ich eine Affinität für die Französiche Sprache und Ästhetik habe und auch das Wort “terrible” im Französischen auf einer Seite “schrecklich” und auf der anderen Seite “fantastisch” heißen kann. Dieses Wortspiel hat mir gefallen, es lässt dem/der Betrachter*in offen, wie er/sie es für sich einordnet.

Verfolgst du aktuelle Modetrends?
Wenn man sich viel im Internet und speziell auf Instagram bewegt, ist es unvermeidbar Modetrends zu sehen und davon beeinflusst zu werden, jedoch bin ich nicht aktiv interessiert an Trends.

Wie kam es zum Entschluss, Instagrammer*innen zu entfolgen, die fast fashion Brands in ihrem Feed taggen?
Fast fashion ist mir ein Dorn im Auge und je mehr man darüber weiß, desto weniger kann man ignorieren, was dort passiert. Im Grunde ignorieren wir es aber gemeinschaftlich, denn jeder weiß im Hinterkopf, dass irgendwas schief läuft, vermeidet aber, sich mit der Thematik auseinander zu setzen, um den Konsum nicht rechtfertigen zu müssen. Ich habe schon lange dieses Thema reflektiert und fast fashion kaum mehr gekauft, da ich selbst seit meiner Jugend nähe und mir vor etwa drei Jahren mein letztes Piece gekauft habe. Immer und immer wieder sehe ich erfolgreiche Influencer, die durch ihre hohe Kaufkraft enorme Verantwortung tragen, mehr als jeder andere Konsument. Sie sollten ihren Konsum und die Produkte, die sie bewerben kritischer betrachten und überlegen, ob sie ihre Werte so nach außen tragen wollen. Aber das wird kaum gemacht, die Ignoranz dem Thema gegenüber macht mich sehr emotional, weshalb ich jenen Personen auch entfolgt bin.

Du hast dann oft einen Screenshot besagter Instagrammer*innen geteilt und einen Kommentar abgegeben, warum diese oder jene Brand nicht unterstützenswert ist. Wie haben die Leute darauf reagiert?
Es wurde sehr unterschiedlich reagiert. Manche haben es gelesen und ignoriert, andere sind mit mir in Dialog getreten und haben sich eher gerechtfertigt. Über eine Antwort habe ich mich besonders gefreut. Sie meinte, dass sie seit diesem Jahr auf gehört habe Kooperationen anzunehmen und fast fashion zu kaufen und sie habe nicht gewusst, dass COS zur H&M group gehört. Außerdem hat sie sich bei mir für den Hinweis bedankt und sich vorgenommen, die von mir vorgeschlagene Dokumentation The True Cost anzusehen. Es geht mir aber nicht darum, einzelne Personen an den Pranger zu stellen, sondern ein gesellschaftliches Problem aufzuzeigen, bei dem wir uns alle an die Nase fassen sollten.

Für all jene, denen es nicht bewusst ist: Fast fashion ist die Ausbeutung von weniger entwickelten Ländern durch den Westen. Es ist nichts anderes als moderne Sklaverei.

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Mein Arbeitsalltag ist sehr chaotisch, ich arbeite 30 Stunden in meinem Hauptjob und plane und organisiere um diesen herum die Shootings, Kooperationen und den Vertrieb für das Magazin. Nebenbei fallen noch der Designprozess und die Schnittanfertigung für meine Brand an. Da geht es manchmal drunter und drüber und Emails schreibe ich häufig abends um 10 Uhr oder am Wochenende, jeder Tag ist ein Arbeitstag, jede Woche sieht anders aus.

Wann wird es die zweite Ausgabe eures Magazins geben?
Wir arbeiten gerade fleißig, damit wir im Oktober die zweite Ausgabe veröffentlichen können.

Wenn du drei Wünsche frei hättest, welche wären das?
Ich würde mir von den Menschen weniger Ignoranz gegenüber Problemen wünschen, die sie nicht unmittelbar betreffen. Ich würde mir von der Politik mehr Handlung gegen die Umweltverschmutzung wünschen: Gesetze, die Plastikverpackungen verbieten, schnellerer Ausstieg aus der Braunkohle Energiegewinnung etc. Genau diese Gesetzte würde ich mir auch auf die Mode bezogen wünschen – ein Mindestlohn sollte per Gesetz an Arbeiter*innen gezahlt werden, egal wo sich diese*r auf der Welt befindet. Ohne eine Gesetzgebung können wir leider immer nur auf Menschlichkeit setzen, jedoch regiert Geld leider die Welt.

Nina Kammerer terrible magazine
Terrible magazine

Gibt es noch etwas, dass du gerne hinzufügen möchtest?
Für all jene, denen es nicht bewusst ist: Fast fashion ist die Ausbeutung von weniger entwickelten Ländern durch den Westen. Es ist nichts anderes als moderne Sklaverei, bei der die Personen nicht ausreichend verdienen, um ihre Familien zu versorgen, was Kinder in Kinderarbeit zwingt. Hauptsächlich wird diese Arbeit von Frauen verrichtet, die Pfeiler sind somit systematischer Rassismus und Antifeminismus. Die Menschen haben kein Recht auf Urlaub, keinen Mutterschutz, keine bezahlten Krankheitstage und umgerechnet verdienen sie im Jahr, was wir in Österreich bei einem 0815 Job in zwei Wochen verdienen. Die horrenden Umweltfaktoren sind dabei noch komplett außer Acht gelassen. Jeder Kauf unterstützt dieses System. Wegschauen und für die eigene Bequemlichkeit die Probleme lieber zu ignorieren, ist leider Realität. Ich möchte Jedem ans Herz legen, sich The True Cost auf Netflix anzusehen.

Nina Kammerer – www.studioterrible.com