Unter dem Titel „Holy Hands“ wurde am 08. Oktober 2021 in der Ibn Rushd-Goethe Moschee das Werk der Künstlerin Silke Lapina ausgestellt. Die Eröffnung der Ausstellung erfolgte im Anschluss an das Freitagsgebet in Form einer Diskussionsrunde mit der Künstlerin. Das Werk war vom 08.- 31. Oktober 2021 zu besichtigen.
Silke Lapina ist eine deutsch- philippinische Künstlerin und Fotografin, die in Berlin lebt. Sie hat ihren B.A in Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien gemacht und währenddessen im Atelier des Rabbit-Eye-Movements an ihrer Kunst gearbeitet. Aktuell hat sie ihren M.A. in Religion und Kultur an der Humboldt-Universität zu Berlin beendet. Ihre Werke sind stark von Anthropologie und Popkultur beeinflusst. In ihren Arbeiten, die sie in einer breiten Palette von Medien wie Fotografie, Malerei, Installation und Performance ausführt, setzt sie sich mit Themen wie Religion und Transformation in der heutigen Gesellschaft, Meditation und Interkulturalität auseinander.
Das Werk, welches aus zwei Arbeiten besteht, befasst sich inhaltlich mit den Themen Wahrnehmung, Berührung und Verbundenheit. Inspiriert wurde die Künstlerin von der jüdischen, christlichen und muslimischen Mystik. Das Thema der Hände als ein Zeichen der Annäherung ist besonders in pandemischen Zeiten, in denen gesellschaftliche sowie politische Spaltung zunimmt, spannend und von besonderer Relevanz. Die Moschee liegt etwas versteckt, beim Hereinkommen erfasst einem eine ruhige und entspannte Stimmung und man wird freundlich von den Gemeindemitgliedern begrüßt. Besonders interessant ist die Mischung des Publikums, ein Teil sind kunstbegeisterte Gäste und die anderen Mitglieder des Hauses, die zum wöchentlichen Freitagsgebet ihren Weg in die Moschee gefunden haben. Der Blick richtet sich sofort auf das Werk, welches über dem hellen Gebetsteppich hängt. Durch die großen spitzbogigen Fenster werden die leicht transparenten Stoffdrucke der „Holy Hands“ vom Sonnenlicht durchschienen. Das Zusammenspiel von Licht und Farbe schafft eine Lebendigkeit. Das leuchtend orange Werk entfaltet so in dem sakralen Raum eine besondere Wirkung.
Nach einem kurzen Austausch der Gäste bewegen sich alle langsam zum Teppich und das Freitagsgebet beginnt. Passend zu dem Werk, wird die Thematik der Hände in die Predigt integriert. Im Anschluss erfolgt eine Diskussionsrunde, viele Worte richtet die Künstlerin nicht an die anwesenden Gäste, vielmehr steht für sie im Zentrum des Interesses die Assoziationen der Gäste zu ihrem Werk und dem Thema Hände. Damit geht die Ausstellung des Werkes über das reine Kunstschauen hinaus, es öffnet einen Raum, in dem man teilhaben kann und soll. Der Vorgang des Kunstbetrachtens wird aus einem passiven Zustand, zu einer aktiven Teilhabe und Mitgestaltung des Werkes. Das Symbol der Hand ist für jeden zugänglich und schafft eine Verbundenheit. Bis heute steht es im Mittelpunkt der meisten Kulturen als Zeichen der Annäherung. Besonders nach einem Jahr voller Distanz und wenig Berührung war spürbar, wie relevant dies für jeden war. Die Hände erscheinen hier als ein ebenso stilles, wie bewegendes Plädoyer für Annäherung und Offenheit mitten in den Sehnsüchten unserer Zeit.
Die Ibn Rushd-Goethe Moschee bietet seit 2017 Platz für Menschen verschiedener Religionen, um gemeinsam das Freitagsgebet zu zelebrieren. Hierbei wird weniger Wert auf die religiöse Zugehörigkeit als auf eine menschliche Aufgeschlossenheit gelegt. Mitbegründerin und Imamin ist Frauenrechtlerin Seyran Ates. Im Unterschied zur Mehrheit anderer Moscheen, beten hier Frauen und Männer in gemeinsamen Reihen, die Predigten werden auch von Frauen gehalten, das Tragen von Kopfbedeckungen ist freiwillig und die LGBTQ+ Community ist willkommen. Die theologische Ausrichtung der IRG Moschee basiert auf einer humanistischen, kritisch- historischen Koranexegese, von welcher sich die Künstlerin Silke Lapina hat inspirieren lassen und in ihren Werken mitaufgreift. „Ich sehe die Ibn Rushd-Goethe Moschee vor allem als Ort der Begegnung und Offenheit. Es ist eine Moschee, jedoch ist das Freitagsgebet und die anschließende Diskussionsrunde für jeden zugänglich egal ob Atheist oder einer anderen Glaubensrichtung zugehörig. Ein Dialog verschiedener Weltbilder wird hier nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt. Darüber hinaus hat mich in der Moschee etwas gerührt, wofür ich keine Worte habe- dafür ist dann meine Kunst da.“ In einem gesellschaftlichen Kontext, indem eine immer stärkere Entfremdung stattfindet, braucht es Projekte die Räume der Verbundenheit und Begegnung schützen und unterstützen. Für mich persönlich war es vor allem nach den letzten Monaten eine sehr bereichernde Erfahrung, diese Offenheit und eine Art Verbundenheit jeder Einzelner zu spüren. Besser als die Künstlerin selbst kann ich es nicht ausdrücken, ja die Moschee rührt etwas in einem was man schwer beschreiben kann, aber ihre Kunst schafft es dieses Gefühl zu visualisieren.
Silke Lapina – www.silkelapina.com
Über die Autorin: Paula Dengs (1995 Köln) lebt in Berlin und studiert Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft an der Freien Universität. Ihr Schwerpunkt und Interesse liegt vor allem in der Modernen und Zeitgenössischen Kunst. Neben ihrem Studium ist sie für verschiedene Galerien und Künstlerinnen in Berlin tätig.