Im 20. Jahrhundert kam es zu einer Verbreitung und intensiveren Auslotung der Möglichkeiten von Pastosität durch Künstler wie Jackson Pollock und Willem de Kooning, welche durch ihren Dynamismus und ihre gesturalen Applikationsmodi die physischen Qualitäten der Farbe noch weiter betonten, und damit die Physis der Farbe selbst sowie das prozessuale Moment ihrer Applikation zum Gegenstand Ihrer Malerei erhoben.
Schnelligkeit, Intensität und Dynamik der Werkzeugführung des Künstlers im Prozess der Farbapplikation lassen sich direkt an der physischen Beschaffenheit des Farbauftrags ablesen. Dabei werden die natürlichen medialen Grenzen der Leinwand als zweidimensionaler Repräsentationsfläche transzendiert: Die Leinwand fungiert nicht mehr nur als reiner Bildträger, welcher imstande ist – im Sinne Albertis „fenestra aperta“ – Realität illusionistisch abzubilden, sondern gewinnt eine Drei-Dimensionalität, welche starke skulpturale Eigenschaften vorweisen kann. Die plastischen, relief-artigen Farbstrukturen verlassen die flache Leinwand und ragen in den räumlichen Kontext ihrer jeweiligen Installationsstätte hinein, treten mit diesem in intensive Interaktion, insbesondere im Hinblick auf die jeweiligen architektonisch, klimatisch- bedingten Lichtverhältnisse. Sich an der Oberflächenstruktur der Malerei abzeichnende Veränderungen bezüglich Lichtreflektion und -absorption sowie Schattenbildungen werden plötzlich eigenständiger und elementarer Bestandteil des Kunstwerkes. Die digitale Ausstellung contemporary impasto vereint herausragende internationale Positionen der Gegenwartskunst, welche das Impasto auf ihre je eigene Weise erforschen.
Mit dieser Zusammenstellung, möchte sich die Ausstellung dem Wesen der pastosen Malerei im 21. Jahrhundert annähern. Die pastose Malerei in seinen gegenwärtigen Erscheinungsformen offenbart sich als eine Kunstrichtung, die in der heutigen Kunstlandschaft nicht zeitgemäßer und relevanter sein könnte. In ihrer reduzierten, offenen Ästhetik, die ihre eigene Materialität in den Vordergrund rückt, ist sie eine willkommene Antithese zu der permanenten multimedialen visuellen Reizüberflutung, die uns umgibt, und ermöglicht eine Transformation unseres Betrachtungsmodus von einem flüchtigen glance hin zu einem kontemplativen gaze im Sinne Norman Brysons.
Die Leinwand wird zu einem Ort der Observation, Reflexion und Kontemplation. In der Zusammenführung der ausgewählten künstlerischen Positionen, werden die feinen Unterschiede zwischen ihnen eindrucksvoll sichtbar.
Gleichzeitig erlaubt ebenjene kontrastierende Konfiguration, das jeweilige individuelle Wesen der verschiednen Stile in seiner Wirkung zu verstärken und noch deutlicher hervortreten zu lassen. Ziel der Ausstellung ist also zweierlei: Eine Zusammenführung der herausragendsten zeitgenössischen Positionen der pastosen Malerei bei gleichzeitiger Exploration des Umfangs und der Vielfalt innerhalb dieser künstlerischen Strömung. Vom Abstrakten bis hin zum Semifigurativen, vom minimalistischen bis hin zum überladenen Farbeinsatz, glatten und flüssigen bis hin zu körnigen abgehakten Duktus – das Pastose im 21. Jahrhundert kann viele Formen annehmen und contemporary impasto versteht sich als eine Zelebration all dieser.
Künstler*innen: Harmen van der Tuin, Mark Tennant, Rémy Hysbergue, Salman Khoshroo, Sébastien Mehal.
Ausstellung. Contemporary Impasto – Virtual Gallery
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Maison Zeitgeist, Yeliz Kaiser
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