Wie bist du zur Fotografie gekommen?
Meine erste analoge Kamera habe ich mir mit 14 gekauft. Es war für mich irgendwie die natürlichste Form kreativ zu sein, ist aber über die Jahre eigentlich immer mehr Mittel zum Zweck geworden. Ich würde mich selbst auch nicht als Fotografin bezeichnen. Ja, ich arbeite mit einer Kamera, aber eigentlich geht es mir vielmehr um den intuitiven, körperlichen Ausdruck, das Improvisieren vor der Kamera. Auch die Arbeit danach, in der Dunkelkammer, ist mir viel wichtiger als der Prozess des Fotografierens selbst.
Ich denke ich habe mich einfach nie getraut, wirklich ins Darstellende zu gehen (Tanz, Performance usw.), also habe ich begonnen alleine, für mich selbst zu performen und das fotografisch „aufzuzeichnen“. Reines Dokumentieren hat mir aber nicht gereicht. Ich möchte mehrere Ebenen schaffen, aus denen sich meine Bilder aufbauen können. Da ist also einmal die performative und improvisierte Ebene, aber eben auch die rein visuelle, inszenierte Ebene, die verfremdet, und den körperlichen Ausdruck noch einmal zu etwas ganz anderem machen kann.
Manchmal scheint es mir absurd, dass ich versuche, Bewegung und etwas so Vielschichtiges wie den menschlichen Körper in seinem Sein und seinem Ausdruck in einem Foto „festzuhalten“. Aber eigentlich ist es auch genau dieser Widerspruch, der das Ganze für mich interessant macht.
Was hat dich daran am meisten fasziniert?
In Bezug auf den Körper an sich: alles daran ist (immer wieder aufs Neue) faszinierend für mich! Wie er funktioniert und wie alles in ihm auf irgendeine Art und Weise zusammenspielt; was durch ihn/ durch seine Bewegung freigesetzt werden kann; die verschiedenen Wege wie er uns mit unserer Umwelt in Interaktion treten lässt; wie wir ihn bewegen und wie er widerspiegelt was uns bewegt; Körpersprache, Körperbilder, Körpergedächtnis… da ist Vieles, mit dem es sich lohnt, sich auseinanderzusetzen.
Kristina Feldhammer Kristina Feldhammer Kristina Feldhammer Arbeiten in der Dunkelkammer
Wenn es um die Arbeit in der Dunkelkammer geht, ist es für mich einerseits eine Möglichkeit zur Ruhe zu kommen, zu beobachten aber gleichzeitig aktiv zu sein. Es ist spannend, wie schnell Kontrolle und Zufall dort ineinander übergehen können. Ich schätze das Intuitive, arbeite hauptsächlich mit alternativen oder experimentellen Techniken, die einfach sehr viel trial & error beinhalten, ganz egal zum wievielten Mal man etwas macht. Manchmal kann das frustrierend sein, aber meistens liebe ich genau das an dem Prozess – das Sich-dem-Zufall-hingeben.
Welche Message haben deine Bilder?
Das ist von Werk zu Werk unterschiedlich und hat auch die Freiheit sich zu ändern. Manchmal fotografiere ich eine Serie, lasse die Negative ein paar Monate liegen und zum Zeitpunkt, an dem ich sie in der Dunkelkammer ausarbeite, hat sich mein Zugang und das, was die Bilder sagen, schon verändert und etwas anderes hat sich herauskristallisiert. Auch wenn ich nach Jahren zu alten Bildern zurückkomme und mich mit ihnen beschäftige, ist die Message, die ich ihnen jetzt zuschreiben würde, vielleicht eine ganz andere als noch zum Zeitpunkt als sie entstanden sind.
Ganz allgemein geht es mir um die Momente in denen ein Durchbrechen oder eine Auflösung der Grenzen zwischen dem Selbst und dem Anderen stattfindet. Wobei „das Andere“ hier einfach alles einschließt. Es geht um Berührungspunkte. Zwischen Körper und allem, dass nicht Körper ist; zwischen sich-selbst-entdecken und sich-selbst-verlieren; zwischen Verfall und Entstehen; zwischen persönlichem und kollektivem Unbewussten; zwischen Improvisation und Inszenierung. Ich mag den Gedanken des Körpers als Spiegel aller Welten (äußere sowie innere) – der Körper nicht als ein in der Gesellschaft funktionierendes Objekt, sondern als ein pulsierendes, mit allem verwobenes und dennoch eigenständiges, sich ständig veränderndes Leben.
Arbeiten in der Dunkelkammer Arbeiten in der Dunkelkammer Kristina Feldhammer Arbeiten in der Dunkelkammer
Nackte Haut. Hast du einen Lieblingskörperteil?
Nein, aber Haut an sich finde ich ziemlich super – die kleinen Muster auf den Händen, Fingerabdrücke, Dehnungsstreifen, die Farben, die sie annimmt wenn man mal wieder gegen eine Tischkante läuft. Einerseits trennt sie unser Körperinneres ja von der Umwelt, andererseits ist sie doch auch das Bindeglied von beidem. Haut hat so viel Unmittelbares an sich, das finde ich spannend.
Wo nimmst du deine Inspirationen für Projekte her?
Der Begriff Inspiration ist für mich immer etwas schwierig… Es kann doch so gut wie alles inspirierend sein, wenn der Zeitpunkt stimmt und man sich auf etwas einlassen kann. Außerdem macht es auch oft den Anschein, als wäre es nur möglich etwas (Gutes) schaffen, wenn genug Inspiration vorhanden ist. Dabei kann es doch auch wahnsinnig wichtig sein, sich hinzusetzen und einfach zu machen egal ob man sich besonders inspiriert fühlt oder nicht. Manchmal wird eben nichts draus. Manchmal ist zwar das Ergebnis wenig zufriedenstellend, aber dafür hat man sich selbst auf neue Ideen gebracht, sich selbst wieder neugierig gemacht (auf was auch immer). Und manchmal wird man von sich selbst überrascht und es entstehen Dinge, die man so gar nie hätte, planen oder konzipieren können. Vielleicht kann man also einfach sagen Improvisation (und alles was dabei in einem passiert) ist meine Inspiration.
Was interessiert Dich sonst noch?
Momentan: Vögel beobachten.
Kristina Feldhammer Arbeiten in der Dunkelkammer
Woran arbeitest du gerade?
Anfang des Jahres habe ich mich dazu entschlossen vierteljährliche Zines zu veröffentlichen, die einen kleinen Teil meiner, in der jeweiligen Zeitspanne entstandenen Arbeiten enthalten. Ich war es leid, meine Bilder nicht physisch zeigen zu können und das schien mir eine gute Alternative. Es wird auch bald eine neue Buchveröffentlichung mit gesammelten Werken der letzten Jahre geben, an der ich momentan arbeite. Und dann ist da auch noch ein kollektives, öffentliches Performance Projekt an das ich mich bald heranwagen möchte.
Kristina Feldhammer – www.kristinafeldhammer.com