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Wien Kunst

Ihre Stilelemente. Julia Belova

Julia Belova (geb.1991) stammt ursprünglich aus Tver, Russland. Mit 17 Jahren zog sie nach St. Petersburg, wo sie von 2009 bis 2015 Keramik und Bildende Kunst an der Akademie für Kunst und Design studierte. Seit 2016 studiert sie an der Akademie der bildenden Künste Wien (Prof Erwin Bohatsch, Prof Julian Göthe). 2019 absolvierte sie ein Austauschsemester am Royal Institut of Art in Stockholm. Derzeit lebt und arbeitet Julia in Wien.
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Foto: Olesya Kleymenova

Du bist in Tver aufgewachsen. Erzähle uns etwas aus deiner Kindheit. 
Als Kind habe ich sehr viel Zeit am Land verbracht und liebte es, Ton zu formen, den ich in dem See in der Nähe des Hauses fand. Ich wusste nichts über Keramik, ich wollte nur Tiere formen und Ton war ein ideales Material dafür. Und natürlich hatte ich überhaupt keine Ahnung, dass man Ton brennen kann um die Skulpturen haltbar zu machen. Die einzige Idee, die mir in den Sinn kam, war, die fertigen Tiere in den Gefrierschrank zu stellen. So war der Gefrierschrank meiner Großmutter bis Ende des Sommers mit Pferden, Katzen und Pinguinen aus Ton gefüllt. Nun, jetzt modelliere und brenne ich meine Sachen bei 1230 Grad, jetzt weiß ich, wie man sie haltbar macht.

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Foto: Katya & Anya Shulga

Welche Themen behandelst du in deiner Kunst? 
Ich arbeite mit der Körperlichkeit und Sexualität in barocken Stilelementen. Der Barock fasziniert mich sehr schon seit langer Zeit mit seiner paradoxen Kombination aus Hedonismus, Luxus, Erotik und Religiosität. Ich benutze diese Mischung und übersetze sie in eine zeitgenössische Sprache. 

Wie entstehen deine Arbeiten? 
Eigentlich arbeite ich ohne Skizzen. Ich mache mentale Sammlungen von visuellen und emotionalen Eindrücken und auf dieser Grundlage reift die Idee in meinem Kopf. Dann nehme ich einfach Porzellan und beginne mit der Bildhauerei. Oft weiche ich im Laufe der Arbeit von meinem Plan ab und es entsteht etwas völlig Unerwartetes für mich. Ich mag es wirklich, die Kontrolle über das Material zu verlieren, obwohl die fertigen Skulpturen sehr durchdacht wirken. Da ich viel mit Sinnlichkeit arbeite, ist der Arbeitsprozess selbst auch sehr intim. Ich vertiefe mich vollständig in die Arbeit an einer neuen Skulptur und verbringe Stunden im Studio und kann nichts anderes tun, bis ich sie beendet habe. Dies kann Wochen dauern, da die Arbeit sehr mühsam ist. So ahme ich das Prinzip der alten Meister nach und mache keine schnelle Kunst, ich erlebe den Schöpfungsprozess als Film, als Meditation. 

Eigentlich arbeite ich ohne Skizzen. Ich mache mentale Sammlungen von visuellen und emotionalen Eindrücken und auf dieser Grundlage reift die Idee in meinem Kopf.

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Foto: Luisa Hübner

Wie wichtig ist die Sexualität in deinen Arbeiten? 
In meinen Werken spielt Sexualität eine große Rolle. In erster Linie ist das auch Analyse und Verarbeitung meiner persönlichen Erfahrungen. Ich habe eine Weile gebraucht, um zu lernen, wie ich meine Sexualität durch Kunst ausdrücken kann. Für mich war das sehr wichtig, weil ich in einer postsowjetischen Kultur aufgewachsen bin, in der dieses Thema im Allgemeinen tabu war, wie es teilweise auch heute noch in Russland ist. 

Wie reagieren Leute auf dein Arbeiten?
Einmal wurde mir gesagt, dass meine Arbeiten zu „geleckt“ sind, worauf ich antwortete, dass ich im Prinzip gerne lecke. Und oft höre ich auch, dass meine Werke „schön“ sind, auch damit habe ich mich abgefunden und versuche es als Kompliment zu nehmen.

Was bedeutet Intimität für dich? 
Intimität ist ein tiefes Eintauchen in sich selbst oder in einem anderen Mensch, das auf Vertrauen und Aufrichtigkeit beruht. Intimität ist notwendig, um die Essenz zu sehen. 

Woran arbeitest du gerade? 
In letzter Zeit habe ich versucht, größere Objekte zu schaffen , um sie ausdrucksvoller und architektonischer zu machen. Technologisch ist dies eine Herausforderung, da ich hauptsächlich Porzellan verwende, das eher ein delikates Material ist und natürlich auch die Größe der Öfen begrenzt. Ich arbeite derzeit an einer Reihe von großen Ringen und Halbringen, die in einen grossen Raum platziert werden könnten. Als nächstes sind diese Objekte im September im Skulpturenpark Schloss25 zu sehen.

Julia Belova – www.jbelova.com