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Wien Kunst

Interview mit Flora Lechner

Flora Lechner (geboren 1994) ist freischaffende Designerin und Künstlerin. Sie studierte Industrial Design an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Während ihres Studiums absolvierte sie Auslandssemester an der Ecole cantonale d ́art de Lausanne und an der Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem.
Ausstellungsansicht. Flora Lechner – Out of Proportion – Pick me up!  im DWDS, Bregenz 2022
Ausstellungsansicht. Flora Lechner – Out of Proportion – Pick me up! im DWDS, Bregenz 2022

Nach ihrem Abschluss in Wien 2018 begann sie ein zweites Master Studium in Contextual Design an der Design Academy Eindhoven, das sie 2020 abschloss. Seitdem entwickelt sie ihre Praxis zwischen Design und Skulptur weiter, arbeitet an verschiedenen Kunst- und Designprojekten und nahm an Ausstellungen in Rotterdam, dem Van Abbe Museum Eindhoven, Salone del Mobile in Mailand und der Architektur-Biennale Venedig teil.

Ausstellungsansicht. Flora Lechner – Out of Proportion – Pick me up!  im DWDS, Bregenz 2022
Ausstellungsansicht. Flora Lechner – Out of Proportion – Pick me up! im DWDS, Bregenz 2022

Woher nimmst du deine Inspiration?
Oft finde ich sie ganz einfach in Alltagsgegenständen, die mir plötzlich anders auffallen. Die Haarspange zum Beispiel begann mich zu faszinieren, weil ich durch eine Verletzung des rechten Arms für ein Monat meine Haare nicht mehr mit einem Haargummi zusammenbinden konnte und dadurch immer viele Haarspangen parat hatte. Sie verloren dauernd ihre Zähne und wurden durch meine kleinen Erlebnisse mit ihnen schließlich zum Ausgangspunkt meiner letzten Arbeit. Lesen, Reisen, ins Theater gehen oder durch Konversation und das Plaudern mit Freunden inspiriert mich wie jeden, denke ich.

Womit beschäftigst du dich in deiner Arbeiten?
In meiner Arbeit verfolge ich einen transdisziplinären Ansatz und kombiniere Design, bewegtes Bild und Skulptur. Ich beschäftige mich mit den Machtverhältnissen zwischen Körper-Objekt und Körper-Raum und konzentriere mich auf das menschliche und kreative Streben, nach nahezu “göttlicher“ Perfektion. Vor allem der Prozess der Formung des Körpers und dessen Manifestationen sind in meiner Arbeit stark verankert. Ich hinterfrage immer wieder die Besessenheit nach der „perfekten“ Kontur und mit der Vorstellung einen idealen Körper zu formen.

Wie entstehen die Arbeiten? Hast du immer die gleiche Herangehensweise?
Als ausgebildete Industriedesignerin untersuche ich in erster Linie den Nutzen und die Handhabung, die ein Objekt oder Material suggeriert. Ich versuche den Zweck des Objektes zu unterbrechen, umzuwidmen oder sogar zu über zu betonen, indem ich das Objekt mit seinen Absurditäten konfrontiere. Ich spiele zumeist mit den zwei Seiten einer Münze, mit Richtlinien und der Vorstellungskraft. Ich erforsche die verschiedenen Realitätsebenen und fordere die Konventionen der formalen und materiellen Verschiebungen heraus, wobei ich stets versuche eine humorvolle Perspektive anzunehmen.

Die Thematik körperliche Grenzen auszutesten ist Grundlage der Arbeitsmethode, wie ich mich meinen Objekten annähere, indem ich sie bis zur Erschöpfung mit körperlicher Kraft und nach selbst auferlegter, regelhafter Disziplin von Grund auf selbst fertige.

Ausstellungsansicht. Flora Lechner – Out of Proportion – Pick me up!  im DWDS, Bregenz 2022
Ausstellungsansicht. Flora Lechner – Out of Proportion – Pick me up! im DWDS, Bregenz 2022

Was ist für dich persönlich wichtig?
Ich betrachte meine Arbeiten gerne als kleine Bühnen oder potenzielle Aktionsräume, die mit der Idee der Aktivierung und des geisterhaften Stillstands spielen. Da ich mich im Grenzgebiet zwischen Design und Kunst bewege, ist es mir sehr wichtig die Scheu vor dem Berühren und Benutzen abzulegen. Ich freue mich wenn meine Objekte es schaffen Leute zum Spielen und Schmunzeln zu bewegen. Wenn dann einmal etwas kaputt geht, macht das nichts.

Was ist gute Kunst für dich?
Intensität. Die kann schwer oder leicht sein.

Ausstellungsansicht. Flora Lechner – Out of Proportion – Pick me up!  im DWDS, Bregenz 2022
Ausstellungsansicht. Flora Lechner – Out of Proportion – Pick me up! im DWDS, Bregenz 2022

DWDS. Was zeigst du in der Ausstellung in Bregenz?
Einen Tascheninhalt, zehnmal größer als er sonst ist. Objekte, die sonst einfach herumkugeln, wie Haarspangen, Sicherheitsnadeln, Haarknäuel und weiteres, sind proportional aufgeblasen und lassen uns selbst einmal klein fühlen, ein bisschen wie Alice in Wonderland. Durch dieses zauberhaft naive Vergrößern findet für eine Verschiebung statt. Die Zweckmäßigkeit und der Wert der einzelnen Objekte entziehen sich dem üblichen Klassifizierungssystem. Die kleine billige Haarspange, die ruhig verloren gehen kann, wird zu einem Objekt, auf dem man Platz einnehmen und das in neuer Funktion glänzen kann. Und, wie in jeder Tasche, hat man auch Objekte, die einem nicht gehören, wie Camille wearing the reversible wallpaper suit von Norma Kiskan und EuroMillion von Lukas Matuschek.

Die ganze Ausstellung wird auch begleitet von einer Kurzgeschichte Touchy Subjects von Miguel Parrrra, die Einblicke in das abstrakte Herumtasten und Suchen nach etwas gibt, dass vielleicht nie auftaucht.

Künstlerin Flora Lechner
Künstlerin Flora Lechner. Foto: Carolina Revertera

Woran arbeitest du gerade? Was ist für 2022 noch geplant?
Ich bin gerade dabei einen Webshop für Accessoires einzurichten, einen beauftragten Luster zu planen, eine Klimmzug Kommode und noch zwei 10:1 Haarspangen in Angriff zu nehmen. Weiters starte ich gerade Vorbereitungen zusammen mit einer Kollegin für eine kleine Ausstellung in Wien zum Thema Swimmingpool, die voraussichtlich im Mai/Juni zu sehen sein wird.

Flora Lechner – www.floralechner.com, www.instagram.com/flora_manon