In wirtschaftlich tristen Zeiten (20er-Jahre, Zwischenkriegszeit,..) wurde nachweislich mehr getanzt als in der Hochkonjunktur. Tanz ist ein meist billiges Vergnügen, was zählt, ist das Können, die Musikalität und der Witz der Tanzenden, nicht deren Stellung in der Gesellschaft.
Die Situation der Tanz-Anbieter*innen, meist ehemalige Profi-Tänzer*innen, die nach ihrer aktiven Bühnenkarriere Studios betreiben und dort unterrichten, stellt sich in Österreich meist prekär dar, das hat sich in Zeiten der Pandemie noch besonders verschärft – einige der von mir zu fotografierenden Studios haben nach der Terminvereinbarung für das Foto-Shooting für immer ihre Pforten geschlossen und sind z.B. zu Lagern umfunktioniert worden. Den Tanzenden als Künstler*innen ergeht es wie vielen Kreativen: sie können nicht anders, als ihre Leidenschaft und Berufung zu leben – selbst dann, wenn sie davon kaum (über)leben können.
Die Räumlichkeiten, in denen in Wien Tanz stattfindet, stellen sich sehr heterogen dar und ihre Erscheinungsform folgt dabei oft dem Image/der Szene des dort angebotenen Tanzes selbst; so finden sich Hip Hop-Anbieter*innen oft in dunklen Kellern mit Graffitis an den Wänden, Tango-Studios verbreiten morbiden Charme, Tanzschulen, in denen Standard-Tänze unterrichtet werden, versuchen mit dunkler Holztäfelung, Spiegeln und Kristalllüstern einen Hauch von Eleganz der Wiener Bälle zu vermitteln…
Für mich ist jeder Tanz-Raum verändert, wenn in ihm getanzt/geprobt wurde, auch wenn niemand mehr von den Tanzenden anwesend ist – irgendetwas bleibt, zumindest für einige Zeit, im Raum erhalten…in Gesprächen mit Tanzraum-Betreiber*innen hat sich gezeigt, dass auch diese so empfinden. Ich Rahmen des über einen Zeitraum von rund einem Jahr laufenden Projekts habe ich diese Empfindungen fotografisch festhalten, dazu wurde in Wiener Tanzstudios je ein S/W-Bild von kürzlich betanzten, nun aber verwaisten, Räumen aufgenommen.
Ich möchte den Zauber dieser äußerlich sehr unterschiedlichen und doch in ihrer Funktion analogen Örtlichkeiten einem weiten Feld von Betrachter*innen näherbringen. Alle Bilder wurden bewusst aus Perspektive der Tanzenden aufgenommen, ohne „schönes“ zusätzliches Foto-Licht, verwendet wurde jeweils die vorhandene Beleuchtung, so wie es potenzielle Benutzer*innen der Räume auch sehen würden.
Präsentation am 29.11.2022, 19.00 Uhr im Tanzhotel, Zirkusgasse 35.
Julius W. Chromecek – www.julius-werner.at