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Wien Kunst

Georg Oelschlägel über Kunst-Felzl

In der Filiale der Bäckerei Felzl in der Kaiserstraße im 7. Wiener Gemeindebezirk treffen seit Kurzem Kunst und Backwaren aufeinander. Unter dem Titel „Rendezvous“ hat Geschäftsführer Georg Oelschlägel ein Format ins Leben gerufen, bei dem alle sechs Monate neue künstlerische Positionen ausgestellt werden. So erhalten aufstrebende Künstler:innen die Chance, ihre Arbeiten an einem öffentlichen und gut frequentierten Ort inmitten des Wiener Kunst-Grätzl zu präsentieren.
Georg Oelschlägel. Foto: Daniel Lichterwaldt

Wie kam es denn zu der Idee für die Veranstaltungsreihe „Rendezvous“? Was war die Inspiration dafür?
Ich komme aus einer sehr kunstaffinen Familie. Mein Vater sammelt Kunst, meine Stiefmutter hat selbst ein Kunstprojekt ins Leben gerufen, und auch meine Schwester Kata Oelschlägel ist Künstlerin. Somit bin ich von Kunst ständig umgeben. Zur Idee des Kunst-Felzls ist es gekommen, weil ich die Filiale hier in der Kaiserstraße modernisieren und auffrischen wollte. Als ich diese hohen, leeren Wände gesehen habe, habe ich mir einfach gedacht: „Da gehört was an die Wand!“ Da ich in meinem Umfeld viele junge Künstler:innen kenne, ist die Idee gekommen, einen Ort zu schaffen, an dem man diesen Künstler:innen die Möglichkeit gibt, ihre Werke zu präsentieren.

Zum ersten „Rendezvous“ zeigt ihr eine Serie von Sophie-Luise Passow im Kunst-Felzl. Kannst du mir mehr über diese Arbeiten erzählen?
Es ist eine ihrer neueren Serien, die wir hier zeigen – und zusätzlich noch ein großformatiges Auftragswerk. Dabei haben wir ihr volle Freiheit gelassen. Es ist also kein typisches Auftragswerk, bei dem die Auftraggeberer:innen mitbestimmen, wie das Bild am Ende aussieht. Ich habe ihr den Raum gezeigt und habe gesagt: „Mach, was du willst, du kannst komplett frei agieren.“ Und dann ist dieses wunderschöne Werk daraus geworden, das ich sehr ins Herz geschlossen habe. Spannend sind ihre Arbeiten auch deshalb, weil sie immer mit vollem Körpereinsatz arbeitet, mit ihren Fingern, Armen und so weiter.

Georg Oelschlägel. Foto: Daniel Lichterwaldt

Das passt auch großartig zusammen, diese Art des körperbezogenen Malens mit dem traditionellen Backhandwerk.
Ja, genau – das ist die schöne Überschneidung dabei. Auch das Backen, wie wir es hier bei Felzl betreiben, ist eine Arbeit nicht nur mit den Händen, sondern mit dem ganzen Körper. Wir sind noch eine alte, typische Handwerksbäckerei, wo um zehn Uhr abends begonnen wird und die ganze Nacht zuerst die Teige gemischt werden und dann das Brot von Hand geknetet und in Form gebracht wird.

Zusätzlich zu den Gemälden gibt es auch kulinarische Kreationen von Simon Kotvojs, die mit der Eröffnung der Veranstaltungsreihe „Rendezvous“ ins Sortiment aufgenommen wurden. Kommt mit jeder Ausstellung auch eine solche Kreation dazu?
Es soll eigentlich immer ein Rendezvous irgendeiner Art geben. Ich weiß noch nicht, ob es im Herbst vielleicht ein neues Brot aus der Backstube, eine Duftkomponente oder vielleicht etwas ganz anderes sein wird. Grundsätzlich sollen jedenfalls immer zwei oder mehrere Dinge zusammengebracht werden, in der Hoffnung, einen Treffpunkt für die Sinne zu schaffen.

Georg Oelschlägel. Foto: Daniel Lichterwaldt

Gab es schon Resonanzen zu der Veranstaltungsreihe intern oder extern?
Also das, was wir sofort gespürt haben, war natürlich, dass die Kund:innen sehr erfreut waren, als plötzlich Kunst an den Wänden hing. Da haben wir sehr gutes Feedback bekommen. Aber ich glaube auch, dass es nicht nur bei unseren Kund:innen und in der Bäckereiszene ein Aufhorchen gegeben hat – ich glaube, dass es auch in der Kunstszene wahrgenommen wurde. Nicht unbedingt als neuer Offspace, denn wir sind kein Offspace, wir sind keine Galerie, wo, wenn etwas verkauft wird, wir einen Prozentsatz vom Verkaufspreis nehmen. Denn darum geht es bei der Reihe nicht. Etwaige Einnahmen gehören ganz den Künstler:innen. Wir wollen nur fördern, jungen Künstler:innen die Möglichkeit geben, auszustellen an einem Ort, der eine hohe Frequenz an Menschen bieten kann, die vorbeikommen. Wir sind also etwas Eigenes. Eben ein Rendezvous, wo Kunst auf Anderes trifft, aber eben auch der Kunst-Felzl, wo Kunst ausgestellt wird. Hier, mitten im 7. Bezirk, im Kunst-Grätzl, wenn man so will.

Was bedeutet Kunst für dich persönlich? Bist du auch selbst künstlerisch tätig?
Eine gute Frage. In meiner Jugend habe ich mich künstlerisch betätigt – damals arbeitete ich mit Ton. Heute ist meine Art von Kunst mein Bauernhof, wo ich Produkte gestalten und sehr kreativ sein muss. Ich stelle Apfelsaft her, den man auch in den Felzl-Filialen kaufen kann. Man könnte sagen, das ist mein Hauptprodukt, auch, wenn ich den Bauernhof eigentlich für mich selbst betreibe. Daneben mache ich noch Marmeladen, Schnäpse, Honig… alles, was dieses kleine Stückchen Land so hergibt.

Georg Oelschlägel. Foto: Daniel Lichterwaldt

Das klingt nach einem sehr direkten Bezug zu Umwelt und Nachhaltigkeit. Themen, die auch die Bäckerei Felzl auch groß schreibt.
Auf jeden Fall! Die Bäckerei Felzl steht für Nachhaltigkeit. Und ein verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt und mit unseren Mitmenschen ist uns sehr wichtig. Wir versuchen, alles zu verwerten, was wir produzieren. Es kann bei uns also vorkommen, dass knapp vor Ladenschluss nicht mehr alles da ist. Dann sind die Regale halt einfach leer. Und das ist gut so! Denn dadurch sparen wir Ressourcen und müssen nichts wegschmeißen. Dann gibt es auch noch unsere beliebten Brotautomaten, wo nicht-verkauftes Brot noch in der Nacht zum halben Preis angeboten wird. Wie ein Zigarettenautomat, quasi.

Georg Oelschlägel. Foto: Daniel Lichterwaldt

Soll der Nachhaltigkeitsaspekt auch thematisch in den Kunstwerken einfließen?
Natürlich wäre es wunderbar, Künstler:innen zu finden, die das Thema Nachhaltigkeit aufgreifen – das würde hervorragend passen. Doch am wichtigsten ist mir, dass die Künstler:innen ihre Kunst so präsentieren, wie sie es empfinden. Kunst und Künstler:in bilden immer eine untrennbare Einheit. Man kann das eine nicht vom anderen trennen. Daher mein Aufruf: Bei Interesse meldet euch gerne bei uns – alle Ideen sind willkommen.

Was erhoffst du dir von diesem Projekt?
Dass es den Leuten Freude macht, sich mit der Kunst in der Filiale zu beschäftigen und diese weiterzuempfehlen. Es wäre schön, wenn wir nicht nur als eine Bäckerei gesehen werden, die ein paar Bilder aufhängt, sondern dass das hier als etwas Besonderes, Eigenes, Neues wahrgenommen wird. Das wünsche ich mir, auch im Sinne der Filiale. Und ich wünsche mir, dass meine großartigen Mitarbeiter:innen hier so lange wie möglich bleiben, denn letztendlich halten sie den Betrieb am Laufen.

Adresse und Kontakt:
Bäckerei Felzl
Kaiserstraße 51, 1070 Wien
www.felzl.at
www.instagram.com/felzl/

Mehr über Kunst-Felzl findest du hier.