Die Aufnahmen zeigen Objekte, Einrichtungsgegenstände, gestalterische Details und Materialien. Die Wohnungen der Protagonist*innen weisen farbliche, sowie kompositorische, in sich geschlossene Konzepte und Anordnungen auf, die sich in den gesamten Räumen erkennen lassen. Die Fotografien erlauben es den Betrachter*innen in den visuellen und räumlichen Mikrokosmos der jeweiligen Wohnung einzutauchen.
Der Beschäftigung mit dieser Arbeit, gehen verschiedene Fragestellungen voraus. Welche Relevanz spielen visuelle Bedürfnisse und deren Erfüllung für die Protagonist*innen und wie wirken sich diese auf die Wahl und Entscheidungen bei der Einrichtung und Gestaltung des eigenen Wohnraumes aus?
Welche Farben, Materialien und Möbel werden ausgewählt? Spielen dekorative Elemente, Bilder bzw. Kunstwerke eine Rolle? Was macht einen Raum wohnlich, gemütlich, angenehm? Welche Qualitäten schätzen die Protagonist*innen an Räumen außerhalb ihrer Wohnung?
Unsere Gesellschaft und Kultur ist stark visuell geprägt und demnach ausgerichtet. In welchem Masse und durch welche Entwicklungen wurde der Sehsinn zum vorherrschenden Sinn? Der Titel „Ich seh, ich seh etwas, was du nicht siehst“ vereint in sich eine Beobachtung, die sich während des Arbeitsprozesses herauskristallisierte: Ist der Sehsinn physisch nicht (mehr) erlebbar, sterben die visuellen Bedürfnisse nicht ab, sondern viel mehr – die Protagonist*innen kultivieren eine umfassende, bewusste und intensive Auseinandersetzung mit der „sichtbaren Welt“ und deren eingebetteten Codes.
Der Grundgedanke dieser Arbeit liegt darin auf den ersten Blick unsichtbare (optisch, sowie gesellschaftlich gesprochen) Thematiken in eine visuelle Sprache zu überführen und zu hinterfragen, welche Bedeutung visuelle Codes in unserer Gesellschaft einnehmen.
Eine Auswahl der Arbeit wird ab 9. September bis 17. Oktober in den Räumlichkeiten des weissen haus im Zuge der Gruppenausstellung „Stille Räume“ der Friedl Kubelka Abschlussklasse 2019/2020 gezeigt.
Eröffnung: 8. September 2020 von 12:00 bis 21.00 Uhr
Adresse: das weisse haus, Hegelgasse 14 (Souterrain), 1010 Wien
„Innehalten. Ein bewusster Akt des Stehenbleibens und Verharrens. Sich dabei von sich selbst entfernen, sich von sich selbst lösen und den Fokus auf das vor einem Befindliche legen. Eine gute Fotografie zeichnet sich aus durch das Ablegen von sich selbst, ein völliges Aufnehmen und Akzeptieren des Gegenübers, sei es Menschen, Gegenstände oder Environment. Begegnung. Beobachtung. Aneignung. Aufbewahrung.“
Seit ihrem Diplom für Fotografie (2014) an der Graphischen Wien entwickelt Glišić sozial-dokumentarische, künstlerische, fotografische Arbeiten, die in kurz- und langfristigen Serien resultieren. Ihr unbedingtes Interesse gilt sozialen Realitäten, Identitätsfindung, zwischenmenschlichen Beziehungen und gesellschaftlichen Konstrukten. Die Kamera fungiert dabei als Kommunikationsinstrument zwischen Fotografin und Protagonist*in und ermöglicht es persönliche Geschichten einzufangen und zu visualisieren.
Natali Glišić – www.takemetotheriot.at