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Wien Kultur

Dokumentarfilm. Eva-Maria

Der Dokumentarfilm »Eva-Maria« (Österreich, 2021) von Lukas Ladner entstand aus einem Arbeitsverhältnis heraus. Nachdem er sein Studium der Film- und Fernsehregie an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF abgeschlossen hatte, war Lukas Ladner auf der Suche nach einem Job, der flexibel genug war, um nebenher noch Filme zu produzieren.

So begann er 2016 als persönlicher Assistent für Eva-Maria zu arbeiten, die aufgrund einer spastischen Zerebralparese seit ihrer Kindheit im Rollstuhl sitzt. Im Interview sprach der Innsbrucker mit uns über (Neu-)Bewertungen von Intimität, Nähe, Repräsentation und die Erfahrungen, die er während der Drehzeit in der Doppelrolle als persönlicher Assistent und Regisseur machte.

Der Film zeigt ein differenziertes Por­t­rait von Eva-Maria in der Zeit ihrer Familienplanung sowie während und nach ihrer Schwangerschaft. Wir dürfen sie in verschieden Situationen und Kontexten kennenlernen – von ihrem Arbeitsalltag, ihren Freundschaften und ihrem Familienleben, bis hin zu Arztbesuchen. Eva-Maria bestimmte Nähe und Tiefe der Einblicke dabei fortwährend selbst. Diese Nähe zu Eva-Maria und dem Teil ihrer Persönlichkeit, den sie uns erlaubt kennenzulernen, scheint sich im Film auf der Ebene von körperlicher Nähe zwischen ihr und Ladner widerzuspiegeln: »So etwas wie Berührungsängste gab es zwischen uns nicht«, erzählt der Regisseur. Und doch hat diese körperliche Nähe eine ganz eigene Qualität.

Lukas Ladner film Diagaonle 2021

So erzählt Lukas Ladner: »Diese Art von Arbeit wirkt von außen vielleicht immer sehr intim, obwohl sie es tatsächlich sehr selten ist. Das habe ich vor allem beim gemeinsamen Schwimmen mit Eva-Maria beobachtet. Ich wusste, dass wir auf andere Leute wie ein Paar wirken, weil wir uns körperlich so nahe sind. Mich beschäftigt etwas ganz anderes. Ich denke daran, wer um uns herum ist – Kommt ihr beim Schwimmen jemand in den Weg oder umgekehrt?

Lukas Ladner film Diagaonle 2021

Es gibt unzählige Sicherheitschecks, die ich ständig mache. Gleichzeitig beeinflussen mich solche Erfahrungen natürlich in der Bewertung von Berührungen, weil ich Körperlichkeit neu kennen- und bewerten lernte. Körperliche Berührungen werden komplexer im eigenen Erleben«. Als zentralen Anspruch an den Film nennt Ladner den Wunsch, Eva-Maria und ihr Leben so gut wie möglich für sich selbst sprechen zu lassen, sie nicht in vorgefertigte Erwartungshaltungen zu pressen oder über sie hinweg zu erzählen.

Ein Anspruch, dem er gerecht wird: Der Film zeigt einen intimen Einblick in Eva-Marias Handeln, Denken und Fühlen. Er zeigt Menschlichkeit und Freundschaft und strotzt dabei nur so von Eva-Marias Optimismus und starkem Willen.

Lukas Lader hofft, dass der Film dazu einlädt, »die oftmals als fremd und exotisch dargestellte und konzeptualisierte Welt von Menschen mit Behinderung als so vertraut wie die eigene wahrzunehmen. So können wir vielleicht erkennen, dass es viel mehr Anknüpfung und Identifikation gibt, als wir denken – dass wir alle im Grunde einfach versuchen, ein gelungenes Leben zu führen«.

Lukas Lader – www.vimeo.com/lukasladner

Link zur Sonderausgabe Diagonale – Festival des österreichischen Films