In der Rolle der jugendlichen Tänzerin will sich Johanna Binder gegen die männlich dominierte Welt des Kunstmarkts und deren Hierarchie behaupten. Dabei sind vor allem Humor und Absurdität wichtige Bestandteile von Binders künstlerischer Strategie.
Wie würdest du deine Kunst beschreiben? Welche Techniken kommen vor?
Ich würde meine Kunst vor allem als prozessorientiert, kontextuell und vielgestaltig beschreiben. Vielgestaltig deshalb, weil ich mich verschiedenster Medien bediene und meine Arbeiten vom sozialen Projekt hin bis zur klassischen Galerieausstellung reichen. Dabei arbeite ich gerne sowohl kollaborativ, als auch alleine. Ich bediene mich dabei partizipatorischen Formaten, wie Workshops oder Performances, aber auch Medien wie Malerei, Video, Objekt und Installation. Mir ist es wichtig, kein Universalrezept anzuwenden, sondern auf verschiedene Kontexte jedes Mal aufs Neue reagieren zu können und Strategien zu entwickeln. Eine wichtige Rolle spielt dabei neben einer Bestandsaufnahme, der spezifischen Umstände eines Projekts auch oft die Recherche. Diese hat mich über viele Bereiche geführt, von der Kunst- und Kulturtheorie zur Philosophie, der Psychologie und im letzten Jahr besonders zur Anthropologie und zu Post Colonial Studies.
Diese hat mich über viele Bereiche geführt, von der Kunst- und Kulturtheorie zur Philosophie, der Psychologie und im letzten Jahr besonders zur Anthropologie und zu Post Colonial Studies.
Wie bist zu deinem Stil gekommen?
Etwas in mir widerstrebt sich, diese Frage zu beantworten, da ich noch immer nicht „zu meinem Stil gekommen sein möchte“ und hoffe, noch viele stilistische Umwälzungen in meiner Arbeit erleben zu dürfen. Was ich am ehesten als Stil beschreiben könnte, ist eine Praxis, die sich vieler Erscheinungsformen bedient und dabei synkretistisch ist. Eine Praxis, die sich dem Stil entzieht und ihn gleichzeitig bedient. Dazu gekommen bin ich über eine intensive Auseinandersetzung mit der Malerei, die über ihren figürlichen Gebrauch hin zu ihrer formalen Analyse, über ihren skulpturalen Aspekt bis zu ihrer Performanz geführt hat. Ab dem Zeitpunkt der Performanz hat sich meine Praxis von der Malerei zumindest inhaltlich gelöst, auch wenn ich weiterhin häufig malerisch operiere.
Wann hast du damit angefangen Kunst zu machen?
Ich habe schon als kleines Mädchen stundenlang gezeichnet. Diese Praxis als Kommunikationsmedium und Kunst zu sehen, begann ich mit 17 während eines sehr langen Aufenthalts im Krankenhaus, den ich großenteils zeichnend verbrachte. Von dieser Zeit an war mir klar, dass ich Künstlerin werden wollte und ich begann, mich diesem Plan sehr ernsthaft zu widmen.
Was war der beste Moment, den du dank deiner Arbeit erleben durftest?
Diese Frage lässt sich wiederum nicht im Singular beantworten. Die zahlreichen Auslandsaufenthalte, die ich dank meiner Arbeit in Form von Residencies oder Ausstellungsprojekten erleben durfte, zählen sicherlich zu den besten Momenten für mich. Das Kennenlernen anderer Kontexte, Lebens- und Arbeitsweisen und Kulturen waren und sind für meine künstlerische Praxis und meine persönliche Entwicklung eine große Bereicherung und erfüllen mich mit viel Freude. Dazu gehören natürlich auch die vielen tollen Menschen, die ich dabei kennenlernen durfte. Zu den Highlights dieser Aufenthalte zählen die Residencies in Cali/Kolumbien, in der Cité des Arts in Paris/Frankreich und der Van Eyck Akademie in Maastricht/Niederlande, sowie die Teilnahme an der zweiten Triennale SOS (self-organized systems) in Tiflis/Georgien und der Ausstellung Time and Space in Jerevan/Armenien.
Das Kennenlernen anderer Kontexte, Lebens- und Arbeitsweisen und Kulturen waren und sind für meine künstlerische Praxis und meine persönliche Entwicklung eine große Bereicherung und erfüllen mich mit viel Freude.
Welche Ziele verfolgst du? Und woran arbeitest du gerade?
Eines meiner Ziele ist, meine Arbeit noch breiter aufzufächern und in noch größerem Rahmen arbeiten zu können. Dabei möchte ich vermehrt auch theoretisch, etwa an einem PHD, sowie sozial arbeiten, wie beispielsweise in Form von künstlerischen Projekten an Kinder- und Jugendpsychiatrien, die ich letztes Jahr erstmals in Salzburg umsetzen konnte. Neben einer Einzelausstellung für die Galerie Sophia Vonier, die im Juli stattfinden wird, arbeite ich derzeit an einem Langzeitprojekt: einer fiktiven Doku samt anthropologischem Archiv und der Entwicklung eines nichtbinären hierarchiefreien Paartanzes.
Welche KünstlerInnen bewunderst du?
Ich bewundere all jene Künstlerinnen, die beharrlich und mutig ihren Weg gehen, sich der Kunst leidenschaftlich verschreiben und die den Widrigkeiten des (Künstler*Innen-) Lebens nicht klein beigeben. Künstlerisch bewundere ich besonders jene, denen es durch ihre Arbeit gelingt, für soziale Missstände zu sensibilisieren und auf poetische Weise Politika zu erschaffen, wie etwa Adrian Paci oder Artur Żmijewski.
Johanna Binder – www.johannabinder.at