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Ich verarbeite Gefühle, Momente und Situationen und wenn der Kreationsprozess vorbei ist, kann ich ja darüber nachdenken, was der nächste Schritt ist und ob ich es veröffentlichen will oder nicht.

Würdest du dich als Künstlerin beschreiben?
Ja, obwohl – sich als Künstlerin zu beschreiben fühlt sich ehrgeizig an. Ich bin eher bescheiden und will nicht, mit dem, was ich erschaffe, prahlen. Das ist nicht der Sinn meiner Kunst. Kinder erschaffen ohne größere Bedeutung. Du willst ein Einhorn malen, also malst du ein Einhorn. Als Kind war ich immer sehr neugierig. Ich malte, habe Skulpturen aus Steine und Holz gebaut, musiziert, Lieder gedichtet und Geschichten geschrieben. Eine Geschichte, die ich schrieb, war über ein Mädchen – nein, ein Junge – ach, das Gender ist eigentlich egal – also ein Kind, das mit seiner Oma und zehn anderen Dorfbewohnern im Nirgendwo, Spanien lebt und an jeder Ecke etwas Magisches findet. Dieses „Ich will was erschaffen, es ist mir egal, was danach mit dem Erschaffenen passiert“ – das ist Magie. So arbeite ich eigentlich auch in meiner Kunst. Ich verarbeite Gefühle, Momente und Situationen und wenn der Kreationsprozess vorbei ist, kann ich ja darüber nachdenken, was der nächste Schritt ist und ob ich es veröffentlichen will oder nicht. Ohne an Zweck, Marketing, Ego oder Mammon zu denken, sondern einfach nur weil es sich richtig anfühlt.

Dein Ursprung formt dich und deine Kunst. Wenn ich von wo komme und dieses „Wo“ in mir ist, dann übersetzt sich die Sprache in meinen Kreationen, ohne dass ich mich damit abmühen muss. Mein Modelabel NARBON erzählt von Stimmung und Atmosphäre. Sie verwurzelt sich in meinem spanischen Erbe. In der Mode bin ich gerne im Hintergrund, überlass den Kleidern die Bühne – aber meine Musik spricht von Momenten. In mir bin ich nicht immer die Gleiche. Der Nukleus von mir existiert sozusagen aber das weitere „Ich“ manifestiert sich in jeder Situation, in jedem Kontext, anders. Ich adaptiere mich. Doch die Musik – das bin ich. Das ist meine Persona. Es bin ich, die spricht – nicht meine Instrumente, nicht meine Kleider, sondern meine Stimme, mein Ich. Ich in aller Ehrlichkeit.

In der Musik gibt es keinen Zeitplan, es gibt nur den individuellen Rhythmus, das eigene Tempo. Ich schreibe die Musik aus meinen Innersten heraus. Wenn ich den Song dann veröffentliche, ist er nicht mehr meins. Ich will, dass das Lied sich mit Leuten und deren Erlebnissen spiegelt. Es wird zu einem Dialog, der mit „Mir ist das passiert, ist dir das auch passiert?“ anfängt – wie ein Ritual, an dem jeder teilnehmen kann. In meinen Konzerten bin ich dann auf der Bühne und sehe die Gesichter der Menschen vor mir und die Gefühle in den Gesichtern der Menschen.

In der Isolation fehlt mir die Verbindung zu den Menschen, das Feedback und Klatschen. Ich bin von der alten Schule. Mir fehlt der Geruch der Zuschauer. Ich möchte inmitten der Crowd sein und den Dialog weiterführen.

In der Isolation fehlt mir die Verbindung zu den Menschen, das Feedback und Klatschen. Ich bin von der alten Schule. Mir fehlt der Geruch der Zuschauer. Ich möchte inmitten der Crowd sein und den Dialog weiterführen – während der COVID-19 Epidemie dann halt vor einem Bildschirm. Aber es ist nicht das gleiche. Meine neue Wohnung, die direkt vor einem grünen Park liegt, ist bis zur Decke mit Pflanzen befüllt. Wir sind gerade umgezogen, also beschäftige ich mich hauptsächlich mit Auspacken, Bilder aufhängen, das Gestalten eines Zuhauses. Ich nähe für NARBON und übe für ATZUR. Ich führe Selbstgespräche, editiere Videos, beantworte Mails, backe Bananenbrot, trinke Tee und lese viel mehr als sonst. Ich muss meine Pflanzen umtopfen, sie sind so groß geworden. Ich liebe es, meine Pflanzen anzustarren während sie sich sonnen und ihnen dann verschwörungsvoll zu zuflüstern.

Ich bin so dankbar, dass es mir gut geht. Jeden Morgen wache ich auf und bin dankbar, dass ich am Leben bin, dass es meiner Familie gut geht und ich mit ihr telefonieren kann. Ich liebe mein Bett, es ist so toll. Ich bin wirklich dankbar für alles. Auch dafür, dass ich einfach ein f*cking gutes Glas Wein trinken und genießen kann. Ich lerne in der Isolation gerade, dankbar zu sein – und zwar, wirklich dankbar zu sein. Und die kleinen Momente wieder zu schätzen.

Aber das Heimweh ist trotzdem immer da. Ich vermisse meinen See und das Wasser. Ich bin so geboren, dass es immer einen See gab, egal wo ich hinblickte. Ich bin in Barcelona aufgewachsen aber meine Mama stammt von den Kanarischen Inseln.

Aber das Heimweh ist trotzdem immer da. Ich vermisse meinen See und das Wasser. Ich bin so geboren, dass es immer einen See gab, egal wo ich hinblickte. Ich bin in Barcelona aufgewachsen, aber meine Mama stammt von den Kanarischen Inseln. Ein Teil von meiner Seele gehört den Inseln. Die Zeit ist dort anders. In den 90ern, als ich ein Kind war und wir dort Urlaub gemacht haben, gab es kein WhatsApp oder Instagram. Bist du auf der Insel, telefonierst du nicht. Du bist komplett isoliert. Aber das machte nichts. Auf den Kanarischen Inseln ist die Erde lebendig. Sie redet mit dir und bewegt sich, langsam tanzend. Der Sand ist schwarz und alles schaut so anders aus. Es ist, als ob man auf dem Mars ist. Ich wollte dieses Jahr wieder hinfahren.

ATZUR music
Foto: Anna Breit

Meine Mutter sagte mir immer, dass die Kindheit die kürzeste und schönste Zeit im Leben ist, weswegen man diese besondere Zeit genießen sollte und das habe ich getan. Meine Familie fuhr am Wochenende in den Wald oder zum Strand und ich sammelte Muscheln, Steine, Holzstücke und Totenschädel kleiner Tiere für meine Skulpturen, welche ich dann nach dem Aufbauen im Wald oder Wohnzimmer vergessen habe. Im Barcelona gibt es die Clorinda Vögel, die im Sommer bei uns im Garten leben. Immer wenn ich ihr Vogelgezwitscher hörte, wusste ich, dass der Sommer da ist. Die Skelette der verstorbenen Vogelkinder aus den leeren Nestern habe ich gesammelt. Meine Mutter fand mich dann immer sehr gruselig und fragt mich, warum ich diese Sachen sammeln würde. Ich nenne sie recuerdo. Ich mach das noch immer, ich sammle kleine Stückchen der Erinnerungen.  Es ist wie eine Zeitmaschine. Man sieht, riecht oder fühlt ein Stück Holz und erinnert sich an vergangene Momente. Ein Museum der Momente.

Patricia Narbon
Band ATZUR

Die 1995 in Teheran, Iran geborene Künstlerin Donya Aalipour studierte von 2011 bis 2015 Malerei und zog nach dem Abschluss nach Wien, um Klavier am Prayner Konservatorium zu studieren.

Die 60er Jahre waren ein Jahrzehnt des Aufbruchs und der Suche nach dem Gefühl von Freiheit – in eine ähnliche Situation kann man sich trotz der schwierigen Lage auch in Zeiten wie diesen begeben.

Wir brauchen eigentlich gar nicht so viel – darüber setzen sich KünstlerInnen gerade auch aktuell zur Corona Krise auseinander – und damit beschäftigt sich Stephanie Guse schon seit Jahren.

Nikita Sukhov ist 1994 in Kazan, Russland geboren und zog im Jahr 2012 nach Wien. Seit seiner Kindheit interessiert sich Nikita für Kunst und absolvierte eine Kunstausbildung an einer Kunstschule.

Mayberg ist ein junger Liedermacher aus Leipzig. Der Newcomer schreibt und singt deutsche Texte. In seinen Songs gibt er sich Gefühlen mit höchster Intensität hin. Nähe. Distanz. Liebe.

Verena Kandler, Künstlerin mit Schaffensschwerpunkt in Augsburg und Wien, zeigt in ihrer aktuellen Ausstellung „Kinobanner transformieren“ im Schikaneder Kino Wien neue Arbeiten.

Zwischen den etablierten Galerien in der Schleifmühlgasse, schaffen Felix Dennhardt und Raphael Haider künstlerische Erlebnisräume. Es werden explizit nur Positionen im Bereich der Kunst gezeigt.

Was bedeutet das Hungern in der Kunst? Die immerwährende Phrase der „brotlosen“ Künstler? Die idealisierende Vorstellung eines armen, sich selbst genügendem Kunstschaffenden mit dem leeren Magen?

Zwei Mal im Jahr werden die von Rudolf Schindler geplanten Mackey Apartments Schauplatz von Gruppenausstellungen (inter)nationaler Künstler und Architekten der „MAK-Schindler-Initiative“.

Anne-Clara Stahl, geboren in Düsseldorf, lebt und arbeitet in Wien. Ihre Arbeiten bewegen sich im Bereich Zeichnung und Malerei. Dabei liegt ein Schwerpunkt im räumlichen Umgang mit Bild.

Tamara Malcher (geboren 1995) lebt und arbeitet in Münster, Deutschland. Neben fluoreszierenden Pflanzen-Teilen begegnen wir in ihren Malereien einer Vielzahl bewegter Körper in überhitzter Farbigkeit.

Viral theatre ist eine Plattform, um Theater in der Zeit der Krise und des Virus möglich zu machen. Wir machen Theater mit den theatralen und technischen Mitteln, die uns zur Zeit zur Verfügung stehen.