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Stuttgart Kunst

Interview mit Fabian Treiber

Fabian Treiber malt Interieurs und Landschaften. Sie sind eigenartigerweise ein Stück weit unscharf und ihre Oberflächen kühl, fast unnahbar. Irgendwie flirrend. Sie wollen mit flanierendem Auge geschaut sein: Mal verweilt es dabei an dieser, mal an jener malerischen Konkretion.
Künstler Fabian Treiber. Foto:
Künstler Fabian Treiber. Foto: Nils Müller

Dennoch erkennt man auf den ersten Blick kaum wirklich, wie Fabian Treiber malt – wie diese Bilder zu entstehen scheinen. Zudem ist keines Falls gewiss, wie weit angesichts seiner Bilder Begriffe tragen – ob etwa eine Form aus pastosem Farbmaterial, die wie ein gebackener Farbkeks satt über hauchdünnen Lasuren steht, überhaupt in Worte zu fassen sei. Fabian Treibers Bilder scheinen mit dem Wunsch zu spielen, dass dies tatsächlich nicht gelinge.

Er hat sich rein formal den klassischen Sujets Interieur, Stillleben und der Landschaftsmalerei verschrieben und nutzt diese, um in seinen Malereien subjektive Projektionen und unsere Wahrnehmung von Erinnerung und Wirklichkeit zu hinterfragen. Hierbei trifft Treiber, seine Entscheidungen im Bild immer formal und nicht narrativ. Dabei provoziert er den bewussten Bruch, um so auch das vermeintlich Falsche zur einzigartigen Qualität der Malerei selbst zu erklären – mit dem Effekt, dass seine Arbeiten irgendwie widerständig und versöhnlich zugleich sind.

Was inspiriert dich?
Tatsächlich stelle ich mir diese Frage gerade sehr oft. Wohlmöglich auch nur, um immer wieder abzutasten, wohin die Arbeiten im Moment zu driften scheinen. Es ist ja nicht so, dass ich mir konkrete Vorbilder suche und mich im Anschluss an die Umsetzung mache. Meine Arbeiten könnten so nicht entstehen. Vielmehr entdecke ich immer wieder, dass das was mich zu interessieren scheint, bereits in den entstehenden Malereien angelegt ist, ohne dass ich es bewusst provoziert hätte. Dennoch weiß ich, dass das was sich mir in den Bildern zeigt, im Vorfeld in mich eingesickert sein muss. Das kann dann nahezu alles sein. Dennoch glaube ich zusehends, dass es schlussendlich die Entdeckungen in den Malereien selbst sind, welche mich wirklich inspirieren.

Ich glaube, dass ich viel zu tief drin stecke, als dass ich hierzu irgendetwas sinnvolles beitragen könnte. Mir gefiel aber immer die Idee von gemalten Erinnerungen.

Wenn du malst, welche Emotionen kommen bei dir hervor?
Tatsächlich bestenfalls keine, oder eben keine starken Emotionen. Ich habe gelernt, dass Emotionen keine gute Orientierung für mich bieten. Ich denke, das lässt sich sogar in den Bildern ablesen. Hier wird nahezu nichts anekdotisches von mir preis gegeben, obschon wie ich vorhin erwähnt habe, unzählige Fragmente durch mich in die Bilder einsickern. Ich bin daher bis zu Letzt beim Malen bemüht eine gewisse kühle Harmonie und Distanz zu erzeugen.

Was bedeutet dir die Kunst?
Schwer vorstellbar, so ohne Kunst zu sein.

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Ausstellungsansicht: Sunrise Doesn’t Last All Morning, 2022, Anat Ebgi Gallery, L.A., Foto: Anat Ebgi Gallery

Wie stehst du zur farbe Grün?
Grün ist tatsächlich eine meiner Lieblingsfarben. Ich glaube allein, da die Natur, eine Unmenge davon bereit hält. Es fasziniert mich immer wieder; und am Beispiel von Grün lässt sich das vielleicht gut nachvollziehen, dass unsere Vorstellungen von etwas, auf das wir uns vermeintlich alle geeinigt haben, wie bspw. die Vorstellung einer grünen Wiese, bei genauerer Betrachtung, weit auseinander zu gehen scheinen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob wir das Selbe sehen, wenn wir es vor uns haben. Was also existiert, ist eine Art „common-sense“, wenn wir über Farben und die dazugehörigen Ideen sprechen. Damit umzugehen und Farben so einzusetzen, dass sie regelrecht informieren, bereitet mir große Freude.

Hörst du Musik beim Arbeiten? Wenn ja welche?
Ich höre wirklich viel Musik und sie hilft mir als Antrieb, um in einen gewünschten „Arbeitsmodus“ zu kommen. Das kann aber sehr unterschiedlich sein. Mal benötige ich die Musik zum runterkommen und ein anderes Mal, um mich zu pushen. Je nachdem suche ich mir den passenden Sound. Da kann sich dann bspw. schonmal Nick Cave, Damon Albarn oder Roxy Music, mit Acid Pauli und Roots Manuva abwechseln. Am liebsten und produktivsten ist mir die Musik am Abend, wenn „geschaut“ wird.

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Where The Current Rushes By, 2021, Acryl, Tusche, Ölpastell und Pastelkreiden auf Nessel, 140×240

Woran arbeitest du momentan? Hast du bereits Projekte für das Jahr 2023 geplant?
Momentan habe ich es etwas ruhiger und mir bleibt etwas Zeit, um wieder ein bisschen zu recherchieren. Natürlich interessiert mich gerade die Landschaftsmalerei im Besonderen. Im Speziellen beschäftigt mich aber seit nunmehr 3 Jahren mit der Idee von Zeit, sowie weiterer typologischer Feinheiten und Chiffren in der Malerei.

Es interessiert mich gerade besonders die Darstellung von Tageszeit – ja im weitesten Sinn von Stimmung und all ihrer Repräsentanten. Genauso interessiere ich mich für die tragfähige Übersetzung von Raum, Wasser, Wetter, Licht, bis hin zu Glas, in die Malerei. Dazu sehe ich mir viel an, vom frühen Mittelalter, über die Renaissance, bis hin zu chinesischer und japanischer Malerei. Es geht auch immer ein wenig darum zur verstehen, wie sich Bilder zu unserer „Wirklichkeit“ verhalten und ob sie uns dabei Widerstand leisten oder uns eine Projektionsfläche bieten.

Galerie Mark Mueller_Fabian Treiber_2020_08_HighRes
Ausstellungsansicht: Painting The Night Unreal, 2020, Galerie Mark Müller, Zürich, Foto: Konradin Frei | Moonrise is High, You Could Call Me, 2020, Acryl, Tusche, Ölpastell und Pastelkreiden auf Nessel, 340×200 cm

2023 ist bereits durchgeplant und ich freue mich auf Ausstellungen in Berlin bei Haverkampf Leistenschneider zum Gallery Weekend, in Zürich bei Mark Müller zum Zürich Art Weekend, sowie auf eine Ausstellung in New York im Dezember.

Fabian Treiber – www.fabiantreiber.de, www.instagram.com/fabian_treiber/