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Wie bist du zur Kunst gekommen – du hast ja zunächst BWL studiert und bist dann auf die „kreative Seite“ gewechselt?
Man hat mir immer gesagt, Kunst sei ein tolles Hobby – aber nichts was man ernsthaft als Beruf machen könnte. Es ist „eh“ gut, wenn man schön zeichnet. Damit ist die Kunst ausbildungstechnisch zunächst einmal in den Hintergrund gerückt und mir eher ausgeredet worden. So hat es sich ergeben, dass ich im BWL-Studium gelandet bin. Wahrscheinlich habe ich es mir und der Welt beweisen müssen, dass auch ich ein „schwieriges“ Studium abschließen kann. Das Zeichnen war trotzdem immer da und ist mit den Jahren immer mehr geworden. Ich habe dann versucht Freiräume für die Kunst zu finden. Damals war ich Assistenz der Geschäftsleitung, bis ich gemerkt habe, beides geht sich nicht mehr aus. Vor fünf, sechs Jahren ist dann die Entscheidung gefallen, mich ganz auf die Kunst zu konzentrieren – ohne einen sicheren Job zu haben. Ich habe mich gefragt, was für mich Sinn, Bedeutung hat und, womit ich etwas verändern kann und was die Dinge sind, die mir im Leben wichtig sind.

Julia Bugram Raising Hands

Was kann man aus BWL für Kunstprojekte lernen?
Viele Leute vergessen oft, dass Kunst irgendwo auch ein Business ist. Tatsächlich sogar wahnsinnig viel. Ich denke, alles was uns im Laufe des Lebens widerfährt, führt uns dorthin, wo wir im Leben hinsollen. Als Assistenz der Geschäftsleitung muss man schon einige Fähigkeiten haben, die man auch sehr gut in der Kunst nutzen kann, wie zum Beispiel den Überblick zu behalten, ein Gefühl für Zahlen zu haben und Projekt-Managements-Skills, wodurch man Planung und Administration im Auge hat. Was auch sehr wichtig zu wissen ist, ist was mein Gegenüber für Informationen braucht, um mein Projekt zu unterstützen. In der Kunst fällt es leider häufig unter den Tisch, dass man zwangsläufig in die Selbstständigkeit getrieben wird, noch dazu in einer eher unregulierten Branche. Im Kunstsektor wird über den Business Aspekt nur ganz wenig gesprochen! Daher habe ich 2020 gemeinsam mit Paula Marschalek und Christian Bazant-Hegemark das Gesprächs- und Netzwerkformat „JOMO – Joy of Missing Out“ gegründet, bei dem wir online unter anderem über diese Themen sprechen und KünstlerInnen sich gegenseitig supporten wie auch vernetzen können.

Du hast dein Projekt „Raising Hands“ über Crowdfunding finanziert. Crowdfunding passt gut zu deinem Konzept, da es darum geht, Kunst partizipatorisch zu gestalten. Die Leute bestimmen selbst und direkt darüber, welches Projekt sie sehen wollen. Prinzipiell bietet Crowdfunding KünstlerInnen neue Möglichkeiten sich von Institutionen unabhängig zu machen. Wie bist du auf diese Idee gekommen?
„Raising Hands“ hat sich aus dem Vorprojekt „Achtung Ameisen“ entwickelt, das bereits sehr viele Leute über die Kunst und das gemeinsame Schaffen zusammengebracht hat. Dann war die Frage, wie ein Projekt aussehen muss, das niederschwellig und schier unmöglich ist und nur als starke Gemeinschaft realisiert werden kann. Es hat sich so entwickelt, dass die Unmöglichkeit – zahlenmäßig – bei einer Million beginnt. Die nächste Frage war nach einem Zeichen, das für Stärke, Gemeinsamkeit und Zusammenhalt steht und international verständlich ist. Stück für Stück entstand die Idee einer dreidimensionalen Skulptur in Form zweier sich helfenden Hände. Das Konzept habe ich dann Herrn Dr. Haselsteiner vorgestellt und unter der Auflage, ein erfolgreiches Crowdfunding zu absolvieren hat er uns seine Unterstützung zugesichert. Wir waren auch sehr erfolgreich und haben ohne Abzüge der Plattform knappe 30.000 Euro eingenommen. Zum Crowdfunding muss ich trotzdem sagen, dass man oft unterschätzt, dass es wahnsinnig viel Arbeit ist und wie viele Faktoren darauf Einfluss nehmen. Den meisten ist nicht klar, dass 80% der Einnahmen aus dem persönlichen Umfeld kommen. Man braucht außerdem ein professionelles Video, um das Projekt zu erklären und auch „Goodies“, die die Spendenden erhalten, müssen divers und attraktiv gewählt sein, damit für jeden etwas dabei ist. Die meisten Leute spenden im Schnitt um die zehn bis zwanzig Euro.

Julia Bugram Raising Hands

Wieso heißt dein Projekt „Raising Hands“? Welche Message möchtest du damit an die Gesellschaft weitergeben?
„Raising Hands“ bedeutet sich für die Gemeinschaft zu erheben und etwas für die Gemeinschaft zu bewegen. Für mich ist die wichtigste Message, dass wir gemeinsam auch die schwierigsten Hürden überwinden können. Was mir im BWL-Studium vermittelt wurde, beinhaltete nämlich immer die umgekehrte Message: Wenn du deinem Nachbarn hilfst, ist er der nächste, der deinen Job kriegen wird. Also, überleg dir sehr gut, ob du irgendjemanden hilfst. Das ist doch absurd! Wenn wir gemeinsam arbeiten, erreichen wir doch viel mehr! Es macht mehr Spaß, es ist einfacher. Es gibt niemanden, der alles kann – egal wie talentiert wir sind. Es macht viel mehr Sinn, die Fähigkeiten zu nutzen, die jeder von uns mitbringt.

Durch die Teilnahme unzähliger Menschen bei diesem Projekt löst sich der klassische Begriff der Künstlerin auf. Wie siehst du daher die Funktion des Künstlers in der Gesellschaft?
Für mich ist es besonders wichtig einen Anreiz zu geben anders zu denken, umzudenken, und auch Wertesysteme zu vermitteln, die vielleicht etwas anders sind, als jene, die ganz klassisch in der Gesellschaft aufgezeigt werden. Und, letztlich auch das Bild des Künstlers umzudenken. Das Gemeinsame wird für mich auch zu einer Art Kunst und Partizipation. Im besten Falle sind Leute, die mitgemacht haben, von meinen Themen inspiriert: In diesem Projekt geht es um Solidarität; also trage ich vielleicht mal dem Nachbarn den Einkauf rauf oder lächle jemanden auf der Straße an, der grimmig schaut. Ich denke, dass Kunst ein Fingerzeig ist und dort hinzeigt, wo es häufig weh tut. Dort, wo es unangenehm ist, aber wichtig wäre hinzuschauen. Auf jeden Fall ein kritischer Moment, wo man Aufmerksamkeit für Themen schafft, die sonst häufig vernachlässigt werden. Kunst ist frei und darf wahnsinnig viel!

Julia Bugram Raising Hands

Gerade in der Corona-Zeit, in der wir wenige Möglichkeiten haben Kunst zu erleben, stellt sich die Frage, was der Künstler der Gesellschaft bieten kann und wie der Bedarf an Kunst eigentlich aussieht. Wie stehst du zu diesem Thema?
Was den Leuten oft nicht bewusst ist, ist wo die Kunst überall wirkt: Jede Musik, jedes Buch, jedes Bild, jedes Design, jeder Film – man ist eigentlich andauernd mit der Kunst konfrontiert, aber es fällt uns überhaupt nicht auf! Wir nehmen sie so selbstverständlich. Kunst wird oft als „irrelevanter Beruf“ deklariert, obwohl wir sie täglich konsumieren. Erst wenn uns bewusst wird, dass wir immer von Kunst umgeben sind, wird uns die Rolle der Kunst in der Gesellschaft und die des Künstlers bewusst werden. Und, auch die Bedeutung für einen selbst. Ich bin auch ein Freund davon, dass man [Kunst als] Arbeit ganz neu denken sollte. Was ist Arbeit überhaupt? Was sagt denn das über uns aus, wenn Arbeit etwas ist, was wir hassen müssen? Das sind so viele veraltete Werte, die schon längst kritisch hinterfragt werden sollten.

Bei „Raising Hands“ gibt es auch die Möglichkeit an der Skulptur im eigenen Wohnzimmer mitzubauen. Das ist ein „Kunst-als-Praxis-Aspekt“, der sich grundlegend davon unterscheidet, vor einem Bild im Museum zu stehen. Dadurch wird Kunst von der öffentlichen Bühne in den intimen, eigenen Raum überführt. Was ist also der Unterschied, wenn Kunst im eigenen Wohnzimmer kollektiv praktiziert wird, als alleine vor einem Bild im Museum zu stehen?
Das Museum ist häufig mit Elitarismus verbunden. Das ist erstaunlicherweise für ganz viele Menschen eine Eintrittsbarriere; dass man sich gar nicht traut in ein Museum zu gehen. Und dann ist dort dieses heilige Ding an der Wand, das dann angehimmelt werden soll und muss. Eine doch eher distanzierte, hierarchische Herangehensweise. „Raising Hands“ war bewusst niederschwellig angesetzt. COVID hat uns auch sehr getroffen und wir haben uns daher überlegt, wie wir dahingehend das Projekt am besten gestalten können. Man kann sich die Ein-Cent-Münzen und Platten der Skulptur (innerhalb von Wien) kontaktlos schicken lassen und dann ganz entspannt zu Hause an diesem Kunstprojekt teilnehmen. Quasi nicht am Abend fernsehen, sondern „Kunst machen“.

Julia Bugram Raising Hands

Welche theoretischen Backgrounds inspirieren dich? Ist Kunst eine Praxis? Oder eine Theorie? Wie ist hier das Verhältnis von Praxis zu Theorie?
Das Projekt soll theoretisch unmöglich sein – aber praktisch machbar. Wir haben uns gefragt: Was ist denn für die meisten unmöglich? Oft war das die Zahl 1,000,000 – eine Million Ein-Cent-Münzen. Das ist für die meisten gar nicht mehr fassbar. Außerdem kam oft die Frage auf, warum wir Geld zerstören. Das Geld gilt als zerstört, da wir einen Industriekleber von unserem Kooperationspartner Henkel benutzen. Dadurch ist es kein intaktes Zahlungsmittel mehr und wertlos. Geld wird hier aber nicht zerstört, sondern transformiert; vom ökonomischen Kapital zu sozialen und kulturellen Kapital. Es wird am Ende mehr [wert], da ja die Partizipation etwas Anderes daraus macht. Es sollte ein Betrag sein, der wertlos erscheint, aber letztlich einen riesigen Unterschied macht. Die meisten Menschen lassen Cents am Boden liegen, denn die seien ja „nichts wert“. Es ist sehr spannend und kontrovers mit Geld zu arbeiten.

Julia Bugram – www.juliabugram.com
Raising Hands – www.raisinghands.net


Jana Winter studiert Philosophie im Master an der Universität Wien und ist Gründerin des Philosophie-Podcasts [FWD:] (gesprochen „Forward“). Sie beleuchtet philosophische Fragestellungen mit diversen InterviewpartnerInnen zu gesellschaftskritischen Themen aus Kultur, Kunst und Politik. Das Ziel: Den philosophischen Diskurs wieder salonfähig zu machen.

Anna Bochkova was born in Rostov-on-Don, where she started her initial studies in art school. Very soon, she realized that this situation was not leading her to the path of self-realization.

Nina Archer’s studio in the Shropshire hills overlooks long views of hills and rolling countryside and she spends a lot of time walking and observing her immediate environment.

Drei Tage voller Kunst und Kultur: Von 24. – 26. Juni 2021 öffnet der Creative Cluster in Wien Margareten seine Türen: Rund 140 Künstler*innen und Kulturschaffende präsentieren ihre Arbeiten.

Borjana Ventzislavova’s project critically expands on dualism between nature and human being, nature and culture, nature and technology. Aesthetically inspired with science fiction of the 1980s.

Steirische Künstler*innen der Kunstakademie Wien zeigen ihre Arbeiten im Kunsthaus Weiz. Ausstellende Künstler*innen: Nanna Kaiser, Patrick Winkler, Tobias Ehrhardt, Sofie Fatouretchi, Jakob Kolb, usw.

Galleria Umberto Di Marino is delighted to present André Romão’s third solo exhibition. The title of the show comes from André’s deep fascination with the Chinese literary tradition of the fantastic tale.

Die Arbeit von Sofia Cruz Rocha spielt innerhalb dieser Konzepte, die in der zeitgenössischen Kunst ausdrückt werden. Aus dem Studium der hermetischen Philosophie entsteht eine eigene Bildsprache.

Das Angewandte Festival findet heuer zum dritten Mal von 29. Juni bis 2. Juli 2021 statt. Wir haben Lena Kohlmayr, Leitung des Kuratorischen Teams, fünf Fragen rund um das Festival gestellt.

Art logistics are an excellent excuse to travel, giving some fun to our wild souls. During a studio relocation in 2019, Luigi expressed the wish for a travelling exhibition. Some months later, we got a van.

In der Ausstellung „Im Schein von Rauch und Flamme“ setzt sich Florian mit zwei Regionen auseinander, die sich durch ihre reiche Naturlandschaft charakterisieren: Tirol und Zentralkalifornien.

Es brodelt wieder in unseren Räumen und aus uns heraus. Seit drei Jahren bildet das Angewandte Festival den Abschluss und Höhepunkt des Studienjahres an der Universität für angewandte Kunst Wien.

Anka Helfert’s solo show ‘Grey Garlands’ took place in April at the Prám Studio, Prague. Despite having seen it only digital (which is a new norm), I am keen on sharing my thoughts about it.

„Was macht uns zu Menschen, wie sieht ein authentisches Leben aus, und in welchem Maße spiegelt Kunst das eigene Verhältnis zur Welt“, das sind die Fragen, die Karin Zeiner Salzmann antreiben.

Julian Oberhofer Felderer arbeitet in Wien und Südtirol. In seiner Technik wird ein Realismus angestrebt, der aber durchaus surreal durchbrochen ist und abstrakte Elemente zulässt.

Anne Bengard wurde in Leipzig geboren und lebte in Berlin, bis sie im Alter von 9 Jahren in eine kleine Küstenstadt im Südwesten Englands zog, was zu einer doppelten Erziehung führte.

Mifuu Oda was born in 1997, graduated from Osaka University of the Arts, Department of Art Planning. She is a young artist who works on the symbolic image of a “girl” with shades of acrylic paint.

FJBAUR ist ein Pendler zwischen Kunst und Mode. Seine Objekte sind Resultate einer prozessualen Handschrift, die zwischen Struktur, Ordnung und Offenheit sowie Heterogenität andererseits changieren.

Russischer Ausnahmekünstler Vasily Klyukin stellt erstmals in Wien aus Ausstellung „Civilization. The island of the day before“ im Bank Austria Kunstforum zeigt Querschnitt durch sein Schaffen.

Vethan Sautour is a French conceptual artist based in Vienna, who has been exhibiting since 2018 across the globe. Believing that art should be the bearer of a message, she tackles the issues of climate change.

Nachdem Sarah Bzoch mit 15 Jahren die Schule abbrach und eine Ausbildung als Make-up-Artist machte, arbeitet sie nun mit gerade Mal Anfang zwanzig für internationale Größen wie Conchita Wurst.