Würdest Du Dich als Künstler:in beschreiben?
Jacky: Ich bin Schauspielerin, Sängerin, Regisseurin, Produzentin, Komponistin, Autorin, Rezitatorin – es werden sich wahrscheinlich viele denken, das stimmt nicht und das gibt’s nicht, man kann nicht zu viel auf einmal sein: ich schon.
Sophie: Ich bin eine nicht-binäre Person, also ich nütze They/Them und im Deutschen nur meinen Namen. Und ich bin Theaterregie und Produzent:in und seit der Pandemie besitze ich außerdem auch eine Modelagentur. Ich bin als Künstler:in bekannt für mein immersives Theater, das heißt, ich arbeite komplett ohne Bühnen. Ich bring die Menschen so richtig rein: ich ziehe sie so richtig in die Story rein.
Vale: Ich finde es schwierig zu sagen, dass ich Künstler bin. Ich habe angefangen als Kind mit Malerei, im Teenager-Alter dann so langsam auch in Richtung Theater und Literatur und später auch Film gegangen. Wenn ich Kunst mache, dann fließt alles und wenn ich sie nicht mache, dann habe ich das Gefühl, irgendetwas fehlt.
Warum bist du Künstler:in geworden?
Jacky: Warum ich Künstlerin geworden bin? Weil ich nichts anderes kann. Weil ich nichts anderes will. Weil mir nichts anderes Spaß macht. Und weil ich es tun muss.
Peta: Ich mach das, weil ich meine Art der Wahrnehmung der Welt den Leuten erzählen möchte und weil ich auch einfach Themen ansprechen möchte – also, ich glaube noch immer daran, dass man mit Kunst etwas erreichen kann, dass Bewusstseinsarbeit eine wichtige Sache ist. Provozieren mit Schönheit, nenne ich das. Und das braucht es gerade.
Celeste: Ohne Musik wäre ich wahrscheinlich super depressiv. Musik ist auf jeden Fall meine Therapie. Wenn ich Musik schaffe, fühle ich mich, als ob ich in einer anderen Welt bin. Kunst ist wahrscheinlich der einzige Space in unserer Gesellschaft, wo wir wirklich unsere Grenzen hinterfragen und erforschen können. (“Art is like almost the only space that we have in society to push boundaries.”)
Irena: Kunst bedeutet Freiheit. Die Freiheit, um sich selber auszudrücken. Eine Freiheit, die ich in der Gesellschaft so nicht finde. Ich gebe niemanden die Antworten gratis: nein, du musst nachdenken, dich damit auseinandersetzen, du musst deinen inneren Kritiker abschalten.
Bibiane: Ich denke, Kunst und Kultur ist für eine Gesellschaft sehr wichtig, weil es einfach eine zusätzliche Möglichkeit ist, sich zu verstehen und sich zu finden.
Wie war die Pandemie für Dich als Künstler:in?
Vale: In der Pandemie war es richtig scheiße. Wo bekomme ich mein Geld her, also, wo kann ich auftreten, was kann ich machen? Das war und ist bei ganz vielen Leuten als Auswirkung der Pandemie und ich glaube, dass es eine Gefahr ist, da dadurch halt einfach eine große Base an Künstler:innen verloren geht.
Jacky: Die Pandemie ist natürlich für jeden Künstler:in schlimm gewesen. Postpandemisch oder vorpandemisch: es ist völlig egal. Du hast immer Hindernisse, du musst immer schwer arbeiten. Du musst immer die Arbeit allein machen, vor allem, wenn du kein großes Haus hast.
Thomas: Es ist enttäuschend, dass es sich im Prinzip so negativ ausgewirkt hat. Es ist, glaub ich, ein grundösterreichisches-deutsches Problem und auch, glaub ich, ich kann jetzt nur mutmaßen, italienisch-französisches Problem, dass es hier bei uns irgendwie atmosphärisch irgendwie nicht keine Vernunft gibt. Es gibt nur Extreme und einfach nur zum Kotzen war das. Und was rausgekommen ist, ist zum Kotzen.
Bibiane: Ich habe irgendetwas in mir verloren, wo ich nicht genau weiß, ob ich es wieder finden werde.
Irena: (Everything burnt down, all the shit I had to take. So, in the pandemic, I fought a fight and came… came back stronger.) Alles ist niedergebrannt, all die Scheiße. In der Pandemie musste ich dann den Kampf kämpfen und bin… stärker zurückgekommen.
Hat die Pandemie noch Auswirkungen auf Kunst & Kultur heute?
Celeste: Mir ging es während der Pandemie richtig schlecht und ich habe mich auf positive, hoffnungsvolle Musik konzentriert, damit ich mich besser fühle. Die Pandemie hat nicht nur mich als ganzer Mensch, sondern auch meine Kunst verändert.
Peta: Ja, ich habe versucht meine Kunst nicht von der Pandemie berühren zu lassen, weil ich das Gefühl hab, wir hatten so viel davon und es hat so viel mit unseren Köpfen gemacht. Was passiert eben in den großen Institutionen ist wichtig, gut, aber es braucht auch ganz wichtig die freie Szene.
Vale: Die Pandemie hat ganz sicher noch immer Auswirkungen auf die Kunst. Wie gearbeitet wird und was möglich ist. Vor allem, ich merke auch, ich habe halt kein Budget mehr. Ich kann mir kaum was finanzieren und das macht natürlich einen Riesenunterschied, vor allem für die freie Szene.
Thomas:Also ich habe so irgendwie die Beobachtung gemacht, dass dieses Off-Theater, dieses Kellertheater, das ja in Wien ja ganz gut leben konnte und auch ganz gut angenommen wurde, glaub ich, der größte Verlierer ist.
Irena: Es hat sich verschärft, dieses Schubladendenken während der Corona-Zeit – weil wir dieses ganzes Zeugs irgendwo unterbringen und uns an irgendetwas festhalten mussten. Aber ich glaube nicht, dass uns das geholfen hat, sondern uns zehn Jahre nach hinten versetzt hat. Wenn ich mich immer nur mit den gleichdenkenden Menschen umgebe, kann ich daran wachsen? Nein, ich glaube nicht.
Bibiane: „Positiver Rassismus“ – die Erwartungshaltung ist, ihr könnt ja schon so gut singen und so gut tanzen. Dass man immer nur mit einem Talent und mit “man hat es halt im Blut“ sich abzutun spricht mir halt jede Leistung ab. Ich hoffe wir rutschen nicht wieder in diesen Stillstand hinein.
Was würdest du dir für postpandemische Kunst & Kultur wünschen?
Irena: Es ist fucking okay ein anderes Mindset zu haben und dieses Mindset der Welt zu zeigen. Es gibt keine Grenzen – wenn es eine Grenze gibt, dann kann man sie auch wegschieben, sprengen.
Sophie: Kunst ist da zum zu erregen, um nicht nur zu hinterfragen, sondern auch zu verändern und zu transformieren und das ist halt nicht immer angenehm und ich glaube es ist total wichtig, dass wir jetzt Kunst konsumieren und uns damit auseinandersetzen.
Bibiane: Ich wünsche mir, dass Kunst und Kultur für immer mehr Menschen selbstverständlich zugängig wird.
Thomas: Dass man verliebt ist in das Leben, ja. Das ist ganz wichtig. Man muss das Leben lieben, auch wenn man es hasst.
Jacky: Was ich mir wünschen würde für die Kunst und für die Künstler:innen, ist, dass in Wien mehr Zusammehalt ist. Die Allerwichtigste Botschaft ist, Wien soll seine Taschen öffnen für die Förderung von guten, talentierten und grossartigen Künstler:innen.
Editorial fotografiert von Ines Futterknecht. Creative Direction / Produktion von Sophie Mashraki. Hair & Makeup von Sorina Steiner und Danijela Marjanovic. Sponsoren: Zola Palais de Bohème und Bäckerei Ströck sowie Theater der Immersion