Kannst du etwas über deinen Schaffensprozess erzählen? Welche Herangehensweise hast du an deine Arbeiten?
Jedes Bild beginnt mit einem Eindruck. Das kann z.B. durch eine Bergwanderung, im Wald, in der Stadt passieren, oder auch ein Bild sein. Diese Eindrücke halte ich in meinem Kopf fest, oder verewige sie als Foto. Wenn ich im Atelier bin und vor der Leinwand stehe, versuche ich diese in Gedanken zu rekonstruieren und nehme mir vor etwas ähnliches zu malen. Während des Malens entsteht dann meist ein völlig anderes Bild.
Wie entstehen die Bilder technisch? Welche chemischen Prozesse initiierst du?
Ich arbeite hauptsächlich mit Farben, die ich mit Wasser verdünnen kann, da ich gerne sehr flüssig arbeite. Also Acrylfarben, Gouache und vor allem Tusche. Außerdem verwende ich viel Schellack – eine Substanz, die mich besonders fasziniert, einerseits weil sie aus den Ausscheidungen von Blattläusen hergestellt wird, andererseits weil sie in Berührung mit Wasser aufquillt, wodurch nur schwer vorhersehbare Effekte und Formen entstehen können.
Wie erkennst du eine gute Arbeit?
Die Arbeiten stehen erst mal mehrere Monate im Atelier. Manchmal bin ich anfangs begeistert aber diese Begeisterung verflüchtigt sich oft schnell. Nur die Arbeiten, welche ich nach Monaten noch halbwegs zufrieden betrachten kann, sind wirklich fertig und gut.
Worin siehst du deine Aufgabe als Künstler? Wie äußert sich deine Stimme im Werk?
Ich liebe Kunst und vor allem die Malerei. Die Suche nach Bildern und das Schaffen von Neuem birgt unendliche Möglichkeiten. Lynda Benglis ist eine Künstlerin, die ich sehr bewundere. Sie hat einmal gesagt, dass man Ideen fühlen kann. Ich denke das bringt es ziemlich gut auf den Punkt und beschreibt das, was ich in einem Bild erreichen möchte. Ich bin stark von anderen, vor allem älteren Maler*innen beeinflusst. Es gibt so viele, dass es keinen Sinn machen würde sie jetzt aufzuzählen und meine Favoriten wechseln auch ständig. Ich denke als junger Maler ist es normal, dass man sich auch etwas von älteren Kolleg*innen abschaut.
Lynda Benglis ist eine Künstlerin, die ich sehr bewundere. Sie hat einmal gesagt, dass man Ideen fühlen kann.
Kurz vor Beginn der Ausgangsperre warst du in der Gruppenausstellung I see a bird, I see a painting of a bird, I see no bird at all, i see… beteiligt. Kannst du uns darüber etwas erzählen?
Der Titel der Ausstellung bezog sich auf ein Zitat von Robert Ryman, welches die Frage aufwirft ob sich die Produktion und Rezeption von abstrakter Kunst nicht zwangsläufig mit Vorstellungen von einer gegenstandsgebundenen Wirklichkeit verbinden. Meine Arbeit zeigt auf den ersten Blick Farbflächen, doch bei längerem Betrachten tun sich immer neue Formen auf. So habe ich beispielsweise am Tag der Eröffnung viele verschiedene Versionen gehört, was in meinem Bild „erkannt“ wurde. Vielleicht wäre es im Sinne Rymans spannend, bewusster an die Betrachtung von Abstraktem heranzutreten, um das Abstrakte auch als ebendieses wahrzunehmen.
Wie nutzt du die Zeit in Isolation? Was hat sich für dich verändert und was fehlt dir am meisten?
Da ich beim Malen stets allein bin, hat sich in dieser Hinsicht nicht viel verändert. Es ist eher so dass ich mehr Zeit habe, da so viele andere Tätigkeiten wegfallen. Die unerfreuliche Gesamtsituation, dass Wegfallen sozialer Kontakte und die generell gedrückte Stimmung wirken sich jedoch nicht besonders förderlich auf meine Schaffensprozesse aus. Ich hoffe die Situation entspannt sich irgendwann bald, man kann wieder mit Freunden draußen einen Kaffee trinken, dann wird mir das Malen auch wieder leichter von der Hand gehen.
Clemens Matschnig – www.clemensmatschnig.com