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Wien Kunst

Interview mit Christian Hutzinger

Christian Hutzinger (*1966), aufgewachsen in Mödling, Old Greenwich (USA) und Ebensee am Traunsee. Studium an der Universität für angewandte Kunst, Wien. Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland, u.a. „still“ MUMOK, Wien 2004, “still 3“ Hagiwara Projects, Tokio 2015 und „slow 3“ Elektrohalle Rhomberg, Salzburg 2022.
Still, MUMOK, 2004
Still, MUMOK, 2004

In seinen Bildern, Collagen und raumbezogenen Arbeiten (vorwiegend Wandmalereien) hat Christian Hutzinger eine Formensprache entwickelt, die zwischen Abstraktion und Gegenstand changiert und von subtilem Humor getragen ist.

Was inspiriert deine Arbeiten?
So banal das klingen mag: es gibt fast nichts, was meine Arbeit nicht inspirieren würde. Städtisches Umfeld und urbane Zusammenhänge sicher mehr als die Natur oder Natureindrücke, obwohl die Arbeit insgesamt von einem organischen Grundgedanken durchzogen ist. Alltägliche Dinge und Zusammenhänge sind ebenfalls einflußreiche Quellen der Inspiration – mehr als Museumsbesuche oder die Kunstgeschichte. Auch mein Archiv unterschiedlicher Fundstücke ist wichtig und zu guter Letzt würde ich auch Musik als eine sehr wichtige Inspirationsquelle bezeichnen.

Christian Hutzinger, 2006
Christian Hutzinger, 2006

In einem Artikel habe ich über deinen „Signature Style“ gelesen. Kannst du diesen mir genauer beschreiben?
Mit dem Begriff kann ich nicht allzu viel anfangen. Das klingt mir zu sehr nach vorgefertigter Schablone, die wahllos über alles gelegt wird. Die Arbeiten entwickeln sich langsam über die Jahre, nehmen bestimmte Formen an und so entsteht dann etwas, das eine gewisse Kontinuität ausstrahlt und manchmal als „Signature Style“ bezeichnet wird. Ich finde es nach wie vor spannend, in einem von mir abgesteckten Bereich Dinge Schritt für Schritt weiterzuentwickeln und mir auch die Zeit zu nehmen, das zu tun. Ich könnte mir nichts einfacheres und zugleich langweiligeres vorstellen, als jedes Jahr etwas komplett „neues“ zu machen bzw. machen zu müssen.

Wie entstehen deine Arbeiten?
Ich zeichne fast täglich, aber selten Skizzen oder Entwurfszeichnungen für konkrete Bilder sondern arbeite eher an einem Kosmos in dem sich all diese Arbeiten und Gedanken befinden. Sehr oft sind das gezeichnete Räume, die von Bildern unterschiedlicher Art bevölkert werden. Die Leinwandarbeiten selbst entstehen ganz klassisch mit Hilfe von Papier- und Kartonschablonen, Bleistift und Klebeband. Dabei ist das Abkleben der auf die Leinwand vorgezeichneten Formen und Linien wie ein nochmaliger Prozess des Zeichnens.

Wie sieht dein Arbeitsplatz aus?
Ich habe Atelier und Wohnung in einem und das Glück viel Raum zur Verfügung zu haben. So kann ich je nach Tages- oder Jahreszeit in mehreren Räumen arbeiten. Während intensiver Arbeitsphasen wächst trotzdem alles schnell zu und der Platz wird knapp.

Belvedere, 2009
Belvedere, 2009

Wann arbeitest du am Liebsten?
Früher habe ich hauptsächlich am Abend und in der Nacht (aber am liebsten überhaupt rund um die Uhr) gearbeitet, dann über sehr viele Jahre fast ausschließlich unter Tags und in letzter Zeit wieder sehr gerne in der Nacht.

Gibt es etwas das nicht viele über dich wissen? Hast du ein besonderes Hobby?
Was wirklich nicht viele von mir wissen ist, daß ich ab meinem 6. Lebensjahr im Chor der ‚Sängerknaben vom Wienerwald‘ gesungen habe, kurz vor der Japan Tournee 1978 (oder 79?) in den Stimmbruch gekommen bin und zu meinem großen Unglück nicht nach Japan mitreisen durfte. Für Hobbys habe ich keine Zeit.

Was drücken für dich die Farben aus? Was assoziierst du mit ihnen?
Meine Farbwahl ist eine sehr subjektive. Über viele Jahre habe ich mich bemüht, in meinen Arbeiten eine Farbigkeit anzuwenden, die den hermetisch gedachten Bildkompositionen entsprechen würde: langweiliges Rosa, „Kinderzimmerhellblau“, das Beige der Interieurs von billigen Hotels und Schokoladenbraun in allen Abstufungen. Habe daraufhin die Farben mit immer mehr und mehr Weiß abgetönt bis Bilder entstanden, die nur mehr aus einem einzigen Farbton und diversen Weißabstufungen desselben bestanden. In gewisser Weise eine Sackgasse. Als eine Art Befreiungsschlag habe ich daraufhin begonnen über mehrere Jahre ausschließlich unvermischte Farben direkt aus der Flasche zu verwenden, mich mit dem dadurch eingeschränkten Farbspektrum auseinanderzusetzen und bin so zu ganz neuen Motiven gekommen. Oft versuche ich, Farben zu verwenden, die den organischen Grundgedanken, der sich durch all meine Arbeiten zieht, betonen und Farbkombinationen, die auf den ersten Blick vertraut wirken, aber doch vom Vertrauten abweichen.

Selbstportrait. Christian Hutzinger
Selbstportrait. Christian Hutzinger

Gelb oder Rot? Warum?
Gelb und Rot waren für mich über viele Jahre tabu, weil zu sehr mit Bedeutung aufgeladen. Mittlerweile bin ich weniger dogmatisch und verwende auch immer wieder Farben und Farbkombinationen, die ich früher für untragbar gehalten hätte, also: Gelb und Rot.

Woran arbeitest du gerade? Wo kann man 2022 deine Arbeiten noch sehen?
Ich möchte in der nächsten Zeit wieder vermehrt an Collagen arbeiten und auch eine Fortsetzung bzw neue Version meines Buches „Was bisher geschah“ (Schlebrügge.Editor, Wien 2007) ist geplant. Meine aktuellsten Arbeiten samt einer Wandmalerei sind noch bis 19. März in der Galerie Elektrohalle Rhomberg in Salzburg zu sehen.

Christian Hutzinger – www.christianhutzinger.com