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Wien Kultur

Anja Nowak. Das Er-Leben

Anja Nowak studierte Soziologie und Bildende Kunst in Magdeburg, Rio de Janeiro und Wien. Sie lebt und arbeitet in Wien. Sie arbeitet vorwiegend in den Bereichen Fotografie, Video, Künstlerinnenbuch und Installation. Die Arbeiten der Künstlerin stellen eine komplexe Auseinandersetzung dar, in der sie sich Fragen nach Sichtbarkeit, Vergleichbarkeit und Identität widmet. Einen wichtigen Bestandteil ihrer Praxis bilden Kollaborationen mit Kunst- und Kulturschaffenden.
Ausstellungsansicht: SOLO XII ANJA NOWAK, Bleistift auf Papier auf Holz (pencil on paper on wood), 9. März – 17. April 2021 FOTOGALERIE WIEN links: Das Kreisen bewohnen, zwei Vögel (inhabit the circling, two birds), 2020, Schriftbild, Acryl rechts: Das Kreisen bewohnen (inhabit the circling), 2020, Schriftbild, Acryl ©Michael Michlmayr für FOTOGALERIE WIEN
Ausstellungsansicht: SOLO XII ANJA NOWAK, Bleistift auf Papier auf Holz (pencil on paper on wood) Foto: Michael Michlmayr für FOTOGALERIE WIEN

Was sind die zentralen Bestandteile in deiner Arbeit?
Am Anfang steht die Entscheidung FÜR »etwas« (ein Begriff, ein Gegenstand), mit dem ich mich beschäftigen möchte. Nachdem ich die Entscheidung getroffenen habe, beginne ich damit, dieses »etwas« meinem [ersten] Verständnis nach darzustellen, es in [eine] Form zu bringen. Wenn mir dann die erste Form vorliegt, stelle ich Fragen an das Verständnis und die Darstellung, die ich dem »etwas«zuweise bzw. die ich mit dem »etwas« verbinde. Ich beginne damit Verbindungen zu Begriffen oder Gegenständen herzustellen, die meinem GEWÄHLTEN »etwas« nahestehen und sie in mein Verständnis einzubeziehen. Ich stelle also Beziehung[en] her, indem ich die sich nahestehenden Begriffe/Gegenstände auf ihr gegenseitiges Aufeinanderbezogensein als Gemeinsames ver/be-handle oder auch einfach nur beschreibe. Im Grunde schaffe ich mir in jeder Arbeit Strukturen, die ich rückwirkend versuche soweit zu reduzieren, dass mir das Gewählte am Ende in seiner Einfachheit vorliegt. Diese schlussendliche Einfachheit/Reduziertheit bildet für mich den Abschluss [an] der Arbeit, nicht aber den Schluss eines abschließenden Verständnisses.

Künstlerin Anja Nowak
Künstlerin Anja Nowak

Im Grunde schaffe ich mir in jeder Arbeit Strukturen, die ich rückwirkend versuche soweit zu reduzieren, dass mir das Gewählte am Ende in seiner Einfachheit vorliegt. Diese schlussendliche Einfachheit/Reduziertheit bildet für mich den Abschluss [an] der Arbeit, nicht aber den Schluss eines abschließenden Verständnisses.

Wie viel Soziologie braucht die Kunst?
Die Kunst selbst braucht keine Soziologie. Soziologisch eingebettet bin ich vielmehr als Künstlerin, als Kunst-schaffende.

Was gehört alles zur Kunst?
Das Schaffen[-de].

Womit beschäftigst du dich denn sonst so?
Mich interessieren Lebensweisen und Formen auf das Leben zu reagieren und damit umzugehen. Ich denke Austausch und Beziehungen (im Sinne von Gemeinschaft) sind das Wichtigste überhaupt. Vielleicht sind Beziehungen, das Er-Leben von Beziehungen und die Erfahrungen, die wir daraus ziehen das Einzige, was zählt.

Chiara Bartl-Salvi & Paul Ebhart lesen Anja Nowak – Lesung des Schwarzen Buches, 1,, 2019, Sound- Performance, im Fluc Wien ©Nestor Hiebl
Chiara Bartl-Salvi & Paul Ebhart lesen Anja Nowak – Lesung des Schwarzen Buches, 1,, 2019, Sound- Performance, im Fluc Wien, Foto: Nestor Hiebl

SOLO XII. Kannst du uns etwas über die aktuelle Ausstellung erzählen?
Die Ausstellung ist mit „Bleistift auf Papier auf Holz (pencil on paper on wood)“ benannt. Den Ausgangspunkt hat für mich ein anfängliches Kreiseziehen mit einem Bleistift auf Papier auf einer Holzplatte gebildet. Zu Beginn hat mich eine rein visuelle Abweichung und Annäherung interessiert: dass man beim freihändigen Kreiseziehen immer daran scheitert einer perfekten Kreisform näherzukommen und doch so sehr an die Form des Kreises gebunden ist, hat zunächst mein Interesse geweckt. Recht bald bin ich dann auf die Geräusche, also das Hörbare des Kreisenziehens, aufmerksam geworden. Visuell betrachtet stößt das Kreisen schnell an seine Grenzen: was man beim Kreisziehen sieht, ist der wiederholte Versuch einer Annäherung an den Kreis durch stätige Bewegung. Hört man dem Kreisen jedoch zu [ohne es zu sehen], ergeben sich in der Vorstellung »andere« Bilder, die nichts mit dem Kreiseziehen bzw. der Form des Kreises zu tun haben müssen. Das Kreisen kann gehört immer [EIN] »anderes« sein, das frei zirkuliert und beweglich bleibt, und sich sozusagen gedanklich mit einem mit-verändert und mit-bewegt. Mit dem wiederholenden Kreisen haben sich für mich auch Fragen nach einem Ende des Kreiseziehens gestellt, weil sich ja das Kreisen selbst im Gegenzug zum Kreis, durch seine Endlichkeit auszeichnet: welchen Zeitpunkt lege ich fest, an dem das Kreisen enden soll? Weshalb ist da [ein] Ende? Das Material kann ebenfalls über ein Enden meines Kreisens bestimmen (z.B. die Miene des Bleistifts bricht, endet); nehme ich das Kreisen auf dem gleichen Papier wieder auf oder füge ich mich dem Material und ende?

Die Ausstellung ist ein Konglomerat aus Erfahrungen und Einsichten zum/über/durch das Kreisen, das sich in Videos, Fotocollagen, Soundinstallationen und einer Publikation zeigt.

Was hast du dieses Jahr noch geplant?
In Zusammenarbeit mit dem Maler und Bildenden Künstler Arnold Berger bin ich aktuell dabei ein KünstlerInnenbuch namens „Schwarzes Buch, 2“ fertigzustellen. 2018 gab es bereits das „Schwarze Buch, 1“, mit dem ich mit einigen KünstlerInnen und Kulturschaffenden Lesungen veranstaltet habe. Für 2021 haben wir uns vorgenommen das „Schwarze Buch, 2“ vorzustellen.

Anja Nowak – www.anjanowak.com