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Leipzig Fotografie

Interview. Katja Heinemann

Die Fotografien von Katja Heinemann (*1998) setzen sich mit dem menschlichen Körper auseinander. Mal wird er in abstrakte Formen verbogen, bis er fast unkenntlich wird. Mal findet er sich in den Strukturen der Natur wieder, bis sie miteinander verschmelzen. Die Leipziger Fotografin entdeckt in ihrer Serie „Human Body Studies“ den Aufbau und das Erscheinungsbild von Körpern aus ungewohnten Perspektiven und zeigt sie unverfälscht ästhetisch.

Wie hat die Stadt Leipzig deine künstlerische Arbeit beeinflusst?
Leipzig hat meine Arbeit auf zwei ganz unterschiedliche Arten beeinflusst. Als ich vor mittlerweile fast 7 Jahren in die Stadt gezogen bin, stand ich mit meiner Fotografie noch ganz am Anfang – alles war aufregend. Die Museen, die Galerien, die Fotograf:innen die ich in dieser Zeit kennengelernt habe. Das hat mir Mut gemacht und mich angetrieben. Heute ist mir die Stadt oft zu laut und zu viel. Ich genieße ihre Vorzüge, merke dennoch, wie ich mich weiter zurückziehe und mich in Tagträumen von meinem (hoffentlich) zukünftigem Landhaus erwische. Es zieht mich raus in das Umland, wo ich oft fotografiere.

Das Suchen nach einsamen Orten außerhalb von Leipzig hat meine Fotografie ebenfalls stark beeinflusst und geformt.

Welche Botschaft möchtest du den Betrachtern deiner Fotos vermitteln?
In erster Linie mache ich die entstandenen Fotografien für den Menschen, der darauf zu sehen ist. Ich möchte, dass sich dieser Mensch wohl fühlt, eine gute Zeit hat, sich fallen lassen kann und während des Fotografierens seinen Körper einmal spürt und nicht sieht. Auf den Fotos sollen sich die Menschen selbst gern haben. Vielleicht ihren eigenen Körper aus einer neuen Perspektive sehen, vielleicht erinnern sie sich zurück an das Gefühl während des Fotografierens, vielleicht sehen sie eine der eigenen „Problemzonen“ auf eine neue ästhetische Weise.

Wenn die Botschaft „du bist okay, genauso wie du bist, ein Körper ist ein Körper“ auch noch bei anderen Menschen durch das Betrachten meiner Bilder ausgelöst wird, macht mich das umso glücklicher.

Welche Art von Locations bevorzugst du für deine Fotoshootings und warum?
Für Fotoshootings findet man mich vor allem an Orten, an denen nicht viel los ist. Ich mag es, ungestört zu sein. Und ich gebe den Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, gern einen geschützten Raum. Oft finde ich mich am Wasser oder in steinigen Landschaften wieder, weil ich die Farben, Strukturen und Kontraste in Kombination mit Körpern ästhetisch schön finde. 

Wie findest du diese Plätze?
Durch meine Hündin. Ich bin jeden Tag mehrere Stunden draußen unterwegs. Manchmal langweilt es mich, immer durch den gleichen Wald zu gehen und ich habe Lust, neue Wege zu laufen. Dabei finde ich neue Orte, an denen ich gern fotografieren würde, und speichere sie mir direkt ab.

Welche Herausforderungen siehst du bei dem Versuch, traditionelle Körperideale in deinen Fotografien zu hinterfragen?
Am liebsten würde ich hier antworten: Keine. Aber das stimmt natürlich nicht, denn leider gibt es eine lange Liste an Herausforderungen. Das fängt zum Beispiel mit der Suche nach Modellen an. Denn Menschen ohne das „klassische traditionelle Körperideal“ haben oft ihr gesamtes Leben eingetrichtert bekommen, dass sie aus der Norm fallen oder „nicht hübsch genug“ sind. Warum sollten sie sich jetzt auf einmal fotografieren lassen? Ich möchte ihnen beweisen, dass jeder Körper auf seine Art besonders ist.

Es erfordert Selbstbewusstsein und Mut, sich nackt vor eine Kamera zu stellen und seinen Körper zu zeigen.

Hast du ein bestimmtes Projekt oder eine Fotoserie, die dir besonders am Herzen liegt?
Ich fotografiere, weil ich Menschen kennen lernen und mehr über sie erfahren möchte. Da gibt es natürlich Geschichten, die mich mehr berühren und wodurch mir Bilder besonders am Herzen liegen. Die behalte ich jedoch für mich. Betrachter:innen meiner Fotografien können sich selbst mit ihrer Phantasie ausmalen. Dazu kommt, dass sie mir im Vertrauen erzählt wurden, was auch genauso bleiben soll.

Fotografierst du dich auch viel selbst?
Ich habe mich eine Zeit lang sehr oft selbst fotografiert. Gerade in den Anfängen war ich das dankbarste Modell, denn ich musste keine Termine vereinbaren, konnte jederzeit spontan fotografieren, und es wurde nur meine eigene Geduld strapaziert, wenn ich Dinge wie ein neues Licht ausprobieren wollte. Es war eine Zeit, in der ich mich selbst in meinem eigenen Körper fremd gefühlt habe. Nach mehreren Jahren Leistungssport hat er sich verändert, als ich damit aufhörte, und es hat mir geholfen, ihn durch die Fotografie aus neuen Perspektiven zu sehen und die Veränderungen anzunehmen. Genau das, was ich jetzt den Menschen mitgeben möchte, die ich fotografiere. Heute stehe ich nur noch selten selbst vor der Kamera. Ich dokumentiere meinen Körper, zum Beispiel Ende letzten Jahres nach einer OP, wenn ich mich später an Sachen erinnern möchte.

Aber ich habe mich selbst mittlerweile so oft auf Bildern gesehen, dass ich mich kenne und manchmal bei Selbstporträts sogar langweile und viel lieber andere Körper ablichte.

Selbstporträt Katja Heinemann
Selbstporträt Katja Heinemann

Wie präsentiert sich die Kunstszene in Leipzig? Hast du Empfehlungen für Galerien, Offspaces, Veranstaltungen und coole Lokale?
Da bin ich als introvertierter Mensch, der gern Zeit abseits verbringt, leider die falsche Ansprechpartnerin. Ich kann euch die Seenlandschaft empfehlen, oder den kleinen Wald am Störmthaler See. Lokale besuche ich vor allem dann, wenn Freund:innen von mir da arbeiten und ich sie mit einem kurzen Plausch von der Arbeit ablenken kann. Da empfehle ich das Café Ocka für selbstgebackenen Kuchen, das INO für einen Kaffee und für ein gutes Stück Pizza, das Pekar im Westen von Leipzig.

Katja Heinemann – www.katjahnm.de, www.instagram.com/katjahnm/