Die Ziegel haben einen untrennbaren Bezug zu unserem Alltag und lassen uns die Einfachheit und gleichzeitige Komplexität unserer Existenz reflektieren. Nahezu unabhängig wo auf der Welt wir uns befinden, unsere Beziehung zum Ziegel besteht immer, sie sind ein wesentlicher Bestandteil der Geschichte der Menschheit, da mit ihnen unsere soziale Realität in gebaute Strukturen geschaffen wird. Ziegel bestehen aus Ton, welcher überall auf der Erde zu finden ist. Ihn zu formen und zu brennen, bedeutet einen künstlichen Stein zu schaffen, einer der grundlegendsten und wichtigsten Erfindungen der Menschheit. Deshalb glauben wir, dass Ziegel eine wichtige Zelle in der Kultur sind. Das Ziegelmuseum ist das einzige der Welt und befindet sich im 14. Wiener Bezirk. Dieses Museum sammelt und archiviert seit Jahrzehnten Ziegel, zeigt und erzählt ihre Geschichten, sowie ihre verschiedenen technischen und sozialen Implikationen. Seine Sammlung umfasst über 13000 Ziegel, von Babylon, über das alte Rom, bis heute.
„Geformte Erde“ ist die erste Ausstellung zeitgenössischer Kunst, die die Einbeziehung und Wiederbelebung dieses Museums durch die Interventionen zweier junger Künstler_innen anstrebt. Chiara Cordeschi präsentiert Skulpturen und Fotografien, die Teil der Intervention mit dem Museumsraum sind. Ihre Stücke sind von Ziegeln als Metapher für den Einzelnen und die Gemeinschaft inspiriert und sie geben einen Einblick in die Bedeutung von Ziegeln in unserem täglichen Leben. Cordeschis Werke geben eine Lesung für eine Landschaft, in der der Ziegel uns zu sagen beginnt, was wir sind. Ihre Skulpturen erzählen von Elementen wie Erde, Wind und Feuer, bei denen Farbe die Kommunikation mit dem Lebensraum intensiviert. Die erste ihrer Fotographien, zeigen die Seele der Überreste des Wiener Museums, eines restaurierten Gebäudes, das die Überreste der Vergangenheit enthüllt, die auf Ziegelmauern reduziert sind, die in den Himmel schreien. Ihre andere Fotoarbeit ist ein Diptychon, das auf beiden Seiten des Lebens einen Ziegelstein darstellt, der auf der einer Seite von der Natur angeeignet wurde, während die andere Seite uns zum Imaginären oder Lässigen großer Meister wie Arnulf Rainer führt.
wiener ziegelmuseum
Johannes Wieners künstlerische Arbeit beginnt mit einer grundlegenden Analyse des Ziegels, welche versucht ihn nicht als Objekt, sondern als Subjekt zu verstehen. Anstoß für diese Sicht war ein Gedicht der amerikanischen Ureinwohner („I am a rock“, Cesspooch, Akwesasne Notes, 1973), welches davon erzählt was die Menschen von einem Stein lernen können. Dieses Gedicht wurde in einen Ziegel eingraviert, dieser stammt von einem abgerissenen Haus, welches gegenüber von seinem Wohnhause in Wien Floridsdorf stand. Dieses Verständnis auch auf unsere städtische, industriell geprägte Umwelt zu entwickeln, bezeichnet Johannes Wiener als „Urbanen Animismus“. Diese Sicht wird in „Antihegemoniale Archeologie“ weitergeführt, in dem das kaiserliche Wappen aus einem ca. 120 Jahre alten Ziegel entfernt wurde und durch die Spuren von Fingerabdrücken der Ziegelarbeiter_innen aus derselben Periode, welche zufällig durch das Brennen der Ziegel konserviert wurde ersetzt wurde.
Und findet sich auch wieder in „Der Ziegel ist eine Zelle, die Stadt ein Organismus“ in der die mikroskopischen Strukturen von Pflanzen mit Ziegelwänden überlagert werden. Die Ausstellung Geformte Erde ist aufgrund des Öffentlichen Interesses, sowie der Möglichkeit, das einzige Ziegelmuseum der Welt zu entdecken, bis zum 30. Juni geöffnet.
Adresse und Kontakt:
Wiener Ziegelmuseum
Penzinger Str. 59, 1140 Wien
www.ziegel.at