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Venedig Kunst

Deutscher Pavillon 2024

Unter dem Titel Thresholds erzählt der Beitrag für den Deutschen Pavillon zur Kunstbiennale in Venedig 2024 Geschichte und Zukunft aus der Perspektive verschiedener künstlerischer Positionen. Thresholds steht für die Gegenwart als Schwelle – ein Ort, an dem niemand bleiben kann und den es nur gibt, weil etwas war und wenn etwas sein wird.

Für Menschen, deren Biografie von Migration geprägt ist, geht die zeitliche Wahrnehmung der Gegenwart als Schwelle zwischen Retrospektive und Projektion zusätzlich mit der räumlich-körperlichen Grunderfahrung eines Lebens auf der „Schwelle“ zwischen Zugehörigkeiten einher.

Der künstlerische Beitrag für den Deutschen Pavillon sucht in drei Szenarien den Umgang mit Schwellen, Stufen und Grenzen. Im ersten Szenario begibt sich Yael Bartana an die Schwelle einer als katastrophal empfundenen Gegenwart – einer Welt am Rande der totalen Zerstörung. Auf der Suche nach einem Ausweg entwirft sie Möglichkeiten des zukünftigen Überlebens durch eine vielschichtige Arbeit zwischen Dystopie und Utopie. In ihrem Beitrag beschäftigt sie sich mit alternativen Lesarten von Geschichte und stellt eine imaginäre gemeinsame Zukunft in Aussicht.

In einem zweiten Szenario entwickelt Ersan Mondtag einen Raum, der dem monumentalen Charakter des Pavillons eine fragmentarische, scheinbar kleine Erzählung entgegensetzt. Er beschäftigt sich mit der Frage, was passieren würde, wenn es möglich wäre, vergangene Epochen als Lebensräume wieder aufleben zu lassen. Durch die Schaffung eines theatralen Kosmos von Repräsentation und Erinnerung bringt Mondtag Bewegung in starre nationale historiographische Konstrukte.

Neben den Arbeiten von Bartana und Mondtag im Deutschen Pavillon entwirft der deutsche Beitrag ein drittes Szenario und schlägt eine Brücke zu einem anderen Ort abseits der Giardini: der Insel La Certosa. Mit dem Schritt nach außen fokussiert Thresholds die Bedeutung der Schwelle als Moment zeitlicher und räumlicher Übergänge. Auf der Insel La Certosa schaffen die Künstler:innen Michael Akstaller, Nicole L’Huillier, Robert Lippok und Jan St. Werner einen in der Natur beheimateten Resonanzraum, der der Monumentalität des Deutschen Pavillons entgegensteht und den Gedanken der Überwindung von Schwellen hervorhebt.

Die 60. Internationale Kunstausstellung – La Biennale di Venezia findet vom 20. April bis 24. November 2024 in Venedig statt. Der Beitrag für den Deutschen Pavillon wird kuratiert von Çağla Ilk, Kommissar ist das ifa – Institut für Auslandsbeziehungen.

Ersan Mondtag, Yael Bartana, Foto: Andrea Rossetti
Ersan Mondtag, Yael Bartana, Foto: Andrea Rossetti

Künstler:innen, Deutscher Pavillon in den Giardini della Biennale:

Yael Bartana ist eine Beobachterin der Gegenwart und nennt sich selbst Pre-Enactor – auf Geschichte Bezug nehmend, um Zukunft zu imaginieren. Sie setzt die Kunst wie ein Skalpell an Mechanismen von Machtstrukturen an und bewegt sich auf der feinen und brüchigen Trennlinie zwischen Soziologie und Imagination. In ihren Filmen, Installationen, Fotografien, Performances und öffentlichen Denkmälern beschäftigt sie sich mit Themen wie nationaler Identität, Trauma und Vertreibung, oft in Form von Zeremonien, Gedenkfeiern, öffentlichen Ritualen und kollektiven Versammlungen. Ihre Arbeiten wurden weltweit ausgestellt, darunter im Jüdischen Museum Berlin (2021), in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (2020), der Fondazione Modena Arti Visive (2019/2020), im Philadelphia Museum of Art (2018), im Stedelijk Museum, Amsterdam (2015), bei der São Paulo Biennale (2014, 2010, 2006), der Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst (2012), La Biennale di Venezia – 54. Internationale Kunstausstellung/Polnischer Pavillon (2011) und der documenta 12, Kassel (2007). Sie ist in den Sammlungen zahlreicher Museen vertreten, darunter im Museum of Modern Art, New York, in der Tate Modern, London, und im Centre Pompidou, Paris. Yael Bartana lebt derzeit in Berlin und Amsterdam.

Ersan Mondtag arbeitet an den Schnittstellen von Theater und Musik, Performance und Installation. In München gründete er 2012 das KAPITÆL ZWEI KOLEKTIF, mit dem er Dauerperformances, experimentelle Partyformen sowie interdisziplinäre Theaterarbeiten konzipierte. Seit 2015 zeigt er seine Arbeit in diversen Institutionen, unter anderem an der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (2022), an der Deutschen Oper Berlin (seit 2022), am Berliner Ensemble (seit 2019), am MMK Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main (2017), an den Münchner Kammerspielen (seit 2017), am Thalia Theater, Hamburg (seit 2016), am Maxim Gorki Theater, Berlin (seit 2016) und beim 2. und 3. Berliner Herbstsalon (2016, 2017). Das Fachmagazin Theater Heute kürte Mondtag zum Nachwuchsregisseur des Jahres 2016. Gleichermaßen wurde er in den Kategorien „Bühnenbildner“ (2016) und „Kostümbildner des Jahres“ (2016, 2017) ausgezeichnet. Seine Inszenierungen Das Internat, Theater Dortmund (2018), Die Vernichtung, Theater Bern (2017), und Tyrannis, Staatstheater Kassel (2016) wurden zum Theatertreffen eingeladen. Ersan Mondtag lebt in Berlin.

Künstler:innen, Insel La Certosa:

Michael Akstaller beschäftigt sich in seiner wissenschaftlichen, künstlerischen und kuratorischen Praxis mit Strömungsforschung, (Hydro-)Akustik und akustischer Forschung sowie den Beziehungen zwischen Klang und Raum, Bewegung und Performance. Seine künstlerischen und kuratorischen Arbeiten sind oft interdisziplinär und kollaborativ angelegt und wurden unter anderem im Silent Green, Berlin (2023), im Lenbachhaus München (2022, 2021), in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (2022, 2021), bei der 6. Ural Industrial Biennale, Ekaterinburg (2021) und am HKW Berlin (2021) gezeigt. Akstaller war an wissenschaftlichen Institutionen wie der Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe, der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg und der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz tätig. Gemeinsam mit Jan St. Werner initiierte er 2017 die Klasse für Dynamische Akustische Forschung an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, die seit 2021 als eigenständiges Kollektiv mit dem Namen DAF agiert. Er lebt in Nürnberg und Berlin.

Robert Lippok, Nicole L'Huillier, Jan St. Werner, Michael Akstaller, Foto: Nick Ash
Robert Lippok, Nicole L’Huillier, Jan St. Werner, Michael Akstaller, Foto: Nick Ash

Nicole L’Huillier ist eine transdisziplinär arbeitende Künstlerin und Wissenschaftlerin. Sie erforscht Klänge und Schwingungen als Materialien der Auseinandersetzung mit Handlungsspielräumen, Identität, Kollektivität und lebendiger Imagination in Installationen, Klang- oder Schwingungsskulpturen, Hör- und Klangapparaten, kybernetischen Klangexperimenten, Performances sowie Gedichten und Texten. 2022 promovierte sie in Media Arts & Sciences am MIT Massachusetts Institute of Technology. Ihre Arbeiten wurden unter anderem im Ming Contemporary Art Museum (McaM), Shanghai (2023), in der ifa-Galerie Stuttgart (2023), auf der Bienal de Artes Mediales Santiago (2023, 2021, 2019, 2017), in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (2022), auf der Transmediale, Berlin (2022), der Ars Electronica, Linz (2022, 2019, 2018), im Museo de Arte Contemporáneo (MAC), Santiago de Chile (2022), der 6. Ural Industrial Biennale, Ekaterinburg, (2021) und La Biennale di Venezia – 16. Internationale Architekturausstellung (2018) gezeigt. Nicole L’Huillier lebt in Berlin.

Robert Lippok ist Musiker und Bildender Künstler. Er gründete 1984 zusammen mit seinem Bruder Ronald Lippok die Band Ornament und Verbrechen. In den 1990er Jahren arbeiteten sie gemeinsam mit Stefan Schneider als “to rococo rot” zusammen und veröffentlichten auf zahlreichen internationalen Labels, darunter Domino, Fat Cat, City Slang, Warp und Sub Rosa. Seit 2001 veröffentlicht Lippok Soloprojekte und entwickelt Soundarbeiten für Künstler:innen, Choreograf:innen und Architekt:innen wie Doug Aitken, Arno Brandlhuber, Julian Charrière, David Chipperfield, Clara Jo oder Constanza Macras. Als Bildender Künstler setzt er sich mit Wahrnehmung, Raumklang und Architektur auseinander. Seine Arbeiten wurden unter anderem im Centro de Exposiciones SUBTE, Montevideo (2023), der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (2022), auf der 6. Ural Industrial Biennale, Ekaterinburg (2021), im Gropius Bau, Berlin (2020, mit Joulia Strauss), den Berliner Festspielen (2019), der neuen Gesellschaft für Bildende Kunst, Berlin (2019) und im ZKM: Zentrum für Kunst und Medien, Karlsruhe (2018), gezeigt. Robert Lippok lebt in Berlin.

Jan St. Werner ist Mitbegründer der Musikgruppe Mouse on Mars und veröffentlicht Musik unter eigenem Namen über die Edition Fiepblatter Katalog, vertrieben von Thrill Jockey Records, Chicago. Mitte der 1990er war er Teil des Kölner Kollektivs A-Musik, hat mit Markus Popp (Oval) als Microstoria zusammengearbeitet und Musik für die Künstlerin Rosa Barba entwickelt. Von 2006 bis 2008 war Werner künstlerischer Leiter des niederländischen Studios für Elektro-Instrumentalmusik STEIM. Werner realisierte Klanginterventionen und Ausstellungen in Kunsträumen wie der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (2023), im Lenbachhaus München (2023), im HKW Berlin (2021), bei der 6. Ural Industrial Biennale, Ekaterinburg (2021), der documenta 14 Athen und Kassel (2017), dem Institute of Contemporary Arts: ICA, London 2009 und der Kunsthalle Düsseldorf 2004. Er war unter anderem Gastprofessor an der Akademie der Bildenden Künste München (2021) und Visiting Lecturer am MIT Massachusetts Institute of Technology (2016, 2017). Von 2017 bis 2021 war er Professor an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. Dort initiierte er mit Michael Akstaller 2017 die Klasse für Dynamische Akustische Forschung, die seit 2021 als eigenständiges Kollektiv DAF agiert. Jan St. Werner lebt in Berlin.

Pressekontakt: Deutscher Pavillon 2024, Karoline Köber, Henriette Sölter presse@deutscher-pavillon.org

German Pavilion 2024 – www.deutscher-pavillon.org