Welche Geschichte erzählen deine Malerein?
Naja, das ist ja immer ein bisschen schwierig mit der Narration in der Malerei. Welche Geschichte erzählen Philip Gustons Schuhe? Oder Hilma af Klints Abstraktion? Mich interessieren gesellschaftspolitische Themen und Konzepte. Das zieht sich durch. Beim Malen verlasse ich allerdings das konzeptuelle Denken komplett. Für das Erzählen einer Geschichte braucht es eine Absicht, zum Malen auf weiten Strecken die Abwesenheit dieser.
Was ist Kunst?
Gute Frage. Das kommt ganz darauf an. Den Kunstbegriff gibt es wohl nicht, wobei auf diese Frage ein*e Kulturtheoretiker*In wohl eine differenziertere Antwort hätte, ich kann sie bloß aus dem Bauch heraus beantworten. Mein Kunstbegriff begründet sich auf meiner Haltung, die, so hoffe ich, in meinen Bildern spürbar ist. Also ich habe eine gewisse Haltung gegenüber der Welt. Und die kommt in dem was ich tue zum Ausdruck.
Womit beschäftigst du dich in deiner Freizeit?
Ich liege am Sofa und schaue Netflix. Privat bin ich eine langweilige Person. Manchmal höre ich Musik. Derzeit sehr gerne young money.
Wie gehst du mit Klischees um?
Die Frage ist, welche Klischees du konkret meinst. Klischees innerhalb der Malerei sind natürlich peinlich. Mein Anspruch an ein Bild ist vor allem, dass es mich selber nicht langweilt. Es gibt in der Malerei viele gut begangene Trampelpfade, die man ablaufen kann. Der Grat zwischen Hommage und Abklatsch ist auch hauchdünn. Deshalb ist es klüger, nicht zu versuchen, irgendjemanden zu kopieren. Ich mache einfach immer was ich will. Dann kann man natürlich mit Konzepten und Referenzen arbeiten. Habe mich auch schon versucht an kontextuellen Serien. Und dann stehe ich wieder im Atelier, der Terpentinkanister fällt um und die Soße rinnt übers Bild. Alles wieder anders. In diesem Feld kumuliert meine Arbeit. Einige Bilder sind sehr gelungen und andere sind halt fantastisch.
Zu mir persönlich kann ich im Bezug auf Klischees erzählen, mir wurde schon öfter gesagt, ich hätte dicke Eier. Ich kann nichts dafür, ich bin einfach 1 Macho.
Dahingehend werde ich wohl das ein oder andere Mal (meist unbeabsichtigt!) Klischees bedienen. Nachdem ich aber biologisch eine Frau bin, wird mir mein rüpelhaftes Verhalten automatisch als Feminismus gutgeschrieben. Warum das so ist, habe ich noch nicht herausgefunden.
Kelly trifft Holo – was beschreibt dieses Bild?
Ich weiß nicht ob es etwas beschreibt. Es bewegt sich irgendwo zwischen Tinderdates einer Millennial -Frau und der ikonografisch viel zitierten Enthauptung des Holofernes. Was das alles mit sexueller Lust und weiblicher Macht zu tun hat überlasse ich den Betrachter*Innen.
Wie hast du das Jahr 2020 verbracht?
So wie viele von uns, nehme ich an. Zwischen Lockdown und Freiluft-Rave im Sommer. Zwischen Hoffnung wegen BLM Demo und der sagenhaften Unbrauchbarkeit von Pressekonferenzen. Und dann hatte ich noch die ein oder andere Ausstellung. Im Frühjahr eine Show mit meiner Klasse (Akademie der bildenden Künste), unter dem Titel Plan D. Im September eine Einzelausstellung bei der ich eine kontextuelle Porträt-Serie von Punks, Denker*innen, Politiker*innen, kurzum – people I admire – gezeigt habe. Ein bisschen 48 bedeutende Männer von Gerhard Richter durch den Guerilla-feministischen Fleischwolf drehen. OK. Für die Serie lass ich mir politischen Aktivismus unterstellen.
Anfang Dezember hat die Galerie Huren und Söhne aus München eine Auswahl abstrakter Großformate von mir in einer Online Show gezeigt.
Woran arbeitest du gerade? Was erwartest du dir von den nächsten Monaten?
Ich arbeite derzeit an neuen Ölbildern. Mal sehen, vielleicht wird mein Diplom daraus. Im vergangenen Frühjahr hab ich mir in den Kopf gesetzt 100 Aquarelle zu malen. Derzeit bin ich bei 60. Was als Porträtserie begonnen hat kippte langsam ins Abstrakte. Sehen kann man die Arbeiten auf meinem Insta oder auf chriskroiss.com Ab März 2021 bin ich in Hamburg für ein Erasmus Semester an der HfbK. Ich erwarte gutes Wetter.
Chris Kroiss – www.chriskroiss.com