Seine Bilder sind mehrdeutig, die uns über ihre Herkunft und Referenz, ihre Perspektivik und inneren Organisation zunächst im Unklaren lassen. Damit laufen die Arbeiten der einfachen Lesbarkeit gegenwärtiger Bildwelten quer und sichern die Notwendigkeit des Schauens und Verweilens, des Zweifelns und Ertragens des Unvollkommenen. Ordnung als Lebensentwurf. Ordnung aber auch als Freiheit.
Wie entstehen deine Kunstwerke?
In meiner Malerei arbeite ich in Serien. Bei den Skulpturen und Installationen nicht. Am Anfang steht immer ein Problem oder ein Thema, mit dem ich mich außerhalb der Kunst beschäftige. Wie zum Beispiel 2015 das Thema Grenze. Damals gingen während der sogenannten Flüchtlingskrise Grenzen zwischen Österreich und Deutschland zu, die in meinem Kopf schon gar nicht mehr existierten. Ich wollte daraufhin den Grenzen in allen Bereichen meines Lebens nachspüren. So eine Grenze hat ja auch immer was mit Gewalt zu tun, weil sie exklusiv ist. Sie schließt andere aus. Das beginnt schon damit, dass ich meine Haustüre zusperre. Erst im Anschluss an eine solche Problemdefinition suche ich mir das passende Medium. Es gibt jedoch kein eindeutiges Konzept zu Beginn. Im Tun erkenne ich erst die nächsten Schritte. Keine Skizzen oder Vorarbeiten sind dazu möglich. Ich bearbeite schon seit der Akademiezeit dieselben Themen. Sie kehren in regelmäßigen Zeitabständen wieder. Leider kann ich keine Entwicklungsschritte überspringen, auch wenn ich weiß in welche Richtung die Reise geht. Ich brauche viel Zeit zum Malen.
Welche Materialien verwendest du am liebsten?
Am liebsten arbeite ich als Maler. Da ist vieles schon vorgegeben und ich muss nicht alles neu verhandeln. Und ich kann im geschützten Bereich meines Ateliers bleiben. Das gibt mir Sicherheit und Ruhe. Daneben faszinieren mich sogenannte „arme Materialien“ wie alte Plastiksackerl, aus denen ich riesige Collagen klebe oder entsorgte Grabsteine, mit denen ich zum Beispiel einen 4 Meter hohen Turm für ein NS Euthanasie-Mahnmal in Mauer-Öhling errichtet habe. Mit Wertlosem kann ich leichter experimentieren, da ist der Versagensdruck nicht groß.
interview. florian nährer interview. florian nährer
Wie betrachtest du deine eigene Kunst?
Mich interessieren vor allem meine aktuellen Arbeiten. Die Alten sind für mich wie meine ausgetretenen Laufschuhe – eine Wegmarke. Ich hebe mir aber alle alten Laufschuhe auf. Sehe ich aber meine frühere Arbeiten bei einem Sammler wieder, freue ich mich, wie bei einem Wiedersehen mit einem alten Freund. Klingt voll kitschig, ich kann es aber nicht anders beschreiben.
Wie verbringst du deine Freizeit? Hast du einen Ausgleich?
Ich habe vor rund fünf Jahren mit dem Laufen begonnen. Aus einem Witz heraus gründete ich mit Freunden eine Laufgruppe, um beim Wienmarathon mitzulaufen. Seither ist der Sport nicht nur Ausgleich, sondern auch ein Teil meines geregelten Tagesablaufs. Meine Familie ist mir sehr wichtig. Die Kinder erden mich und zeigen mir faszinierende Seiten des Lebens, die ich so nicht kenne. Sie führen mich aber auch an meine Grenzen.
Das tägliche Gebet. Einmal am Tag möchte ich mich mit Gott im Gebet verbinden. Mich wieder neu auf ihn ausrichten.
Was bedeutet die Natur für dich?
Natur ist der Sehnsuchtsort schlechthin für mich. Ich merke immer deutlicher, wie schwer es mir fällt mit großen Menschengruppen zu sein. Leider nehme ich die Energien anderer Menschen sehr ungefiltert auf. Das ist wahnsinnig Kräfte raubend. Ich bin wirklich gerne alleine. Das war früher nicht so.
Am liebsten bin ich alleine in der Natur. Denn die Natur ist gut so, wie sie ist. Das entspannt mich.
Woran arbeitest du gerade?
Ich arbeite kontinuierlich an meiner Malerei. Die möchte, dass ich fortwährend male. Deshalb verbringe ich täglich mehrere Stunden im Atelier. Daneben gibt es andere Projekte. Im Moment beschäftige ich mich mit der Idee eines neuen Fastentuchs für den Dom zu St. Pölten das 2022 präsentiert werden soll. Mit Stoffen habe ich noch nicht viel Erfahrung. Es wird ungefähr 100m2 groß sein. Dafür verwende ich alte Priestergewänder, sogenannte Kasel, die ausgedient haben.
Florian Nährer – www.naehrer.com