PM: Ihr seid beide künstlerisch tätig. Wie ist es zu einer Zusammenarbeit gekommen?
LS: Wir sind schon seit einigen Jahren in Kontakt und regelmäßigem künstlerischen Austausch. Sei es gemeinsam Ausstellungen anzuschauen, Texte zu diskutieren oder eigene Projekte zu besprechen. Es war ein ganz spezieller Moment und auch eine lustige Geschichte, wie es dann schlussendlich zur Kollaboration gekommen ist.
EK: Im Frühling letzten Jahres fing ich an, mich für ein neues Projekt intensiv mit dem Wald auseinanderzusetzen. Das war die Zeit des ersten Lockdowns, in der ich besonders viel in den Wäldern von Wien unterwegs war und versuchte, dieses Phänomen zu verstehen. Eines vernebelten Tages begegnete ich in einem verwalteten Nirgendwo plötzlich Laura. Aus der Absurdität der Situation kam uns am Ende des Tages die Idee, etwas zusammen zu machen.
PM: Wo seht ihr Gemeinsamkeiten und wo Unterschiede zwischen euch?
EK: Wir haben dieselbe Schuhgröße und Haarfarbe.
LS: Elena ist 2 cm größer als ich.
PM: Könnt ihr ein bisschen über die kommende Ausstellung sprechen. Was wird uns erwarten?
LS: Das kommende Ausstellungsprojekt „Es ist schon vorgekommen, dass Flugzeuge auf dem Rücken flogen, als sie wieder aus den Wolken hervorkamen“ findet von 26. bis 31. Juli 2021 im Sehsaal statt und ist der erste Teil unserer Zusammenarbeit. Eine kleine Preview konnte man aber bereits im Februar im Red Carpet Show Room am Alten Landgut sehen. EK: In dieser Ausstellung dreht sich alles um die Verwirrung der Sinneswahrnehmung und das Austesten von Perspektiven. Wir setzen unsere älteren Arbeiten installativ in neue Kontexte. Die Fotografien greifen in den Raum ein und ermöglichen einen fließenden Übergang von Zwei- zu Dreidimensionalität. Die zwei vorgestellten Projekte, „Auf der Suche nach dem Außen“ von mir und die Barcelona-Arbeiten von Laura, treten in einen Dialog miteinander. Und aus dieser Konversation entspringen neue, gemeinsame Werke, die ebenfalls in die Ausstellung integriert sind.
PM: Welche Themen verarbeitet ihr in der gemeinsamen künstlerischen Praxis?
LS: Mit der Ausstellung wollen wir einen neuen Wahrnehmungsraum schaffen. Dabei spornt uns unseren beiden Streben nach Weite an, Grenzen zu überschreiten. Wir sehnen uns nach einem neuen, freien, unbesetzten Raum. Die Verwirrung der Sinneswahrnehmung verstehen wir hierbei als Grundlage für die Möglichkeit und die Notwendigkeit einer Neuorientierung.
EK: Uns ist es wichtig, dass die Ausstellung einerseits zum Entdecken einlädt und andererseits mit Imaginationen wie auch Assoziationen bei den Besucher*innen spielt. Nur so ist es möglich neue Sichtweisen und Perspektiven zu bekommen.
PM: Welche Medien sind für euch ausschlaggebend?
LS: In dieser Ausstellung spielen vor allem Fotografie, Installation und die Arbeit mit dem Körper eine Rolle.
EK: Das Schöne an der Fotografie ist die Nähe zu unserer visuellen Wahrnehmung, die umso mehr Verwirrung, Desorientierung, Dekonstruktion, Verfremdung zulässt. Weil die Bilder uns so nahe sind, verwirren uns noch so kleine Unstimmigkeiten. Dafür brauche ich das Bild beispielsweise nur drehen. Ein sehr geringer Eingriff, der uns plötzlich neue Welten öffnet.
LS: Die Körper, die Landschaften, die Räume, die hier zu sehen sind, stellen die Frage danach auf, wo man sich befindet, beantworten diese jedoch nicht. Die Betrachtenden müssen sich erstmal selbst umsehen und versuchen, ihre Orientierungspunkte zu finden. Das ist ein wenig so, wie das Heraustreten aus der Pandemie und den unzähligen Lockdowns und der Versuch, zu verstehen, wo man sich in diesem Moment befindet und wie die eigene Ausrichtung ist. Es muss sich jetzt vieles neu ordnen.
PM: Was erhofft ihr euch, bei den Menschen, die durch die Ausstellung gehen werden, mit euren Arbeiten auszulösen?
LS: Wir laden die Besucher*innen dazu ein, den neu entstandenen Raum zu erkunden und sich durch eine Raumcollage zu bewegen, die mit der eigenen Bewegung immer wieder neue Überlagerungen im Blick und neue Perspektiven entstehen lässt. Es geht um den Moment, in dem man vollkommen desorientiert aus den Wolken herauskommt und sich zuerst mal umsehen muss.
EK: Desorientierung ist gut. Denn danach folgt die Neuordnung. Und das bedeutet, es ist etwas passiert. Ein Dialog. Eine Erkenntnis. Eine Veränderung. Ein Abdruck. Der Betrachtungsprozess ist eine Erkundungsreise, auf die wir einladen möchten. Doch die Schwerpunkte dabei – und somit auch die Wahrnehmung – werden immer individuell sein. Das können wir nicht zur Gänze beeinflussen. Und das ist gut so. Ich freue mich, wenn die Betrachtenden neue Ebenen und Tiefen dieser Arbeit entdecken, die nur durch ihre private Geschichte möglich sind. Noch mehr freue ich mich, wenn sie uns diese mitteilen.
PM: An welchen anderen Ideen oder Konzepten würdet ihr gerne in Zukunft gemeinsam weiterarbeiten?
LS: Diese Ausstellung im Sehsaal ist der Anfang einer gemeinsamen Projektreihe. Leider wurde sie aufgrund von Lockdowns mehrmals verschoben. Mittlerweile stecken wir bereits mitten im nächsten Projekt, in dem wir zwei Räume zusammenführen: Nebel und Wald. In dieser neuen Arbeit verbinden wir Performance, Video und Fotografie.
PM: Noch zum Abschluss. Wie seht ihr die Themen Kooperation und Konkurrenz besonders in der Kunstszene?
EK: Ich arbeite gerne mit anderen Menschen zusammen. Ich empfinde Kooperationen für die eigene Praxis bereichernd und inspirierend.
LS: Ja, ich sehe Konkurrenzdenken als toxisch an. Wenn man von der eigenen Arbeit überzeugt ist, dann gibt es keine Konkurrenz. Wir sind alle einzigartig und so ist es auch mit unserer Kunst.
Elena Kristofor – www.elenakristofor.com
Laura Sperl – www.laurasperl.at
Über die Autorin: Paula Marschalek, BA MAS ist eine österreichische Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin. Sie studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien und setzte ihre Ausbildung an der Universität für angewandte Kunst fort, wo sie ihren Master in Kunst- und Kulturmanagement abschloss. Sie arbeitete in renommierten Kunstinstitutionen wie dem Dorotheum und dem Kunsthistorischen Museum, sammelte Erfahrungen am Kunstmarkt als Kommunikations-managerin bei der Galerie Rudolf Leeb und absolvierte von September 2019 bis März 2020 ein Kulturmanagement-Stipendium im MAK Center in Los Angeles, USA. Sie schreibt als freie Autorin für Magazine mit dem Schwerpunkt Kunst und Kultur, kuratiert Ausstellungen und moderiert. Mit Marschalek Art Management entwickelt sie individuell zugeschnittene Kommunikationsstrategien für Kunst- und Kulturschaffende.