Wie hast du zu deinem Stil gefunden?
Ich habe relativ lange an der Akademie studiert. Begonnen habe ich damals in der Klasse von Constanze Ruhm (Video- und Medienkunst), die mir Techniken beigebracht hat, die ich nicht kannte. Plötzlich bin ich dann in die Tiefdruckwerkstatt gestolpert und fand Radierungen und später Aquatinta interessant, um neue Arbeiten zu entwickeln.
Daraufhin habe ich relativ bald zu Gunter Damisch gewechselt, der in seiner Klasse Druckgrafik unterstützt hat. Meine druckgrafischen Serien hatten aber immer das Manko, dass sie wie lose Zettel waren, für die ich keinen gemeinsamen Träger fand, der mich zufriedengestellt hätte. Beim Versuch, die Serien mittels Buchbinderleim zusammenzubinden und ihnen auch gleichzeitig mittels Gips einen Körper zu geben, habe ich bald gemerkt, dass mich dieses seltsame Materialgemisch hundertmal mehr interessiert, als meine Drucke.
Welche Materialien sind das genau?
Über den Sommer war die Druckwerkstatt wegen des Umzugs der Akademie geschlossen, weshalb ich von der Druckgrafik fast zur Gänze dazu übergegangen bin, mit Leim und Gips Versuchsanordnungen zu machen. Ich hab seitdem immer wieder Druckgrafiken gemacht, aber meine hauptsächliche und viel leidenschaftlichere Praxis liegt bei den Objekten aus Buchbinderleim.
Auch Künstler*innenkarrieren verlaufen nicht linear nach Gesetzmäßigkeiten, sondern sind geprägt von Amplituden.
Wie würdest du dich beschreiben? Was ist dir wichtig?
Ich finde es regelmäßig faszinierend, dass ein Tag im Atelier im Normalfall planlos beginnt. Ich gehe nicht ins Atelier mit konkreten Plänen, sondern beginne irgendwo und nach vielen Stunden wird erst klar, was entstehen wird. Dieses Fehlen von Gesetzmäßigkeiten ist nicht ganz zu unrecht ein Gemeinplatz in der Kunsttheorie – als Praxis ist es tatsächlich manchmal abenteuerlich. Das gilt natürlich nur, wenn ich keine konkrete Ausstellung vorbereite oder mit Selbstverwaltung beschäftigt bin. Auch Künstler*innenkarrieren verlaufen nicht linear nach Gesetzmäßigkeiten, sondern sind geprägt von Amplituden. Jede Biografie ist dabei natürlich unvergleichlich, aber praktisch niemand ist ein Leben lang Künstler*in, ohne heftige Auf und Abs erlebt zu haben. Ich lebe mit einem phantastischen Mann und unserem Hund zusammen, was die Basis für einen gut gelaunten Tag bereitet.
Auf welcher Website verbringst du am meisten Zeit online?
In meinem E-Mail Programm, leider.
Hast du schon Pläne für den Sommer?
Nach Möglichkeit einer Quarantäne entgehen, also Donau statt Meer.
Julia Haugeneder – www.juliahaugeneder.com