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Wien Kultur

Vinodea – Wein von Winzerinnen

Warum hat Vinodea eine Vinothek gegründet, die nur Wein von Winzerinnen verkauft? Warum ist der Begriff Frauenzimmer nicht so gut besetzt, verkauft sich aber trotzdem sehr gut? Was haben Wein und Yoga miteinander zu tun? Wie kann man vom Isländischstudium zum Weinhandel kommen? Warum verkauft sich der Froschkönig so gut, obwohl es günstigere Varianten gäbe?
Vinodea, Lange Gasse 72/1. Photo: 8districtphotografer
Vinodea, Lange Gasse 72/1. Foto: 8districtphotografer

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Wein und Kunst? All das und noch mehr erzählt Madlaina Sladecek-Dosch dem Magazin Les Nouveaux Riches. In einem Abschnitt des Interviews holt die Meinungen zwei der Winzerinnen ein, die sie vertritt. Nämlich Andrea Schenter und Daniela Göschl.

Erzählen Sie uns etwas über sich – Wie kam es zu der Idee, einen Weinladen zu öffnen, in dem nur von Frauen hergestellter Wein verkauft wird?
Mein Name ist Madlaina Sladecek-Dosch, ich bin Schweizerin und Mutter eines 7jährigen Sohnes. Mein Hintergrund ist sehr bunt. Nach meinem Isländischstudium und zig Aufenthalten und Reisen in Island hatte ich irgendwann eine Überdosis davon. So zog ich für drei Jahre nach England, in die Mongolei und nach China um Deutsch zu unterrichten. Unmittelbar nach meiner Rückkehr in die Schweiz lernte ich meinen Wiener Mann kennen. Er schwärmte mir schon damals von den Wiener Weinbergen vor. Fasziniert von den Weingärten in und außerhalb von Wien wollte ich wissen, wie Wein hergestellt wird, denn der grüne Veltliner hat es mir angetan. So war es schließlich ein Kellerwirtschaftskurs (Kurs über Weinproduktion), welcher in mir das Feuer für die Arbeit mit Wein definitiv entfachte. Dort lernte ich eine Winzerin kennen und war begeistert davon, wie sie sich in der noch von Männern besetzten Domäne durchsetzt. Das fand ich spannend und begann mich auf die Suche nach Winzerinnen zu machen. Ich selber mag Nischen, Menschen, die außergewöhnliches machen. Ich möchte nicht sagen, dass es aussergewöhnlich ist, wenn eine Frau Beruf des Weinmachens ausübt, aber es ist noch nicht sehr verbreitet und die Frauen sind in der Branche definitiv untervertreten. Auch haben sie es schwerer als ihre männlichen Kollegen. Sie müssen sich die Akzeptanz und den Respekt mehr erarbeiten. Aber es ist Vieles im Umbruch und es gibt immer mehr Winzerinnen, die diesen Beruf ausüben. Ich wollte vor allem junge Winzerinnen vor den Vorhang holen und die Pionierinnen, die z.T. seit 40 Jahren Winzerinnen sind, würdigen.

Erzählen Sie uns etwas über die Eigenschaften der Weine. Mit welchen Worten beschreiben die Winzerinnen die Weine?
Die Weine von meinen Winzerinnen schmecken nicht jedes Jahr gleich, weil bewusst mit der Natur gearbeitet und möglichst wenig Technik verwendet wurde. Also ist jeder Wein individuell und hat seinen eigenen Charakter. Traditionell wird der Wein mit Aromen beschrieben, nach denen er riecht und schmeckt (Brombeere, Kirsche, krautig,…), aber ich finde, dass es unendlich viele Worte gibt, um Wein zu beschreiben, weil jeder anders schmeckt und einen anderen Charakter, eine andere Textur hat. Manche Weine sind anschmiegsam am Gaumen aber trotzdem eigenständig (z.B die Federnelke rot von Michaela Riedmüller), andere sind sanft und streichelnd und der perfekte Begleiter für einen Roman am Kamin (z.B. der St. Laurent von der Birgit Pferschy-Seper), andere sind eher feurig und selbstbewusst wie die Diva, ein Pinot Noir von Birgit Wiederstein. Die Winzerin Margit Autherith, ursprünglich aus der Steiermark kommend, ist nun als Winzerin im elterlichen Weingut ihres Ehemannes im Weinviertel tätig. Sie erachtet ihre Weine als Familienmitglieder und schreibt ihnen verschiedene Charaktere zu: Den Sauvignon Blanc nennt sie „Gelassenheit“, den Zweigelt „Geradlinigkeit“, den Gelben Muskateller „Frohsinn“, den Riesling „Offenheit“. Weine können körperreich oder filigran sein, duftend oder zurückhaltend, sie entwickeln sich mit mehr Luft und Zeit und zeigen erst dann mehr Facetten.

Welche Rolle spielen Namen bei den Entscheidungen, die Kundinnen beim Kauf von Wein treffen? Können Sie uns einige Beispiele nennen?
Ich habe ganz unterschiedliche Kunden*innen. Manche sind Weinkenner*innen, die achten meist nicht so auf die Etiketten oder Namen, sondern kommen mit einem bestimmten Wunsch einer Geschmacksrichtung, einer Vorstellung vom Weinausbau, oder Rebsorte. Andere suchen beim Wein eher den persönlichen Bezug oder den persönlichen visuellen Geschmack. Der Rosé „Froschkönig“ verkauft sich zum Beispiel besser als ein anderer Rosé der gleichen Rebsorte. Und das, obwohl der Froschkönig teurer ist. Der Name, resp. des Winzerinnen- Zusammenschlusses „Frauenzimmer“ kommt auch als Geschenk gut an, obwohl der Name „Frauenzimmer“ eher negativ besetzt ist, finden ihn gerade Frauen attraktiv, die sich stark mit Frauenthemen und/oder Emanzipation auseinandersetzen. Viele, die ein Geschenk suchen, achten aufs Etikett und/ oder den Namen. Da sind die Weine von Birgit Wiederstein sehr populär „Traum“, „Zirkus Weiß/Rot“, „Flora“, „Prima Donna“. Lustigerweise ist da der Wein „diva“ nicht so populär, weil das Wort „Diva“, so eine Kundin, zu negativ besetzt ist. Der Orange-Wein Namasté der Winzerin Daniela Göschl kommt natürlich gut bei Yoga-Freunden an.

Woher kommen die Weine?
Mir ist der persönliche Austausch mit den Winzerinnen extrem wichtig und ich kenne auch alle persönlich. Daher beziehe die Weine hauptsächlich aus Österreich. Ein paar wenige aus der Schweiz, weil ich selber Schweizerin bin. Ich versuche möglichst alle Weinbaugebiete Österreichs abzudecken.

Im Herbst kommen neu Weine aus Oberösterreich und Kärnten hinzu, worauf ich speziell glücklich bin, weil diese Weinbaugebiete sehr klein und noch sehr unbekannt sind.

Auch bin ich im Gespräch mit Winzerinnen aus Slowenien und Südtirol und Deutschland. Da bilden aber leider die hohen Transportkosten oft ein Hindernis. Die Regionalität soll bestehen bleiben. Ich möchte nicht, dass die Weine weit reisen müssen, daher habe ich auch Angebote aus Spanien oder Portugal abgelehnt.

Madlaina Sladecek-Dosch in ihrem Laden Vinodea. Photo: Björn Willerth
Madlaina Sladecek-Dosch in ihrem Laden Vinodea. Foto: Björn Willerth

Was mögen sie an den Winzerinnen und was haben Sie durch die Zusammenarbeit mit ihnen gelernt?
Ich mag an ihnen, dass sie ihren eigenen Weg gehen und in ihre Ideen vertrauen. Christina Hugl produziert ausschliesslich Sekt und Pet-Nat und experimentiert dabei mit verschiedenen Rebsorten anders, als ihre Eltern es vorlebten.; Andrea Schenter baut ihr eigenes Weingut auf, weil sie sich nicht entmutigen lassen hat, dass ihr Bruder bei der Übergabe des elterlichen Weingutes bevorzugt wurde. Daniela Göschl schlägt mit ihrem Namasté-Wein innerhalb des Familiengutes neue Wege ein, weil sie neugierig ist und Neues ausprobieren möchte.

Wie wurde das durchgeführt und welche Art von Feedback haben Sie erhalten?
Ich sehe meine Weinhandlung auch als Eventraum, in dem Weinliebhaber*innen die Möglichkeit haben, direkt mit den Winzerinnen in Kontakt zu treten. Während der Pandemie war das nicht möglich, daher ich die Verkostungen online durchgeführt. Die Rückmeldungen waren sehr positiv. Positiv gewertet wurde auch der Umstand, dass man nirgends hinreisen musste. Trotzdem bleiben live-Verkostungen nach wie vor im Vordergrund.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Wein und Kunst?
Diese Frage lasse ich von zwei Winzerinnen beantworten. Davor würde ich sie noch gerne vorstellen. Zuerst Andrea Schenter, über die man im Internet nicht viel erfährt. Ich habe sie ausgewählt, weil sie m w ihr Weingut selbstständig aufbaut hat, und nicht einfach den elterlichen Betrieb übernehmen konnte. Dann noch Daniela Göschl, die Theater-, Film-, und Medienwissenschaft studiert hat und daher auch einen Bezug zur Kunstszene hat. Ausserdem ist sie Yogalehrerin und hat einen Orange-Wein mit dem Namen Namasté kreiert. Sie wird im Herbst das Weingut ihrer Eltern übernehmen.

Daniela: Beim Wein kann man sich als Winzer*in viel austoben und ausprobieren. Das beginnt schon bei der Arbeit im Weingarten (bspw. Begrünung, Ausdünnen, Laubarbeit) bis hin zur Arbeit im Keller (versch. Ausbaumöglichkeiten, uvm). Man kann hier eine eigene Handschrift entwickeln und der Kreativität freien Lauf lassen. Daher steht Wein auf jeden Fall mit Kunst in Verbindung.
Andrea: Wein und Kunst stehen in engem Zusammenhang. Jeder Wein ist ein Kunstwerk de Winzer, bei dem man versucht, eine eigene persönliche Note oder wie oft erwähnt „Die Handschrift des Winzers“ zu verleihen – sowohl bei der Vinifizierung als auch bei der Gestaltung der Aufmachung und Marke.

Wie würdet ihr eure Weine beschreiben, wenn sie Menschen wären? Welche Eigenschaften haben sie?
Daniela:
mutig, kräftig/stark, individuell, kreativ, neugierig, offen, gesellig, herzlich, entspannt, fantasievoll.
Andrea: Meine Weine würde ich beschreiben: Anfangs etwas verhalten und zurückgezogen, nach kurzer Zeit geben sie aber ihr volles Potenzial preis – wie auch viele Menschen erst nach einer Weile „auftauen“ und zugänglicher werden (lächelt).

Wurdet ihr auf dem Weg zur Winzerin von jemandem speziell gefördert, ermutigt, unterstützt oder habt ihr Hindernisse erfahren? Wenn ja von wem/was?
Daniela: Ich bin ja erst seit kurzem richtig im Winzerbusiness, wurde da aber nie hinein gedrängt, was ich meinen Eltern sehr hoch anrechne. Ich finde es ist nach wir vor noch sehr männerdominiert, aber es kommen mehr und mehr Winzerinnen in den Vordergrund. Oft hört man von Männern: „ach ihr könnt das und jenes nicht, dafür braucht ihr einen Mann“ davon darf man sich aber nicht verunsichern oder abhalten lassen, sondern versuchen seinen Weg zu finden u zu gehen. Andrea: Meine Geschichte mit den Hindernissen kennst du ja schon (Sie konnte den elterlichen Hof nicht übernehmen, weil es für die Familie klar war, dass der Bruder das Weingut übernimmt) , wenn jemand von null beginnt, ohne Übernahme eines Familienbetriebs sind anscheinend alle überfordert oder verstehen nicht, warum man sich sowas „antut“.

Die letzte Frage geht an dich Madlaina. Was sind deine Pläne für die nächste Zeit?
Wöchentlich wird es Verkostungen, musikalische Events oder Lesungen geben. Ich möchte meine Weinhandlung als privaten Treffpunkt bekannter machen. Man kann dort Geburtstage abhalten, After-Work- Gatherings, private Verkostungen oder Junggesellingenabende durchführen. Auch werde ich mit meinem zukünftigen Gastropartner (wildling-foods) kooperieren und einmal im Monat in dessen Partykeller eine größere Verkostung veranstalten. Ganz generell ist der Plan, noch mehr Gastropartner zu finden und unterschiedliche Veranstaltungen (Kunst, Musik, Frauennetzwerke) mit den Weinen meiner Weinhandlung zu beliefern.

Adresse und Kontakt:
Madlaina Sladecek-Dosch
Vinodea – Wein von Winzerinnen
Lange Gasse 72/1, 1080 Wien
www.vinodea-weinhandlung.at
www.instagram.com/vinodea_weinhandlung/