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Münster Kunst

Camilla Steinum. Symptom, sympathy

Die in Berlin lebende, norwegische Künstlerin Camilla Steinum (*1986 in Oslo) arbeitet vorzugsweise mit Materialien, Formen und Objekten unseres täglichen Gebrauchs, die sie zu Installationen und Assemblagen verdichtet, aus denen sich neue Kontexte und Wirkungen entfalten.

Im Vordergrund steht dabei auch immer wieder eine emotionale Verbundenheit mit diesen Objekten sowie eine körperliche Erfahrung des Raumes. Für den Westfälischen Kunstverein entwickelt Steinum eine neue raumgreifende Installation, die den Einfluss von Objekten und räumlicher Erfahrung auf die Erinnerung und Mnemotechniken aufgreift und den Kunstverein über eine zaun-ähnliche Architektur in einen Parcours verwandelt.

Camilla Steinum „symptom, sympathy“ Westfälischer Kunstverein
Ausstellungsansicht. Camilla Steinum „Symptom, sympathy“

Seit Jahresbeginn und vermehrt während ihres sechsmonatigen Stipendienaufenthalts am WIELS in Brüssel recherchierte Camilla Steinum zur Geschichte, Training und Konstruktion von Erinnerung. Während manche Erinnerungen plötzlich wach werden, meist getriggert durch unbewusste Impulse (Gerüche, Orte, Bilder), und oftmals mit subjektiven Emotionen verknüpft sind, so fallt das forcierte Erinnern bestimmter Inhalte und Fakten mitunter schwer und kann mithilfe bestimmter Techniken trainiert werden. Hierbei macht man sich zunutze, was üblicherweise unterbewusst abläuft: Man verortet die zu memorierenden Daten räumlich (nach der sogenannten Loci-Methode) oder übersetzt sie in besonders auf- fällige Bilder (wie etwa Zahlen in der sogenannten Major-Methode). Hierbei wird schon deutlich, wie individuell natürliche und auch konstruierte Erinnerung funktioniert, wie sehr sie von persönlichen Erfahrungen, Interessen und auch unterbewussten Fantasien geprägt ist. Ist das gewählte Bild zu fad, wird es nicht haften bleiben, wird die Mnemotechnik nicht erfolgreich sein.

In diesen Aspekten der Ortsbezogenheit und der Auffälligkeit sowie Wirkmacht von Bildern und Objekten liegt also schon eine Verwandtschaft zwischen Erinnerungen und Kunstbegegnungen: Beide schreiben sich auf eine ähnliche Art und Weise in uns ein und reagieren mit dem bereits Vorhandenen – mitunter auch auf einer emotionalen Ebene.

Camilla Steinum „symptom, sympathy“ Westfälischer Kunstverein
Ausstellungsansicht. Camilla Steinum „Symptom, sympathy“

In diese Zeit der künstlerischen Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Theorien zur menschlichen Erinnerung und mit Methoden zum Gehirntraining fiel die erste Welle der Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020, die auch unser aller Bewegen im Raum einschränkte und strenge Wegführungen in Ausstellungen mit sich brachte. Ausgehend von diesen, die Besucher*innen „bevormundenden“ Richtungs- vorgaben, wollte Camilla Steinum den großen Ausstellungssaal des Kunstvereins, der die größtmögliche Bewegungsfreiheit bietet, derart strukturieren, dass eine Führung, ein „richtiger Weg“ angeboten wird, es aber immer noch Wahlmöglichkeiten gibt. An die Stelle des freien Flanierens im Ausstellungsraum tritt eine Regulierung – wie beeinflusst dieser Eingriff die Kunstbetrachtung und -wahrnehmung?

Adresse und Kontakt:
Westfälischer Kunstverein
Rothenburg 30, 48143 Münster – Deutschland
www.westfaelischer-kunstverein.de