Wie würden Sie Ihren Arbeitsstil beschreiben?
Ergebnisoffen. Ausgangspunkt ist die „weiße Leinwand“ bzw. ein leeres Blatt Papier. Malerei, Zeichnung, Cut Out, mitunter ein hochauflösendes digitales Display, Re-Fotografiertes, Licht und Schatten, schichten sich im Arbeitsprozess zum Bild. Analog zu Tänzer_innen, die den Score einer Choreografie interpretieren, werden die verschiedenen Medien mit ihren Übersetzungsleistungen und -fehlern zu Kollaborateuren. Meine Arbeitsweise spiegelt die Thematik, den Dialog zwischen Malerei und Fotografie. Sie ist prozessorientiert, Schichten auf- und abbauend, konzeptuell genauso wie intuitiv und experimentell.
Mit welcher Kamera fotografierst du?
Größere Formate fotografiere ich mit einer Sinar Fachkamera, ebenso Direktbelichtungen im Format 8 x 10 Inch. Für letztere verwende ich ein eigens konstruiertes Rückteil. Kleinere Formate fotografiere ich mit einer Rolleiflex Mittelformatkamera. Auch eine digitale Kamera kommt zum Einsatz, wenn Re-fotografiertes Teil der Komposition ist.
Was macht für dich ein gutes Werk aus? Wann bist du selbst zufrieden?
Das Werk muss eine gewisse Leichtigkeit haben und mich selbst überraschen. Es muss lebendig sein und gegen den Strich. Meine Arbeiten werden schichtweise verändert, umstrukturiert, verworfen, neu zusammengesetzt, Elemente werden weggenommen, andere kommen dazu – ähnlich wie in einem malerischen Prozess. Irgendwann kommt der Punkt, an dem das Bild fertig ist. Trotzdem behält es etwas Potentielles.
Wie wichtig ist für dich das Format deiner Arbeiten. Kann auch rein das Format einen andere Stimmung erzeugen?
Das Format ist ein interessanter Aspekt. Es geht dabei nicht so sehr um die Stimmung, die ein bestimmtes Format erzeugt, sondern um die Art der Rezeption. Große Formate konfrontieren die Betrachter*innen anders, sie ermöglichen einen direkten, körperlichen Zugang zum Werk. Aus einer gewissen Entfernung treten bestimmte Eigenschaften des Bildes, wie seine Farben und Formen und möglicherweise Stimmung, sowie sein Bezug zum Raum in den Vordergrund. Bei meinen Bildern ist die fotografische Oberfläche oft nicht sofort augenscheinlich, sie offenbart sich je nach Betrachtungswinkel bzw. -distanz. Aus der Nähe betrachtet werden Details sichtbar, die sich teilweise erschließen, manche auch nicht – man bleibt in Bewegung, macht ein paar Schritte vor und wieder zurück. Analog zur Malerei führt das große Format tendenziell weg vom „Fensterbild“, das auf etwas anderes verweisen will. Es erlaubt dem Bild als solches und in seiner Materialität im Zentrum zu stehen. Zugleich ist es eine klare Referenz zum malerischen Tableau. Meine Werke sind unterschiedlich groß, von etwa 8 x 10 Inch bis zu 220 x 150 cm. Die Sprünge zwischen den Formaten verdeutlichen die Relativität der fotografischen Indexikalität. Ein Negativ vom selben Motiv kann theoretisch ganz klein oder ganz groß ausgearbeitet werden, je nach Auflösung des Filmmaterials. Diese scheinbare Beliebigkeit setze ich gezielt ein: Der fertige Print entspricht zwar in etwa 1:1 der Vorlage oder Komposition, innerhalb der Bildräume tauchen aber auch re-fotografierte Elemente auf, deren fixe Größenverhältnisse aufgelöst sind. Insofern ist das Format an sich schon eine Ansage.
Analog zur Malerei führt das große Format tendenziell weg vom „Fensterbild“, das auf etwas anderes verweisen will. Es erlaubt dem Bild als solches und in seiner Materialität im Zentrum zu stehen. Zugleich ist es eine klare Referenz zum malerischen Tableau.
Deine Serie „lap“ wurde von Elektrohalle Rhomberg auf der Viennacontemporary ausgestellt. Kannst du uns mehr über die Serie erzählen?
Lap ist eine Serie von S/W-Prints auf Barytpapier. Manche daraus sind händisch koloriert. Das Ausgangsmaterial für Lap sind farbige Aquarelle, die während eines Aufenthaltes bei Cave in Detroit entstanden sind. Ein wesentliches Bild-Element von Lap ist der Schatten. Dieser erfüllt die Funktion des Trompe-l’œil, bewirkt aber auch einen Verfremdungseffekt indem er auf die fotografische Bildgenese verweist. Der Schatten wird in der Fotografie zur Zeichnung. Zugleich verweist er auf eine Materialität und Räumlichkeit, er suggeriert eine haptische Erfahrbarkeit für die Rezipient*innen. Das wiederholt sich in jenem Schatten, den der Bildträger, leicht gewelltes Baryt-Papier, in den Objektrahmen wirft. Die Ränder des bemalten Papiers befinden sich innerhalb des Bildraums. Somit entstehen auch Fragen zum Bild im Bild und zum Rahmen als Metapher.
Der Schatten wird in der Fotografie zur Zeichnung. Zugleich verweist er auf eine Materialität und Räumlichkeit, er suggeriert eine haptische Erfahrbarkeit für die Rezipient*innen.
Sind bereits neue Projekte geplant?
Derzeit arbeite ich an einer gemeinsamen Ausstellung mit der Künstlerin Janine Schranz, die für März 2021 im hoast Wien geplant ist. Titelgebend ist das „Passepartout“: Durch seine Öffnung begrenzt es die Bildfläche und fokussiert zugleich – ein Passepartout definiert den Raum zwischen Rahmung und Bild. Dieses Dazwischen ist Ausgangspunkt unseres künstlerischen Dialoges, in dem die Rahmenbedingungen der Fotografie sowie jene des Ausstellungsraumes als Display mit subtilen Fokusverschiebungen ausgelotet werden.
Ebenfalls im März eröffnet die Gruppenausstellung „Drame surréaliste“ in der Elektrohalle Rhomberg in Salzburg. Die nächste größere Ausstellung ist eine Solo Show im Kabinett des Salzburger Kunstvereins mit dem Arbeitstitel „Yonder“. Dieser Begriff bedeutet „zwischen hier und dort“ und wird von Linguisten den „unsteten“ Wörtern zugeordnet. Siri Hustvedt beschreibt diese als „Wörter, die anders sind als andere, weil sie vom Sprecher mit Bedeutung erfüllt werden und sich entsprechend bewegen. Linguistisch ausgedrückt bedeutet dies, dass man sich nie wirklich yonder befinden kann.“
Daniela Zeilinger – www.danielazeilinger.com