Wie sieht dein kreativer Prozess aus?
Meine Arbeiten basieren auf Fotografien unbekannter Menschen zwischen 1900 – 1950, die ich in alten Fotoalben, in Schuhkartons und Wühlkisten finde. Ich starte mit einer Idee, aus der sich eine Thematik herausbildet. Womit möchte ich beschäftigen, mit welchen (Stil-)Mitteln möchte ich experimentieren? Ich suche in meinem Fotoarchiv nach geeigneten Motiven: Menschen aus verschiedenen Jahrzehnten und aus verschiedenen Teilen der Welt landen auf meinem Mood-Board – aus ihnen stelle ich eine Serie zusammen, in der sich die Arbeiten aufeinander beziehen und farblich eine Einheit bilden, während jedes einzelne Werk einen Anderen Aspekt meiner Idee abbildet. Das ist das Grundgerüst, an dem ich mich orientiere. Während des Schaffens ändern sich meine Ideen und es wird kontinuierlich experimentiert – Am Ende ist mein Ausgangspunkt der rote Faden, der alles zusammenhält, aber einen anderen, neuen Weg einschlagen kann.
Was inspiriert dich?
Inspirieren lasse ich mich von Schönheit, Melancholie und Nostalgie.
Was soll deine Arbeiten beim Betrachter bewirken?
Mein figurativer, jedoch abstrahierter Malstil, kombiniert mit einer frischen, pastellfarbenen Palette hat sich aus dem Drang entwickelt, eine nostalgische Ästhetik und Schönheitsempfinden in das Hier uns jetzt zu holen: Zeitgenössisches Vintage, Neo Art Déco sind Begriffe, die mir in den Sinn kommen. Provokation durch Schönheit an der Grenze zum Kitsch, jedoch niemals überschreitend. Ein Balance-Akt, den ich sehr wichtig finde zu entdecken. Ich möchte dem Betrachter entlocken den Mut zu haben etwas Schönes gut zu finden. Gleichzeitig spielt der Aspekt der vergessenen, echten Personen in meinen Arbeiten eine große Rolle. Das Verblassen von Identitäten in Angesicht der Zeit ist ein Gedanke, der auch heute noch relevant ist. Was bleibt von einem selbst übrig, wenn man nicht mehr da ist? Wir existieren nur so lange wie es jemanden gibt, die/der sich an uns erinnert. Meine Arbeiten sollen sich wie ein Spiegel in die eigene Gedankenwelt richten und Andere motivieren sich mit sich selbst zu beschäftigen.
City Whisperers Who Never Tell You Where To Go #02 City Whisperers Who Never Tell You Where To Go #04 City Whisperers Who Never Tell You Where To Go #07 After Silence There Is A Cold Breeze #06
Hast Du besondere Leidenschaften, für die Du brennst?
Ich bin ein leidenschaftlicher Sammler. Ich würde hier eine Auflistung verschiedenster Dinge angeben aber die Wahrheit ist Folgende: Ich sammle >alles<, was zu schön ist es dort zulassen wo ich es gefunden habe. Meine liebste Beschäftigung im Urlaub und auf Ausflügen ist es die Trödelgeschäfte aufzusuchen – Sonntags bin ich immer auf Flohmärkten unterwegs, sofern sie stattfinden.
Aus dieser Leidenschaft heraus entwickelte sich mein künstlerisches Konzept, denn Fotografien habe ich schon gesammelt, bevor ich sie zum Ausgangspunkt meiner Arbeit machte.
Was ist dir im Leben wichtig?
Glücklich zu sein. Was mir wichtig ist ausdrücken zu können durch Kunst, Ästhetik, Lebensstil. Zu lernen und voranzukommen und meine Ziele zu erreichen. Solche Fragen für einen Artikel gestellt zu bekommen und nicht daran zu verzweifeln. Es ist früher Nachmittag und ich sitze auf meinem Bett bei geöffnetem Fenster. Ich trinke einen Kaffee mit Veilchensirup, neben mir eine grantige, jedoch schnurrende Katze und die Sonne scheint. Soweit ist alles prima.
Kannst Du Dir ein Leben ohne Kunst vorstellen?
Nein. Ein Leben ohne Kunst macht sehr wenig bis gar keinen Sinn. Das können viele der Leser dieses Artikels sicherlich nachvollziehen. Ich würde so weit gehen und sagen, dass Menschen, die keinen Wert auf Kunst legen, unzufriedener mit ihrem Leben sind, ohne vielleicht den Grund zu kennen.
An welchen Projekten arbeitest du gerade?
Ich habe mit der Zeit gelernt, dass man nicht auf etwas warten kann, damit es passiert: Man muss die Dinge selbst in die Hand nehmen – Anstoßen, um voran zu kommen. Daher suche ich mir nicht nur Aufgaben und Projekte, an denen ich arbeiten und lernen kann, sondern erschaffe sie auch mal selbst, wenn sonst wenig passieren würde – In Zeiten der Pandemie ist das ein Trumpf, denn ich habe immer etwas zu tun. Ich gehe nach wie vor regelmäßig in mein Atelier, habe Bilderserien vorausgeplant, an denen ich arbeite. Ich übe mich im Arbeiten mit Ton. Darüber hinaus plane ich in naher Zukunft ein wöchentliches Podcast-Format auf Instagram (oder Clubhouse), in dem ich mit Künstlern, Kuratoren, Galeristen etc. über jeweils eine kunstspezifische Frage spreche.
Ich bin Teil eines kleinen Künstlerzirkels in Berlin und wir planen bereits Kollaborationen für nach des Lockdowns, wenn die Welt sich wieder dreht. Trotz all diesen Projekten macht sich eine leichte innere Unruhe bemerkbar, denn diverse Ausstellungen unter Anderem in Berlin, Paris und Mailand sind seit einer Weile auf unbestimmte Zeit verschoben. Paradoxerweise ist es aber auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass sich alles aneinandergereiht in einem wohlklingenden Knall entladen wird. Jetzt ist die Zeit vorauszuplanen, damit nach der Pandemie auch viel passiert.