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Wien Kunst

Marko Zink im Interview

Marko Zink interpretiert in seinen Arbeiten das Thema der inszenierten Fotografie neu. Zum Einen gibt er dem Betrachter das Gefühl nur zufällig Zeuge eines, eben dieses „flüchtigen“ Moments geworden zu sein. Zum Anderen reinszeniert er Subjekte als Objekte und vice versa. Marko Zink fotografiert ausschließlich analog mit gekochtem Film; das daraus resultierende Zerfallen der Negative beschreibt er als gezielt konzeptuelles Einsetzen.
Marko Zink. Foto: Julia Stix
Foto: Julia Stix

Wie hat das mit der Fotografie bei dir begonnen?
Ich wuchs in einem kleinen Dorf (Gaschurn) in Vorarlberg in einem alten Bergbauernhaus mit großem Hof auf 1000 Meter Seehöhe auf. Rundum waren Wiesen und Wald. Für Außenstehende oder für jene, die im Sommer Gebirgsluft und Erholung suchen und im Winter den Ort zum Skifahren nutzen klingt das paradiesisch. Das ist aber natürlich oft was ganz anderes, wenn man dort aufwächst und wohnt. Ohne diese (un)erschöpfliche Natur, ohne das Zusammenleben drei verschiedener Generationen auf dem Hof, das natürlich auch nicht friktionsfrei verlief und damit viel Energie abverlangte, Kindern kaum Unbeschwertheit gönnte, da sie viel zu früh an hartes Arbeiten gewöhnt werden mussten, gäbe es wohl den Künstler Marko Zink nicht oder zumindest nicht wie er arbeitet. Wenn ich jetzt zurückblicke, sehe ich vieles anders, vielleicht auch versöhnlicher. Diese zwei verschiedenen Welten, einerseits eine Weite und gleichzeitig die Limitierung der „Heimat“ waren prägend: für mich galt vor allem der Wald als Ort der Realität zu entfliehen, eine Form von Zugehörigkeit und Freiheit zu empfinden. Früh bemerkte ich, dass ich eben anders war – auch weil mir das immer wieder Personen sagten. Ich war oft stundenlang irgendwo zwischen Wald und Wiese verschollen. Glück und Unglück liegen oft dicht nebeneinander, wie das nunmal immer so ist. Ein bitteres Familienunglück brachte eine Zäsur, mein damaliger Zeichenlehrer und seine Frau, Ingo und Inge Springenschmid, erkannten mein Potential, boten mir einerseits Halt und führten mich zeitgleich in die Kunst ein. Sie rieten mir eine Fotokamera zu kaufen, dies tat ich. Ich wurde besessen von diesem Apparat. Meine jüngere Schwester wurde geboren, ich dokumentierte ihr Aufwachsen genauso wie ich begann die Kamera eben darüber hinaus zu benutzen – bzw. sie benutzte mich, führte mich immer mehr an sowas die „Kunst“ heran. Mein erstes Foto das ich ausstellte, war eines meiner Schwester, das mir paradoxerweise die Aufnahme auf die Schule für künstlerische Fotografie in Wien, 2002, ermöglichte.

Früh bemerkte ich, dass ich eben anders war – auch weil mir das immer wieder Personen sagten. Ich war oft stundenlang irgendwo zwischen Wald und Wiese verschollen.

zimmer 12, 1992! aus der Serie „172“! analoge s/w Fotografie mit gekochtem Film! ! © marko zink! ! mit freundlicher Genehmigung von Isabelle Anna Zink!
zimmer 12, 1992, aus der Serie „172“, analoge s/w Fotografie mit gekochtem Film, Foto: Marko Zink, mit freundlicher Genehmigung von Isabelle Anna Zink

Was fasziniert dich an der analogen Fotografie, am Analogen?
Das hat prinzipiell mit meinem Konzept bzw. theoretischen Verständnis mit und für Fotografie zu tun. Fotografie hatte es sichtlich schwer sich als eigenständiges Genre zu etablieren. Als die digitale Fotografie entwickelt wurde umso mehr. Fotografie hat sich als jenes Kunstmedium Mitte des 19 Jahrhunderts entwickelt, dessen Hauptkriterium es ist, Erinnerungen zu archivieren/dokumentieren. Das ist in ihrer Theorie und Praxis eingeschrieben. Und in der Tat gelingt ihr das vielmehr als der Malerei, völlig unabhängig der jeweiligen Subjektivität und des Subjekts. Ohne Fotografie hätte sich Film kaum entwickeln können. Ich verbinde Malerei und Film in und mit meinen Arbeiten. Hierfür gehe ich über das Trägermaterial vor, ich koche jeden Film bevor ich ihn verwende – oft ätze ich ihn auch oder verwende andere Methoden um das Negativ und seine Beschaffenheit vor seiner Belichtung und Entwicklung abzuändern, das passiert aus zweierlei Gründen: zum einen weil ich damit einen Bezug zur Malerei herstelle und andererseits zerfällt der Film durch diese Arbeitsweise nach einiger Zeit, damit verblasst ihr Archivcharakter, ihr Erinnerungscharakter. Denn nichts ist Unendlich und von permanenter Dauer. In meinen Fotografienzyklen, die oft narrativ angelegt sind, erzähle ich zudem Geschichten, hierbei schaffe ich eine Verbindung zum Film.

Was oder wer inspiriert dich? Wie kommst du auf neue Ideen?
Seit ich mich erinnern kann, waren Literatur (bzw. das gesprochene und geschriebene Wort) und auch Musik enorm wichtig für mich. Ich schrieb schon mit 16 Jahren für deutsch- und englischsprachige Musikmagazine in Deutschland. Früh kam ich deshalb in Berührung mit Genres, die zumindest bei mir in der Schule niemand kannte bis sie dann aber auch selbst Mainstream wurden. Die gelben Reclamhefte, die man in der Schule lesen musste, waren mir eher Grauen als Genuss, vermutlich weil sie eben Pflicht waren – im Nachhinein verdanke ich dieser Lektüre aber immens viel, so auch mein Studium der Germanistik. Sie schürten mein Interesse für Literatur und Theater. So gab es im Ort des Gymansiums eine Buchhandlung in der sogenannten „Pulverturmpassage“, die mir Bücher empfahl: darunter waren Romane von Elfriede Jelinek oder Christoph Ransmayr, Gedichtbände von Sarah Kirsch, Ernst Jandl oder Marie Therese Kerschbaumer. Ein neues Alphabet entstand. Ich kann mich in Literatur wirklich verlieren. Ich denke Literatur und sicherlich auch Theater inspirieren mich. Und die Ideen entwickeln sich meist in der Nacht, in Träumen. Ich träume ganze Szenarien, notiere mir diese und anschließend werden diese skizziert. Auf diesen Sequenzen basieren dann meist meine kompletten Zyklen.

! 5, 2002! aus der Serie „thisisnotgsus“! analoge Fotografie mit gekochtem Film, Bild geätzt und gekratzt! © marko zink! ! ! mit freundlicher Genehmigung von Isabelle Anna Zink!
5, 2002, aus der Serie „thisisnotgsus“, analoge Fotografie mit gekochtem Film, Bild geätzt und gekratzt, Foto: Marko Zink, mit freundlicher Genehmigung von Isabelle Anna Zink

Wie beeinflusst dein Germanistik-, Publizistik- und Kunstgeschichte-Studium deine Arbeiten?
Ich denke das kann ich kaum pauschal beantworten. Beeinflusst haben sie mich sicherlich, vor allem mein Studium der Germanistik. Ich denke aber eher, dass sie mich wohin geführt haben und mich Entscheidungen haben fällen lassen. Bestärkt künstlerisch tätig zu sein bzw. zu bleiben, haben mich wohl eher die direkten Kunststudien. An der Schule für künstlerische Fotografie unter Friedl Kubelka begriff ich erst richtig, was Kunst ist bzw. bedeuten könnte. An der Akademie der bildenden Künste erkannte ich wie entscheidend die gewählten Präsentationsarten sind, darüber hinaus auch das Selbstverständnis, dass Kunst auch ein Wirtschaftszweig ist, aus der sogenannten Berufung einfach ein Beruf wird, der mich finanziell tragen muss.

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