Dabei geht es ihr aber nicht um einen Stillstand, sondern um ein mögliches Potenzial. Zwischen Auflösung und Zusammenfinden entfalten ihre Werke eine ebenso spielerische wie prägnante Bildsprache.
Was ist dir am wichtigsten, wenn du ein neues Kunstwerk beginnst?
Dass alle meine Pinsel sauber sind. In meiner Arbeitsweise spiele ich viel mit Zerstörung und Neuaufbau (Reparaturbilder, wie ich sie nenne). Ich möchte während des Malens herausfinden, mit welchen Herausforderungen ich es zu tun habe und was diese von mir verlangen. Wenn ich bereits im Voraus wüsste, was dabei herauskommt, würde mich der Prozess nicht mehr interessieren. Eine Voraussetzung für ein gutes Bild ist, dass ich selbst neugierig sein muss, was im Arbeitsprozess passieren wird. Zwar beginne ich beim Malen mit einer Idee, die ist aber eher unkonkret. Notizen, Skizzen und Zeichnungen geben mir Anhaltspunkte. Ich verlasse den vorgezeichneten Weg und gehe in die entgegengesetzte Richtung, nur um später wieder umzukehren. Ich arbeite fokussiert und schaffe mir zugleich Freiräume, um nicht versehentlich in meinem eigenen Schaffen gefangen zu sein.
Welche Rolle spielt die psychologische Dimension in deiner Kunst?
Auf der thematischen Ebene spielt die Psychologie in meiner Kunst keine große Rolle. Aber ich denke auch, dass Bilder in gewisser Weise immer auch Selbstportraits sind. Das geht ja auch gar nicht anders, man kann ja nicht aus sich heraus. Jedes Kunstwerk zeigt natürlich, womit man sich beschäftigt, was man sieht, in welcher Realität man lebt. Aber ich versuche nicht, konkrete psychologische Zustände abzubilden.
Was verstehst du unter „subjektiven Räumen“?
Die Räume, die ich zeichne und male, sind immer in der Realität verankert, setzen sich aber aus Gleichzeitigkeiten von Beobachtungen aus verschiedenen Winkeln zu unterschiedlichen Zeitpunkten zusammen. Die vermischen sich in der Malerei mit gestuellen Pinselstrichen oder werden zu einem Farbraum, der über das Gesehene hinausgeht. Es ist mir wichtig, dass es einen Bezug zur Welt gibt, aber die Räume selbst sind imaginiert. Die Bilder verändern sich über den Malprozess so stark, dass in den Malereien nicht mehr viel davon zu sehen ist: Die liegen dann darunter. Teilweise sind die Räume auch mit zeichnerischen Notizen gefüllt, die dann auch das Innen nach Außen holen. Es sind also Blickwinkel der Figuren, der Betrachterinnen oder meine eigenen – und die verflechten sich.
Wie hat sich deine Kunst im Laufe der Zeit entwickelt?
Meine Akteure waren immer schon Figuren und die Farbe selbst, und die habe ich immer in unterschiedlicher Weise eingesetzt und bei Bedarf auch mal ausgetauscht (vornehmlich gegen Vasen). Was ziemlich konsistent war, war eine ganz bestimmte Farbpalette, denke ich. Es gab eine Zeit während meines Studiums, in der ich unbedingt rein abstrakte Bilder malen wollte, weil ich diese so sehr bewunderte – das habe ich dann eine Weile auch gemacht. Dabei habe ich aber gemerkt, dass mich das gar nicht so interessiert. Die Vorgehensweise schon – und die setze ich auch ein in den Bildern, die ich heute male. Meine Themen sind Beobachtung, Körper(-gefühle), Malen als Denkprozess, Malen als Spiel, Malen als Arbeit, Konsum und Utopien.
Wie ist die Serie „Bodies and Spaces“ entstanden?
Das ist der Arbeitstitel meiner Aktenzeichnungen. Den Kurs habe ich mein ganzes Studium über besucht. Zu Beginn waren es eben nur Aktzeichnungen, und dann habe ich bemerkt, dass da noch etwas passiert. Meine Zeichnungen haben sich verändert und wurden dann zu eigenständigen Arbeiten. Die habe ich unter dem Titel „Bodies and Spaces“ zusammengefasst und letztes Jahr in einer Ausstellung gezeigt. Die meisten meiner Projekte haben Arbeitstitel. Da ich an vielem gleichzeitig arbeite, macht es das so für mich einfacher, einen Überblick zu behalten und mich zu fokussieren. Meine bisher größte Werkserie läuft unter dem Titel „unknown knowledge“. Daran arbeite ich im Moment.
Hast du Idole?
Tatsächlich hat eins meiner Malereien den Titel ‚Idole‘. Das Wort ‚Idol‘ ist ja immer an eine bestimmte Person gebunden – oder vielmehr an ein Bild, das man von dieser Person hat. In diesem Sinne habe ich wohl keine Idole. Es gibt aber viele großartige Menschen in meinem Umfeld, die ich sehr schätze und von denen ich zu lernen versuche.
Wie lange hast du an deiner Diplomausstellung gearbeitet?
An den Malereien habe ich über einen Zeitraum von vier Monaten gearbeitet. Der gedankliche Prozess dahin ging natürlich schon länger. Wirklich angefangen zu verstehen, worum es bei der Ausstellung geht, habe ich erst einige Wochen vor der Eröffnung. Das ist bei mir meistens so. Ich muss erstmal viel malen, bevor die Bilder mir sagen können, was sie eigentlich von mir wollen.
Welche Pläne hast du nach Abschluss deiner Diplomausstellung?
Im Moment richte ich mein neues Atelier ein und arbeite dort an einer neuen Serie. Ich habe einige Kooperationsprojekte mit anderen Künstlerinnen für nächstes Jahr geplant – und ein paar Gruppenausstellungen. Dieses Jahr habe ich noch eine Einzelausstellung. Die ist am 17. Oktober im wasserwasser in der Alpenmilchzentrale, einem meiner liebsten Offspaces in Wien. Dort werde ich die Malereien zeigen, an denen ich gerade arbeite.
Lisa Breyer – www.instagram.com/lisa__breyer/, www.lisabreyer.com
Lisa Breyer ist eine deutsche Künstlerin. Sie studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Erwin Bohatsch und schloss ihr Diplom bei Michaela Eichwald und Thomas Winkler dieses Jahr mit einem Würdigungspreis ab. Sie lebt und arbeitet in Wien.