Dabei stellt sie Fragen nach der Essenz von Malerei und dem, was Farbe und Pinselstrich bedeuten. Ihre Intention ist es, Farbklänge hervorzubringen, mit Pinsel und Farbe zu komponieren, Prozesse des Malens offenzulegen und pure Malerei zu zeigen. Ihre Arbeiten befinden sich in privaten, wie öffentlichen Sammlungen und wurden in der Kunsthalle Münster, im Ahlener Kunstverein und im Kunstverein Duisburg sowie in England, China und Belgien gezeigt.
Welche Fragen möchtest du durch deine Kunst beantworten?
Allein die Bilder geben die Antwort wie auch die Fragen. Ich selbst weiß weniger als das, was die Bilder wissen. Die Betrachtenden müssen selbst entscheiden, welche Fragen sie an das Bild stellen und damit beantworten. Ich versuche in meiner Malerei einen größtmöglichen Interpretationsraum für diese zu öffnen. Ich möchte eine Lebendigkeit und Freiheit innerhalb meiner Malereien zeigen. Die Bilder dürfen irgendwie alles sein, und das ist auch das Schöne an den Malereien. Sie zeigen, dass viel möglich ist. Manchmal scheitere ich auch, dann muss ich das Bild ruhen lassen, bis es wieder aufgenommen werden kann.
Wie möchtest du, dass Betrachter deine Kunst erleben?
Ich wünsche mir von den Betrachtenden, dass formlos und ohne Erwartungen an die Bilder herangetreten wird. Von ganz nah sollen meine Werke betrachtet werden können, von fern jedoch auch. Ich wünsche mir, dass meine Bilder etwas können, von dem ich selbst noch nicht weiß, was genau es ist, aber sie dürfen alles. Bewegend sein. Erstaunlich, offenlegend, man darf sich verlieren im Schauen, auf der Suche sein in den Bildern, vielleicht etwas Spannendes finden, entdecken und neugierig sein.
Deine Kunst schafft eine Symbiose von Leinöl und Pigment. Wie entsteht diese Verbindung, und welche Bedeutung hat sie für deine Werke?
In meiner Malerei ist es wichtig, den Prozess zu sehen und die fließenden Bewegungen, welche durch mit dem Leinöl verdünnte Farben, mittels großer wie auch kleiner Gesten dargestellt werden. Der Prozess des Malens fängt mit der Materialitätswahl des Leinwandstoffes an und schreitet mit der Leimung sowie dem Bau der Leinwand fort. Erst dann kann das Zusammenspiel der Pastosität der Farbe als Medium (im Englischen paint) und der Farben (im Englischen colour), die immer wieder unterschiedlich aufeinandertreffen und mir wichtig sind, entstehen. Im Malprozess selbst geht es dann um die Farbigkeiten, die sich voneinander abstoßen oder in Symbiose zueinanderstehen. Farbräume können sich beim Malen eröffnen, wenn der teilweise grobe Auftrag durch weiche Pinsel, aber auch der feine Strich, mittels grober, mit Farbe durchtränkter oder trockener Pinsel auf die Leinwand oder das Papier übertragen wird. Bei meinen Gesten handelt es sich um Schwünge, die ich aus meinem ganzen Körper hervorhole, oder die durch wenige Handgriffe erscheinen. All diese haben Anteil an dem, was später am Ende vom Werk zu sehen ist, und üben einen immanenten Einfluss auf das aus, was die Betrachtenden sehen, spüren und erfahren.
Wie wichtig ist dir das Feedback von Freunden zu deiner Kunst?
Zunächst möchte ich sagen, dass ich partout jeglichen Austausch mit meinen Bildern schätze. Denn jemand nimmt sich seine oder ihre Zeit, meine Bilder anzuschauen und teilt mir Dinge mit, die sie oder ihn bewegen. Was besonders hilfreich ist, ist die konstruktive Kritik, die mich immer weiterbringt. Nur weil meine Freund*innen mich mögen, heißt das nicht, dass sie all meine Arbeiten mögen, aber sie schätzen diese. Ehrlichkeit ist mir wichtig. Wenn es schlecht ist, wird’s gesagt, wenn’s stark ist auch, wenn was in der Schwebe ist oder was aneckt, wird es auch angesprochen und das schätze ich sehr.
Mit wem tauschst du dich am liebsten über Kunst aus? Gibt es bestimmte Personen, die einen starken Einfluss auf deine künstlerischen Ideen haben?
Fruchtbar für meine Kunst sind die Gespräche, die auch unter die Haut gehen. Ich habe ein starkes Umfeld, auf dessen Meinung ich besonders vertraue, wenn es um meine Malerei geht. Manchmal sind es aber auch profane Gespräche mit Menschen, die mich stark weiterbringen. Diese Menschen, kenne ich eventuell noch nicht so gut, doch sie können mit einem klareren Auge Gedanken zu meiner Arbeit formulieren, die ich so vorher noch nicht gehört habe. Meine Malerei weiterzubringen, neue Perspektiven zu öffnen und das Denken über meine Malerei fluid zu halten, empfinde ich als Kern meiner Arbeit. Das Vertrauen in mein Können schöpfe ich letztendlich jedoch aus mir selbst.
Reist du gerne? Wenn ja, gibt es ein Reiseziel, das besonders in Erinnerung geblieben ist?
Die Schwere, die Schönheit und die Unberechenbarkeit der bretonischen wilden Küsten wird wohl für immer in meinen Ohren klingen. Vielleicht ist es aber auch das Meer Großbritanniens, das mich umtreibt. Oder ist es nur das Land und die Leute selber, die mich beeindrucken? Vieles geht für mich als sensorisch-empfindsame Person über den Sound. Deswegen würde ich die Frage mit „Meer“ beantworten.
Welche Pläne hast du für das Jahr 2024?
Ich habe das Gefühl, dass mein Jahr gespickt sein wird mit Veränderungen, die ich mir zwar zum Teil vorher ausmalen kann, wie zum Beispiel die Suche nach einem Atelier in einer neuen Stadt, aber auch von denen, die ich nicht kenne, diejenigen, die ich nicht beeinflussen kann. Ich freue mich jedoch auf die Herausforderungen und Überraschungen im neuen Jahr.
Charlotte Hilbolt – www.charlottehilbolt.com, www.instagram.com/charlottehilbolt/
English version: Charlotte Hilbolt (*1993) lives and works in Münster, Germany, and began studying fine arts at the Kunstakademie Münster in 2012. She has been a student of Prof. Cornelius Völker since 2023. In her abstract paintings on canvas and paper, she deals with color, gesture, and experientiality. She asks questions about the essence of painting and what color and brushstrokes mean. She intends to create color sounds, to compose with brush and paint, to reveal the processes of painting, and to show its purity. Her works can be found in private and public collections and have been exhibited at the Kunsthalle Münster, the Ahlener Kunstverein, and the Kunstverein Duisburg, as well as in England, China, and Belgium.
What questions do you want to answer through your art?
The paintings alone provide the answer, as well as the questions. I know less than the paintings do. Viewers have to decide for themselves what questions they want to propose and answer with the painting. I try to open up as much room for interpretation as possible in my paintings. I want to show liveliness and freedom within them. They are somehow allowed to be anything, which is also the beauty of art. They show that a lot is possible. Sometimes I fail as well. That’s when I have to let the painting rest until it can be taken up again.
How would you like viewers to experience your art?
I want viewers to approach the paintings with a formless view and without expectations. My works should be able to be viewed from very close up, but also from afar. I want my paintings to be able to create something that, even though I don’t know exactly what it is, can do absolutely anything. They can be moving, surprising, or revealing; you can lose yourself in looking; be on the lookout within the paintings; perhaps find something exciting; discover and be curious.
Your art creates a symbiosis of linseed oil and pigment. How does this connection come about, and what significance does it have for your works?
Within my art, it is important to see the process and the fluid movements, which are represented by colors diluted with linseed oil, using both large and small gestures. The painting process begins with the choice of canvas material and continues with the gluing and construction of the canvas. Only then can the interplay between the plasticity of the paint as a medium and the colors emerge, which always come together in different ways and are important to me. The painting process itself is about the colors that either repel each other or merge in symbiosis. Color spheres can open up during the process of painting when the sometimes coarse application with soft brushes, but also the fine strokes, are transferred to the canvas or paper with coarse, paint-soaked, or dry brushes. My gestures are movements that I draw out of my whole body or that appear through a few hand movements. All of these have a part to play in what can later be seen in the final work and exert an intrinsic influence on what the viewer sees, feels, and experiences.
How important is feedback from friends about your art to you?
Firstly, I would like to say that I appreciate any exchange with my paintings because someone takes his or her time to look at my paintings and tells me things that move him or her. What is particularly helpful is constructive criticism, which also helps me move forward. Just because my friends like me doesn’t mean that they like all my work, but they do appreciate it. Honesty is important to me. Whether it’s bad or strong, people tell me that if something is in limbo or something is offending, I can count on my people to be honest. This is what I appreciate most because it helps my personal and artistic development.
Who is your favorite person to talk to about art? Are there certain people who have a strong influence on your artistic ideas?
Conversations that get under your skin are fruitful for my art. I have a strong environment whose opinion I particularly trust when it comes to my painting. But sometimes it’s also mundane conversations with people that help me a lot. I may not know these people that well yet, but they can formulate thoughts about my work that I haven’t heard before with a clearer eye. I feel that developing my painting, opening up new perspectives, and continuing to think about my painting fluidly are the core of my work. Ultimately, I have to draw confidence in my ability from within myself.
Do you like traveling? If so, is there a destination that particularly sticks in your memory?
The heaviness, the beauty, and the unpredictability of the wild Breton coasts will probably ring in my ears forever. But perhaps it is also the sea of Great Britain that drives me, or is it just the country and the people themselves who resonate with me? For me, as a sensory-sensitive person, a lot is about sound. That’s why I would answer the question with „sea.“
What plans do you have for 2024?
I have a feeling that my year will be full of changes, some of which I can imagine in advance, such as finding a studio in a new city, but also some of which I don’t know and can’t influence. However, I’m looking forward to the challenges and surprises ahead.
Charlotte Hilbolt www.charlottehilbolt.com, www.instagram.com/charlottehilbolt/