Wie würdest du deine Kunst beschreiben?
Meine abstrakten Arbeiten widmen sich einem fundamentalen Element, das leicht übersehen wird: Dem Boden unter unseren Füßen. Jedes Bild ist ein Porträt einer bestimmten geografischen Struktur; eine Draufsicht, die nicht verrät, ob sie eine ferne oder nahe Umgebung, eine Landschaft oder sogar einen Organismus zeigt. Mich faszinieren vor allem “städtische Geographien“, wie unregelmäßig gearbeitete Gehwege und ausgebesserte Straßen. Ich verinnerliche diese von Menschenhand geschaffenen Strukturen, die unsere Städte zusammenhalten und unsere täglichen Bewegungen lenken und übertrage ihr Wesen in meine Malerei.
Mit welchen Techniken arbeitest du?
Die Bilder sind amorphe Formen, eine Evolution von Ebenen und Texturen, die mal schweben, mal auf dem Hintergrund kleben und an Kinderpuzzle erinnern. Sie entstehen aus einer Mischtechnik (Sprühdose, Acryl, Ölpastell, Textilien), aufgetragen auf Holz. Der Arbeitsprozess, alle Formen, Schichten und Materialien sind im fertigen Werk zu sehen. Teile, die übermalt werden, bleiben in ihrer Struktur erhalten.
Wie gehst du vor, wenn du mit einem neuen Werk beginnst?
Malshirt an, Kopfhörer auf und abtauchen. Meist habe ich eine Ahnung von einer Farbe oder einer Textur, die ich festhalten will. Ist diese auf der Holzplatten sichtbar, kommen weitere Formen und Farben hinzu — mal sind sie verwandt, mal fremd, mal kleben sie aneinander, mal driften sie auseinander. Sie verhalten sich wie Kontinente, wie Erosion, wie Lavaflüße.
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Wie kann man sich dein Atelier vorstellen?
Drei kleine Räume direkt unterm Dach, einfachverglast, im Winter kalt im Sommer heiß. Ein leerer Raum, um auf dem Boden malen zu können. Ein Lagerraum für fertige Bilder. Ein Raum zum Sprühen. Ein Stuhl, ein Tisch, ein Wasserkocher. Überall verteilt Ölkreiden, große Pinsel und Sprühdosen.
Aktuell lebst du ja in Halle. Wie ist das Leben dort?
Schön übersichtlich. In einer Stadt solcher Größe kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren, Atelier, Kunsthochschule, Wohnung und Cafés liegen nah beieinander. Außerdem habe ich eine kleine Familie und der geht es hier auch sehr gut. Wenn man hier was bewegen will gibt es passende bezahlbare Räume, Förderprojekte und Menschen, die wirklich Lust darauf haben. Ich habe mal in Düsseldorf und Berlin gelebt — da wäre alles weniger entspannt und womöglich gar nicht realisierbar.
Woran arbeitest du gerade? Hast du schon Pläne für 2023?
Ich arbeite an Objekten, die von der Malerei kommen und sich weiter in den Raum ausbreiten werden. Außerdem kuratiere ich eine Gruppenausstellung für den Kunstraum Galaxie neuer Künste, plane eine Soloausstellung mit dem Max-Planck-Institut und eine Schau mit der NBB Galerie in Berlin. Daneben werde ich in diesem Jahr auch wieder an der Burg unterrichten.
Lenia Hauser – www.leniahauser.de