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Singapur Kultur

Volle Frauenpower in Singapur

Von Frauenpower, Kunst und Singapur. Sicherheit vs künstlerische Freiheit. Im Gespräch mit Weixin Quek Chong und Cllre Chong. Meine Reise ging diesmal nach Singapur – dem flächenmäßig kleinsten Stadtstaat Südostasiens.
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Foto: Diana Smaczynski

Schon lange wollte ich jenes Fleckchen der Erde bereisen, einerseits wegen der einzigartigen Stadtplanung, die unserer europäischen um Zeit voraus zu sein scheint, andererseits um die kulturelle Vielfalt mit eigenen Augen zu bestaunen. Ich hatte das Glück kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie ein- und auszureisen. Die Löwenstadt Singapur – deren Namensgebung auf die Sanskritbegriffe siṃha „Löwe“ und pura „Stadt“ zurückzuführen ist – wuchs zu einem multiethnischen Staat heran, deren größten Bevölkerungsanteil Chinesen, Malayen und Inder ausmachen. Man kann hier zwar die Handtasche ruhigen Gewissens unbeaufsichtigt in der Öffentlichkeit liegen lassen, das Kaugummi-ausspucken sowie der Handel mit jenem verräterischen Mittel wird mit hoher Geldstrafen verhängt. Die Zukunftsmetropole mit einer der niedrigsten Kriminalitätsraten der Welt, entwickelte sich innerhalb der letzten 50 Jahren zum wichtigen Finanz- und Handelsplatz. Wie sind aber die Bedingungen für Kunstschaffende in dem doch recht kontrollierten System? Fungiert die Weltmetropole als ein Sprungbrett oder eher eine Bremse für junge Kreative? Einen Blick hinter die Kulissen gewährten mir zwei junge Künstlerinnen, die sich in der zeitgenössischen Kunst- und Kulturszene Singapurs zu behaupten wissen.

An einem wunderbar humiden und heißen Tag traf ich als erste Weixin Quek Chong, die Preisträgerin des Young Artist Award 2019. Der Preis wird jährlich vom National Arts Council an die jungen Talente Singapurs vergeben. Unser Treffpunkt, das Hanis Cafe & Bakery, war das Bistro in der Eingangshalle der imposanten Nationalbibliothek. Das moderne, sechzehnstöckige Gebäude im Herzen Singapurs ist nur fünf Gehminuten von der Bugis B-Bahn Station entfernt. Die Stadt ist durch die öffentlichen Verkehrsmittel sehr gut vernetzt und auch für Besucher leicht verständlich gemacht. Auf mich wartete eine grazile, junge Frau, die definitiv Ahnung von Mode hatte. Ihre langen, platinum blonden Haaren boten einen starken Kontrast zu dem monochrom-schwarz gehaltenen Outfit. Für einen glühenden Funken sorgte der blutrote Lippenstift, der auf die ebenso flammende Browline-Brillenfassung im Stil der 50er Jahre abgestimmt war. Die heute in Madrid lebende, zweiunddreißig-jährige Künstlerin studierte im Bachelor Druckgrafik an der LASALLE Kunstuniversität in Singapur. Den Master machte sie hingegen an dem Royal College of Art in London. Nach ihrem Abschluss 2014 arbeitete sie sowohl in Europa als auch in Südostasien. Trotz des nomadischen Lebensstils blieb Singapur nach wie vor Weixins home base, von der aus sie Ausstellungen und Projekte auf der ganzen Welt verwirklichte. Auf die Frage, wieso sie doch immer wieder zurückkehrte, erklärte sie mir die Metropole habe eine gewisse Energie, die sie sehr schätze. „In Singapore the sense of chance is very present. Here I have a feeling that you could change things within half a generation.” Das Gefühl des Wandels, des Strebens nach Innovation und Fortschritt verspürte ich auch schon nach einigen Tagen in der dynamischen Stadt.

© Singapore Art Museum
Foto: Singapore Art Museum

Gleichzeitig aber scheinen die in Singapur vorherrschenden strengen soziopolitischen Bedingungen eine Herausforderung für die Künstler darzustellen. Es gibt ausgesprochene sowie unausgesprochene Regeln, die von den Kreativen aber auch regulären Bürgern zu ihrem Wohlergehen eingehalten werden sollen. Die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung wird nach und nach durch Gesetze eingeschränkt, sodass man von stärker werdenden Zensur sprechen kann. Ein geeignetes Beispiel hierfür stellt der umstrittene Artikel von William Gibson mit dem vielsagenden Titel “Disneyland With the Death Penalty”, erschienen im Wired Magazine. Der Autor nahm sich kein Blatt vor die Schreibfeder, während er sich über die Freiheitsunterdrückung seitens der autoritären singapurischen Regierung äußerte. Daraufhin wurde die Zeitschrift vom betroffenen Staat verbannt. Als weiteres Exemplum der rigiden Gesetzgebung dient der im Jahr 2015 sechzehnjährige Blogger Amos Yee, der u.a. wegen politischen Äußerungen von der Legislative verurteilt wurde. In weiterer Folge erhielt er Asyl vom amerikanischen Staat Illinois. Erst kürzlich sorgte ein Stück des Bühnenautors Alifan Sa’at für Aufruhr, nachdem der Bildungsminister einige Verse für treubrüchig gegenüber dem eigenen Land erklärte. Als Antwort darauf schlossen sich lokale Autoren und Schriftsteller zusammen indem sie Gedichte und Theaterstücke Alifans im Ziechen der Solidarität online veröffentlichten. Alifan appelierte an seine Anhänger via Facebook “to avoid making their criticism personal”. Freidenker sowie Kreative Singapurs werden demnach aufgefordert ihre konträre Meinung auf eine Art und Weise zu äußern, die sie persönlich nicht angreifbar macht. Es ist allgemein üblich, dass Künstler, die finanzielle Unterstützung seitens des Staates beziehen, auch gewisse Regeln beachten müssen, die oft explizit in Förderverträgen festgehalten werden. Es führt dazu, dass die Kreativen oft schon präventiv vor möglichen unbequemen Themengebieten zurückweichen, um schlechte Presse zu vermeiden. Ich fragte Weixin, wie es in ihrem Fall aussehe. “There is definitely an awareness, that if something causes some kind of trouble the responsibility falls back to the creative voice that started on that path. It is a challenge because a lot of us internalize an awareness of how individuals and institutions of influence in cultural scenes and sometimes the wider community may receive our work, to the extent that it can affect how we shape and present it.“ erklärte Weixin und bezog ihre Aussage auf die Kreativen weltweit. Ich musste unmittelbar an den Begriff des “self censorship” denken, ich behielt den Gedanken aber für mich. Währenddessen fuhr sie fort, “Sometimes even without being directly asked to moderate how we express ourselves we may already preemptively draw back. At the same time, we urgently need to develop ways where we can express and discuss even difficult topics, find ways to communicate

It is a challenge because a lot of us internalize an awareness of how individuals and institutions of influence in cultural scenes and sometimes the wider community may receive our work, to the extent that it can affect how we shape and present it.“ erklärte Weixin und bezog ihre Aussage auf die Kreativen weltweit.

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Foto: Straits Times Singapore

Erst kürzlich lässt sich eine wachsen-de Dynamik vernehmen, die eine weitgehende Unabhängigkeit der Künstler_Innen von staatlichen Kontrollsystemen anstrebt. Das wachsende Bewusstsein der jungen Kreativen ist langsam festzumachen, steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Der Schlüssel zur künstlerischen Freiheit sei die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Diese kann wiederum durch die Organisation unabhängiger Plattformen und Initiativen erreicht werden. Ich interessierte mich für die Finanzierungsstrategien der jungen Kreativen und bat Weixin mir ihre Erfahrungen näher zu beleuchten. ”State funding aid from the National Arts Council of Singapore has indeed supported me greatly during my education as well as through many projects and milestones in my arts career so far. Without the financial help of bursaries, scholarship, and grants it would have been unlikely to complete my higher education in both Singapore and London yet alone carry out many projects through which I have participated in contemporary scenes both in Singapore and internationally.” erklärte sie mir. Dies allein war aber nicht ausreichend. “At the same time, as many creative freelancers, I have also always depended on maintaining multiple other jobs to survive in what is often a very precarious industry for creatives who don’t have easy access to resources and limited self-funding.” Bereits während ihrem Bachelorstudium an der LASALLE Kunstuniversität begann Weixin regulär zu unterrichten. Dem folgte ein Gap Year wo sie einen Bürojob ausübte, um die Kosten für Kunstmaterialien decken zu können.

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